VII, Verschiedenes 13, 1932–1933, Seite 45

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Unbekannte Briefe aus einem Jubiläumswerk zum 85. Geburts¬
tag des Hofrates Dr. Karl Glossy.
Hofrat Dr. Karl Glossy feiert heute seinen fünfund¬ Buch einsenden lassen, welches unter anderem drei Lustspiele
achtzigsten Geburtstag. Ein seltenes Jubiläum für einen enthält, die sich vielleicht zur Aufführung eignen. Erlauben Sie
Gelehrten, der Sturm und Drang des alten und neuen Oester= mir, sehr geehrter Herr Direktor, Sie jetzt auf dieselben auf¬
reich mitgemacht hat. Aus diesem Anlaß gibt der Steyrermühl merksam zu machen, zu einer Zeit, wo sowohl die Stimmung
Verlag eine Auswahl einiger bisher nur in Zeitschriften oder des Publikums als auch die Gestaltung des Repertoires Einaktern
Zeitungen veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten Dr. Karl günstiger geworden scheint. Die drei sehr kurzen Stücke sind:
Glossys heraus, die sozusagen einen Querschnitt durch das ganz „Frage an das Schicksal", „Episode" und „Abschiedssouper", von
außerordentliche und erstaunlich reichhaltige Gesamtbild seiner welchen vielleicht das dritte in Anbetracht des etwas frivolen
Lebensarbeit bietet. Neben größeren historischen Abhandlungen, Tones auf der Hofbühne nicht möglich erscheinen sollte,
dürften sich die zwei ersten um so eher für eine solche eignen.
die unter anderem die Geschichte des vormärzlichen Wiens,
Ich will über die kleinen Stückchen weiter nichts sagen, möchte
Entwicklung des Wiener Schulwesens, die Ereignisse
Jahres 1848, die Gründungszeit des Burgtheaters, die Tätigkeit Sie, verehrter Herr Direktor, nur bitten, sie gütigst einmal
Ihrer Aufmerksamkeit zu würdigen...
Laubes in Wien, die Bühnenschicksale unserer größten Dichter
... Die drei Stücke, welche ich für ausführbar halte, habe
Grillparzer, Raimund, Nestroy usw. betreffen, werden auf
moderne kulturhistorische Probleme Oesterreichs behandelt. Wir ich bezeichnet. Das letzte, „Abschiedssouper, mag allerdings für
entnehmen diesem Jubiläumswerk für den Nestor der Wiener eine Hofbühne nicht geeignet sein; die beiden anderen werden
Sie möglicherweise eines Versuches wert finden. Besonders ge¬
Kulturschriftsteller, das den Titel „Wiener Studien
Dokumente" trägt, nachstehend im Auszug ein die neuere Zeit eignet erschienen sie mir anläßlich einer Matine im Repertoire
zu erscheinen. Für den Fall aber, daß Sie die anspruchslosen
betreffendes, sehr interessantes Kapitel aus der bisher un
bekannten Wiener Theatergeschichte: Schnitzlers Einzug ins Szenen nicht für ausführbar halten, will ich wenigstens hoffen,
Burgtheater: Schnitzler Beziehungen zu dieser Bühne reichen daß Sie die Lektüre derselben nicht allzusehr langweilt. Mit
in das Jahr 1891 zurück. Damals übermittelte der Dichter dem ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebener Dr. Artur
wagemutigen, der Moderne wohlgesinnten Direktor Dr. Max Schnitzler.
Burckhard an Schnitzler.
Burckhard sein Erstlingswerk „Alkandis Lied, ein Drama in
3. Juli 1894.
fünffüßigen Jamben, das zur Aufführung nicht zugelassen wurde
wie später auch „Das Märchen“. Ein dritter Versuch, im Burg
„Sehr geehrter Herr Doktor! Mit herzlichem Dank sende
theater zu Worte zu kommen, scheiterte ebenfalls. Es waren dre¬
ich Ihnen „Anatol" zurück. Alles ist interessant, vieles ganz aus¬
Stücke aus dem Anatol-Zyklus, worüber Budinski berichtete
gezeichnet — aber das, was uns gefällt, mißfällt manchen, deren
„sie seien recht witzig und angenehm zu lesen, aber lassen keinen
Stimme man hören muß, respektive, deren Stimme hören zu
dramatischen Erfolg erwarten“. Nach all diesen Hindernissen
müssen, das beste ist. Die Zensur und ein Teil des Publikums
kam endlich am 9. Oktober 1895 Schnitzlers reifste Dichtung
„Liebelei“ zur ersten Darstellung. Das Stück wurde zugleich mit wären über das „Milieu, in dem alles spielt, entrüstet, denn
das Publikum liebt es nicht, sich selbst gespielt zu sehen. Herzlichst
Giacosas psychologischer Studie „Rechte der Seele" aufgeführt
worin Stella Hohenfels eine Musterleistung bot. Mit der Dr. Burckhard."
„Liebelei." — Schnitzler an Burckhar
„Liebelei“ ist Schnitzler sofort in die Reihe der berühmter
21. November 1894.
Autoren des Burgtheaters getreten, dessen Spielplan er seither
„Sehr geehrter Herr Direktor, sollte sich mein Stück jetzt
mehrfach bereicherte.
in Ihren Händen befinden, so würde ich bitten, es mir recht
Aus der Zeit seiner ersten Beziehung zum Burgtheater
bald für einige Zeit — hoffentlich nicht für immer — senden
nachstehender Briefwechsel zwischen dem Dichter und dem
zu wollen. Ich möchte es sehr gern jemanden zeigen und kann
Direktor des Burgtheaters erhalten geblieben:
die neue Abschrift, die ich mir wieder nach meinem sehr schlecht
Schnitzler an Burckhard.
leserlichen Manuskript anfertigen lasse, erst im Laufe der nächsten
Mai 1891.
Woche erhalten. Sollte sich Frau Hohenfels interessieren,
günstigem Sinne entscheiden — um so besser. Wenn nicht,
„Sehr geehrter Herr Direktor! Erlauben Sie mir, Ihnen
werde ich mir jedenfalls erlauben, auf Ihren liebenswürdigen
beifolgend ein einaktiges dramatisches Gedicht, „Alkandi¬
Vorschlag in betreff Frau Sorma zurückzukommen. Ich kann diese
Lied", vorzulegen. Vielleicht halten Sie es einer Aufführung
Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen wieder, mein
für würdig; möglicherweise gibt Ihnen, sehr geehrter Herr
sehr verehrter Herr Direktor, für Ihre Freundlichkeit und Ihre
Direktor, die Lektüre des Stückes Anlaß zu der einen oder
Bemühungen aufs allerwärmste zu danken. Ihr Entgegenkommen
anderen Bemerkung, auf die ich Gewicht zu legen hätte
läßt mich noch immer an einen schließlichen Erfolg glauben. Ihr
Jedenfalls, verehrter Herr, würden Sie mich unendlich ver
Sie aufrichtig hochschätzender Artur Schnitzler.
pflichten, wenn Sie dem Stücke, welches in Breslau zur Auf¬
führung kommen dürfte, gelegentlich eine Viertelstunde Ihrer
kostbaren Zeit widmeten und mir gütigst mitteilen wollten,
Vorfeier zum 85. Geburtstag.
ob und wann ich mir bei Ihnen Bescheid holen dürfte. Hoch¬
achtungsvoll Dr. Artur Schnitzler.“
Gestern, als dem Vortag von Hofrat Karl Glossys
85. Geburtstag, erschienen in der Wohnung des greisen Gelehrten
Burckhard an Schnitzler.
als Vertreter des Vereins der Freunde der Nationalbibliothek, der
14. Juli 1891.
Zweigvereine der Deutschen Schiller=Stiftung und des Wiener
„Sehr geehrter Herr Doktor! Mit großem Interesse habe
Goethe=Vereins, deren Vorständen Glossy angehörte, Sektionschef
dramatisches Gedich
ich Ihr liebenswürdig=phantastisches,
„Alkandis Lied gelesen. Leider gestatten mir die Repertoire- W. Weckbecker, Generaldirektor der Nationalbibliothek G. Bick,
Professor R. Arnold, Direktor der Theatersammlung der National¬
verhältnisse nicht, auf die Aufführung von Einaktern sovie
bibliothek J. Gregor, die Herren Heinrich Lieben und Robert
Mühe zu verwenden, als dies bei Kostümstücken, und speziell
Mohr, um dem Jubilar künstlerisch ausgeführte Adressen der
Mit verbindlichsten
bei vorliegendem, der Fall sein müßte
betreffenden Körperschaften zu überreichen. Als Wortführer sprach
Dank hochachtungsvoll Dr. Burckhard.
Sektionschef Weckbecker den Dank der erwähnten Vereine für
Glossys sachkundige und ausdauernde Mitarbeit aus und hob
„Anatol": Schnitzler an Burckhard.
bewundernd die an Goethes Vitalität mahnende, im höchsten
14. Januar 1894.
Alter bewährte Arbeitslust und Arbeitskraft des Geburtstagskindes
„Sehr verehrter Herr Direktor! Vor etwa drei Viertel
jahren habe ich Ihnen durch den Verlag Entsch in Berlin ein hervor. Der Gefeierte antwortete mit rührender Herzlichkeit.