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ration derer über fünfzig stammen. Aber es
scheint, daß dieses zwischen Naturalismus und
„Traut ovelle.“ Von Artbur Schnitzler.
Neuromantik reif gewerdene Geschlecit doch bei
Berl. S. Fischer. 136 Seiten. Geb.5.50.
aller Grundverschiedenheit in Ton und Haltung
Nach der künstlich aus der Symbol-Retorte
Idennoch die gleiche Luft atmet und wieder aus¬
destillierten Romantik Heinrich Manns wirkt die
strömt: eine seltsam gemischte Atmosphäre, in
phantastische „Traumnovelle“ Schnitzlers wie
der die meisten Details in naturalistische
die reellste Berichterstattung. Nicht mit Sehn¬
Nähe gelangen, während der Sinn und die
sucht nach dem Unbekannten wie Gide, nicht mit
Stimmung das Ganze der Geschehnisse doch in
Gespensterei wie Mann erzeugt sich Schnitzler
die Ferne rücken. Es sind romantische Kon¬
das romantische Fluidum; sondern als Medi¬
flikte, welche die Schicksale der Menschen zwi¬
zinel und Psycheanalytiker benützt er zur Ver¬
schen die Pole von Wunsch und Erfüllung, zwi¬
hannung der Realität den Traum. Das ist die
schen Symbol und Wirklichkeit, zwischen Traun. güchternste Methode zum Taumel ins Roman¬
und Tat, zwischen Ueberschwang der Poesie und
tische.
Gleichmaß der Prosa stellen.
Ein Wiener Arzt unterhält sich nach einer
Ballnacht mit seiner Frau über die im Leben
„Isabelle.“
Von André Gide. Uebersetz:
versäumten Liebesmöglichkeiten. Geständnisse
von Fritz Donath. 19 Textillustrationen von
und Wünsche erwecken die Ressentimerte der
Raffaello Busoni. Berlin, J. M. Spaeth. 165
Eifersucht und des Geschlechtsneides bis zum
Seiten. Geb. = 6.
Haß. Aber die Feindschaft bricht nicht offen
aus: sondern ihre Regungen schleichen sich in
Dieser Franzose ist nicht wie die meisten
den Schlaf der beiden Seelen und alle unerfüllte
seiner Landsleute vorn Geiste Voliaires; er zeich¬
erotische Sehnsucht lebt sich in den Traum
net nicht scharf, sondern duftig; und er setzt
hinein. Die Dame, das Dirnchen, die Braut des
seine Beobachtungen nicht auf dem direkten
andern tanzen einen wirren Reigen der Maskier¬
Wege in die denkerische Form um. Er gehört zu
ten und der Nackten. Wirklichkeit der Erleb¬
jenen sonderbiren Sentimentalen nach Flauberts
nisse und Ueberschwang der träumenden Phan¬
Art, deren Schnsucht den Duft der Dinge zu
tasie vermischen sich, bis keine Logik mehr
etmen wünscht, auch wenn sie in tiefgründiger
befiehlt als die der psychischen Assoziationen.
Skepsis wissen, daß diese erträumten Dinge gar
Der Meister des „Fräulein Else“ zeigt sich im
keinen Duft besitzen.
Menschenkennerischen — nicht so im künstle¬
So lsbtlder Ich-Erzähler des Gideschen Buches
rischen Wert und Aufbau — auch in diesem
als Gasi eines einsamen Landhauses in einem
Dramolet der Seele.
Kreis in Eintönigkeit erstarrter Menschen; und er
Was ist Wirklichkeil, wenn die be¬
wittert aus Reden und Gehaben dieser Alten, daß
gehrte frenide Maske auf dem Nacktball hinter
ein geheimes Lebens-Agens von außen her noch
der Larve doch die Züge der eigenen Frau trägt?
diese halberstorbene Welt-erregt und immer wie¬
Was ist romantische Traumerfüllung, wenn
der aufweckt. Das ist die verlorene Tochter Isa¬
keines all dieser Liebesabenteuer den sexuellen
belle, die plötzlich nachts auf ein paar Stunden
Abschluß bietet? Der Mediziner Schnitzler wacht
ankommt, ihr verkrüppeltes Kind besucht; die
über dem Romantiker in ihm. Die wildesten
seitsame Gespräche hinter verschlossenen Türen
Abenteuer im Zirkel der Geheimen oder die
mit den Alten führt — und wieder in Nacht und
Schauer an der Leiche auf dem Anatomie-Tisch
Dimnst verschwindet. Gide, der Erzähier, hat nur
erklären sich im Dämmerlicht der Seele als über¬
ih wundervolles Bild gesehen; und kennt nur
reizte Erinnerungen aus dem Alltagsieben. Nicht
einen Brief von ihr, der von romantischer Liebe
wie Pirandello uns zwischen Sein und Schein
und romantischer Flucht handelt. Denn sie liebte
unkontrollierbar hindurchschwindelt, sondern
einen Baron, der unerklärlicherweise in jener
mit verantwortlicher Kunst zeigt Schnitzler die
Nacht der Entscheidung erschossen wurde; und
Ve. bindungen zwischen Bewußt und Unbewußt.
von dem sie den armen Knaben Kasimir erhielt.
Das Romantische ist mit Psychologie verwirkt
Und nun dürstet der Dichter nach der I’rgrün¬
und verwirklicht — vom Dichter real verdichtet
dung des Geheimnisses und vergoldet sich die.
worden.
„Graf Mark und die Prinzessin von
Nassau - Usingen.“ Eine tragische Bio¬
graphie. Von Ricarda Huch, Leipzig,
Deutsche Bücherei. 34 Seiten.
Nach den Romantikern der Sehnsucht, der
Symbolik und des Traumes wirkt die Erzählung
Ricarda Huchs als die konkreteste Gestaltung,
trotzdem sie auf dem ersten halben Dutzend
Seiten an dichterischem Stil die andern über¬
ragt. Man merkt dabei: das Dichterische ist nicht
nur das Verhauchende; und das Romantische
kann auch im Festen wirken.
Hier läuft die Liebe in göttlicher Person
durch den nächtlichen Park, in dessen verbergen¬
den Schatter sich der Leutnant und die Prin¬
zessin ihre unaaslöschliche Liebe gestehen. Das
Schicksal ihrer Trennung ist der Unterschied der
Stände. Aber wenn der romantische Roman
nun Spannungen stellte und Abenteuer häufte,
bevor am Schluß die Liebenden sich zur Ver¬
einigung finden dürfen, so gelingt ihnen hier
die Heirat schon nach kurzer Zeit. Sie werden
überglücklich. Die Dichtegin enttäuscht alle Er¬
wartungen von Gefahr und Tod napoleonischer
Kriege mit ästhetischer List.
Ihr liegt gerade an jener Entzauberung, die
André Gide fürchtete. Sie will die Tragik des
Romantischen ausdeuten. Diese Menschen werden
durch Glück und friedlichen Regellauf des Le¬
bens vor sich selbst entzaubert; als zuerst
gewohnte, dann durchschaute, schließlich einan¬
der beinah überdrüssige Gefährten des Alltags.
Die sich mit heroischer Aufopferung gefunden
haben, wissen igegen das Ende ihres. Lebens, daß
die Vernunftsbeirat nach gleichem Stand, Ver¬
mögen und Gesinnung weit' „richtiger“ sei als
die Ehe aus romamischer Liebe. Was im Ton
zu Anfang poesievoll anschlug, ernüchtert sich
tragisch zur Bspalität der Erfüllung, Diese Er¬
zählung zeigt in historischer Distanziertheit nur
das romantische. Problem der Ließe; aber' sie
selber ist überromantisch. Sie läßi die Zeit nicht