Arthur Schnitzlers Sammlung mit Zeitungsausschnitten

Auf den Umschlägen der »Fackel«-Hefte von Karl Kraus finden sich vom ersten Heft im April 1898 Werbungen für »Alexander Weigl’s Unternehmen für Zeitungsausschnitte:

»OBSERVER liest alle hervorragenden Journale der Welt (Tagesblätter, Wochen- und Fachschriften), welche in deutscher, französischer, englischer und ungarischer Sprache erscheinen, und versendet an seine Abonnenten Zeitungsausschnitte über beliebige Themen. Man verlange Prospecte.«

Einer der frühen Kunden des jungen Unternehmens war Arthur Schnitzler (1862–1931), der sich spätestens seit der Jahrhundertwende regelmäßig Dokumentationen zusenden ließ, wie und wo er in der Presse vorkam. Erhaltene Korrespondenzstücke geben Aufschluss darüber, dass dieses Abonnement teuer war und er mehrmals urgieren musste, auf die Zusendung zu verzichten, wenn es sich um bloße Erwähnung handelte. Diese systematische Sammlung wurde auf verschiedene Weisen erweitert: um eigene Ausschnitte, um zugesandte Belegsexemplare sowie um Briefen beigelegte Rezensionen. Darunter finden sich auch Erstdrucke und gelegentlich mit handschriftlichen Kommentaren versehene Texte. Während der OBSERVER seine Ausschnitte stempelte, nahm es Schnitzler damit nicht immer so genau, die Quelle nachvollziehbar zu machen. Teilweise krakelte er in seiner notorisch schwer leserlichen Handschrift ein Kürzel hinzu, gelegentlich auch ein Datum. Nur zu oft unterblieb das aber auch.

Diese Sammlung wurde von der geschiedenen Frau Schnitzlers an Professor Henry B. Garland geschenkt, der von 1947 bis 1972 an der University of Exeter einen Lehrstuhl innehatte. Aus dessen Erbe gelangten die Ausschnitte 1982 an die Exeter University Library. Das Alter des ohnedies häufig minderwertigen Zeitungspapiers machte eine Sicherungsleistung notwendig. Die Sammlung wurde auf Mikrofiches kopiert. Eine Ausgabe davon wird an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verwahrt. Von dieser wurden Digitalisate erstellt. Sie werden als Kooperation zwischen dem ACDH-CH – Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage, dem ACE - Austrian Corpora and Editions und der Exeter University Library hier zum ersten Mal vollumfänglich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. 26.000 Seiten mit Quellentexten zu Arthur Schnitzler bieten neue Zugänge zu seinem Werk.

Microfiche
Mikrofiches zu den Zeitungsausschnitten, CC BY Britta Breuers

Die originale Sammlung findet sich weiterhin in der University of Exeter Library (Special Collections), wo sie als »MS 214« im Katalog gesucht werden kann. An dieser Stelle findet sich auch eine etwas genauere Aufschlüsselung des Inhalts der 60 Schachteln, die die Sammlung umfasst. Auf die Aufnahme der dort zu findenden Informationen wurde aber verzichtet, weil sie nur zum geringen Teil das Material selbst entschlüsselt. Stattdessen setzen wir auf die Volltexterkennung, die mit Hilfe des Projekts Transkribus vorgenommen wurde. Diese wurde nicht nachkorrigiert. Wir hoffen, in einem weiteren Schritt die Möglichkeit zu geben, Einträge bibliografisch nachweisen zu können und den Text durch Crowd-Sourcing verbessern zu lassen. Der Source-Code dieser Seite steht als GitHub-Repositorium zur Verfügung.

Wien, im Herbst 2019
Peter Andorfer, Ingo Börner und Martin Anton Müller