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im Morvengrauen
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34. Spiel m Hongengrauen
um groge Biodke,j der Leffentlichkeil noch nicht erschienen war, diese Gelegenheitversammlung der Budapester Advokatenkammer
in seinen Rachen! benützen werde, ue sich über die Bedeutung seiner Ver= gehalten worden sind. Was da gesprochen worden ist, führte er
— er streicht eine für seine Verhältnisse ganz enorme den muß, ein Stil von solcher Knappheit, Klarheit, Rein¬
an, wo er sein
heit und Einfachheit ist im modernen Schrifttum selten
Summe ein. Also rasch nach Hause, um den Schatz in
umcafé vorüber¬
zu finden. Jedes Wort am rechten Platz, jede Figur scharf
Sicherheit zu bringen. Nicht nur dem armen und leicht¬
ner und unwill¬
sinnigen Kassier, sondern auch ihm, dem lustigen und umrissen, jede Steigerung logisch vorbereitet und durch¬
und bestellt das
geführt. Die so oft gehörte Phrase: L’art pour T’art, was
keineswegs leichtfertigen Leutnant, war Fortuna hold.
sich noch gönnt.
wohl in letzter Linie bedeuten soll, daß die Kunst für die
Doch — Spiel des Zufalls! — als er den Bahnhof er¬
s Bäckermeisters.
Künstler allein vorhanden sei, ist ebenso falsch, wie wenn
reicht, um nach Wien zu fahren, dampft eben der Zug
strophe bereits
man sagen wollte, die Religion wäre bloß für die Priester,
aus der Halle. Was tun? Der Spielteufel lockt ihn ins
ht einen Schlag¬
und um profane Gleichnisse zu wählen, die Speisen nur für
er Verzweiflung
Kaffeehaus zurück und hier verliert er alles. Er macht
die Köche und der Bubikopf ausschließlich für die Friseure
Spielschulden — und das sind bekanntlich „Ehren¬
Hölle in den
da. Kunst muß auf alle Menschen, ob hoch oder gering,
schulden“ — und als er beim Morgengrauen im Wagen
dem peinlichen
arm oder reich, weise oder naiv, wirken, und sie wirkt sich
„Uniform muß
des gerissenen Bankhalters heimlehrt, ahnt er, daß der
auch aus was wohl jeder erkennen wird, der an Gretchen
kann noch eine
Zufall sich zu einem Fatum verdichtete, das seinen Unter¬
oder Othello, an Vater Goriot oder die Brüder Kara¬
Zufalls, und
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gang herbeiführt. Er versucht alles, um sich das Geld zur
masow denkt, um nicht auch Beispiele aus der Musik,
einen Tod ist
Tilgung der Spielschuld zu verschaffen, fleht seinen Onkel
Malerei und Bildnerei heranzuziehen. Schnißler kann
an, erniedrigt sich vor dessen Frau, einem Blumenmädel
allerdings auch anderes. Er hat manche Erzählung und
hat unter dem
a. D. (diese Frau beschämt ihn tief in einer Liebesnacht,
manches Drama für die spitzfindigen Köpfe Wiens ge¬
fall des Spiels
die sie ihm vor seinem Tod gewährt) und schließlich greift
schrieben, was aber seinem Schaffen — unserer Ansicht
glücklicher Zufall
er zum Revolver. Ein scharfer Schuß schließt seine Rech¬
nach — großen, fast könnte man das Wort gebrauchen,
lten Soldaten¬
nung ob. Als der unglückliche Leutnant tot im Kasernen¬
unvergänglichen Wert verleiht, ist das Allgemeinverständ¬
Feldmarschall¬
zimmer liegt, stürzt der Onkel herein und bringt das
liche der meisten seiner Werke, sind die aus dem Volke
beliebter hoher
Geld, denn seine Frau hat es ihm gegeben. Zu spät, viel
und aus der Zeit auf die Bühne und in das Buch ge¬
ant in der Art,
zu spät! Vielleicht war es die in manchen Frauen
brachten lebenswahren Gestalten mit all ihren mensch¬
e ehedem lebten.
glimmende Freude an der Grausamkeit, vielleicht der in
lichen, allzumenschlichen Gebrechen. Man mag dem
scheint bei ihm
den Proletariern schwelende Grimm gegen jede soziale
Dichter vorwerfen, daß er das Spiel des Zufalls und in
ielschulden den
Oberschicht, was hier ein zur Geschäftsfrau avanciertes
seiner neuesten herrlichen Novelle auch den Zufall des
als Kassier einer
„süßes Mädel“ veranlaßte, mit der heißersehnten Hilfe¬
Spiels gar zu sehr walten lasse. Doch man sollte nicht
hat. Er braucht
leistung zu zögern. Genug daran, Wilhelm Kasda muß
vergessen, daß Goethe schon bemerkte, in der Erzählung
t sich unerlaubte
als Opfer fallen. Sein Spiel auf Leben und Tod schließt
dürfe „der Zufall mithandeln“ und daß der Zufall, ob¬
eten eine Kasse¬
gleich er keine Planmäßigkeit, keine innere Notwendigkeit
mit dem Tod.
teht, will er von
aufzuweisen scheint, nicht weit entfernt ist von der Schick¬
Die Geschichte Gustls und neben ihr die Wilhelms
orgen. Doch ein
salstragödie der Alten, von der Prädestination der
sind Ausschnitte aus dem Leben. Was hier der Dichter
Geld. Wilhelm,
Kirchenlehrer und von der neueren Philosophie, die im
ersann, möglicherweise auf Grund von Begebenheiten er¬
n. Er verspricht,
Menschen ebenso den Sklaven wie den Herrn
zählt, muß jeden Leser erschüttern. Den Kenner der
ngen gedenkt, an
des Fatums erblicken will. Den Wirrungen der
Literatur verblüfft freilich auch die technische Meister¬
er kein Spieler
Leidenschaften, den Stürmen der Gefühle, der
schaft. Die Kapitel der neuen Novelle — sie steht als
naligen Kamera¬
Lust und den Lüsten und den Ehrbegriffen und
Dichtung höher als der dann und wann ironisch=satirische
Im Badener
n Spieltisch. Er] „Leutnant Gustl“ — sind mit vollendeter Kunst aufge= damit auch manchen Vorurteilen der Menschheit
tfall des Spiels! baut, und was heutzutage besonders hervorgehoben wer¬ leuchtet Schnitzler ins Antlitz, und wir bemerken Züge,