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Uraufführung im Capitol:
Frädlein Eisc
Es ist eine tiefe Freude, wieder einmal
St. Moritz. Und es ist immer die gleiche
einen deutschen Film nennen zu dürfen
Imgebung.
der in jeder Beziehung auf höchstem
Diese Perlenreihe der Szenen über¬
Niveau steht. Mit der neuesten Ver¬
haupt. An gröbere Kost gewöhnte
lilmung der Schnitzlerschen Novelle ist
Zungen werden freilich nicht zu
ein deutsches Kammerspiel entstanden,
schmecken vermögen, wo hier besöndere
das in der Feinheit seiner szenischen
Zutat die rafliniertere Küche verrät.
Gliederung, in der Vollkommenheit
Ganz kleine Proben seien anzuführen
seiner Darstellung und der überaus ge¬
vergönnt: da ist der Vater, Bassermann.
schmackvollen Art seiner technischen
Nervös, gut, stark. Er will au, den
Näherbringung sich weniger an das
Schulden heraus, Seine Wohnung ist
bloße Schaubedürfnis des Durchschnitts¬
Croß. Er geht durch die Wohnurg. Er
begabten, als an gefühlsmäßiges Mit¬
schreitet fremd an den Möbeln vorbei.
gehen des Betrachters wendet,
Wie
Kurssturz. Besuch des Rechtsagwalts.
denn überhaupt dieses Werk Czinners
Die Mündelpapiere. Verluste.,st, der
wurzige Speise für filmische Fein¬
Börse. Die Mündelpapiere? -Staats¬
schmecker ist.
anwalt! Die Möbel stürzen ein. Die
Fräulein Else — das ist die Geschichte
Wände sind schwarz. Wie wuchtig ist
eines fröhlichen Kindes, das im Paradies
ler Schreibtisch. Wie grinst die Likör¬
dieser Erde dahinlebt und nichts von
lasche. Trost? Irgendwas muß er doch
Leben weiß. Das durch die ekelhafte
un. Also trinkt er. Diese meisterliche
Brutalität des Daseins in eine unsa߬
Nuancierung. Auch Jack Trevor hat
bare Wirklichkeit hineingestoßen wird.
überrascht.
Dieser jähe Wechsel von goldenen
St. Moritz. Schnee, Schlitten. Men¬
Tagen, in süßer Albernheit verbracht,
schen. Es ist alles so hell. Tee, Tanz,
in einen grausigen Abgrund namenlosen
Skijöring. Die Berge. Das Glitzern.
Jammers, hat Saiten in Else zerspringen
Träume aus Schnee, im Schnee, Das
assen. Es ist mit einemmal aus einem
sind wahre Bilder. Ganz einfach Bilder.
Mädchen ein leidendes Weib geworden.
(Wer weiß von den Filmleuten schon,
Das an diesem Leiden zerbricht. Ve¬
was Bilder sind.) Else hat so große
ronal wirkt schnell.
Augen. Sie ist so frisch. Da ist Albert
Die Dramatisierung der Schnitzlerschen
Steinrück † als Vaters Freund. (Schon
Novelle hat im Grunde die künstlerisch
dieses Erlebnis, daß ein Toter so un¬
penible Transposition ins filmisch Wirk.
heimlich lebt.) Else bekommt einen
same von vornherein bedingt. Daß sie
Fisch serviert. Sie weiß von Vaters
darüber hinaus mit feinstem Finger¬
Not. Von dem Freund, der helfen soll
spitzengefühl vorgenommen wurde, mag
ind hinter dem irgendwie Gelahr ist.
die Meisterschaft Czinners beweisen.
Der Fisch und der reiche Mann, Diese
Ein Zuwenig wäre für den Film von
Visagen. Zähne fletschen. Sie bettelt
ebensolchem Nachteil gewesen wie ein
dennoch. Er erbebt. Das ist ein Kind.
Zuviel.
Und nun dieser schwarze Abgrund. Auf
Die künstlerische Disziplin ist vor allem
einmal schauert Else am Rand. Be¬
bemerkenswert. Kritische Einstellung
greift sie denn? Sie begreift. Er will
zur eigenen Arbeit und Selbstzucht des
sie ohne Hülle sehen, Sie soll Knospe
Talents haben zuwege gebracht, daß der
sein, damit ein Tier im Innersien er¬
gepflegte Geschmack überall zu seinem
schauert. Sie weiß um ihre Nacktheit
Recht kam. Billige Eflekte sind ver
selbst nicht. Sie versteht nur, daß hier
mieden worden, alles ist in Spannungen
ein Heiligtum geschändet werden soll
les Gefühls gelegt — unter der Ober¬
Wie sie durch die Menschen und Räume
fläche der Begebenheiten erfüllt sich das
geht. Elisabeth Bergner. Dieses auf¬
eigentliche Drama.
Aristophaneische
wühlende Spiel. Diese unerhörte Fein¬
Gewandtheit der — hier bildhaften
leit. Höchste mimische Kunst.
VOr
8
Dialogführung. Eine Dramaturgie, die
allen Leuten sinkt der Mantel. Verona
gar nicht neue Wege geht, aber auf den
ist ein Schlalmittel, Else wird nicht
alten um so besser Bescheid weiß. Die
mehr aufwachen. Sie ist weiß. Noch
szenische Auflösung der einzelnen
einmal das weiße St. Moritz. Dieser
Handlungsphasen ist überaus kultiviert.
Schluß
Heutzutage drängt sich immer ein Ver¬
gleich mit Rußland auf. Weil bessere
und schönere Vorbilder beim Film selbst
So ist mit den Leistungen der Regie
fehlen. Und der kleine Kollege jenes
auch den Darstellern zugleich höchstes
überragenden Lessing steht vor einer
Lob gesagt worden. Denn Regie und
seltsamen Ueberraschung: es sind ver¬
Darstellung ist eins. Wie ja überhaupt
lüffende Parallelen zu Rußland hin fest¬
alle an diesem Film Schaffenden eins
zustellen. Die Welt wird hier von ver¬
dewesen sind. Diese meisterhafte Photo¬
schiedenen Gesichtspunkten aus ge¬
Craphie. Menschen und Schicksal und
sehen. Deshalb ist sie so lebendig.
Landschaft in innigsten Zusammenklang
So überaus lebendig, wiewohl doch,
Cebracht.
Nicht hier Menschen und
hr Herren Filmproduzenten, jegliches
iebenbei Landschaft. Weil doch die
außere Tempo fehlt, keine Sensation die
Menschen
sich irgendwo bewegen
müssen. Die Kulisse des Raums gehört
ganz anders als ihr Vater oder ihr
zu jedem einzelnen Menschen wie die
Vetter. Doch ist es immer das gleiche
grandiosere Kulisse der Natur. Alles
ebt. Karl Freund hat photographie
Das sagt wohl alles.
Als letztes kommt Schmidt-Boell
Musik dazu. Geschickteste Effekte
Pausen. Zarte Illustration, selbst
den Höhepunkten niemals Pa#gengebr
wie von Kapellmeistern oft genug plut
angewendet). Es war ein unvergeßl
schöner Abend, der unendlich viel g
Im Primus-Palast, Pofs
Palast, Steglitz
Die Zirk
Vieder ein Film aus dem Glitzerrei
der Operette. Das heißt also, eine arti
Sammlung toller Begebenheiten,
Abenteuerreiz verbrämt und den zuck
gen Zutaten der Streiche russischer Of
ziere und der himbeerfarbenen Liebe.
Diesmal schreiben das Manuskript Jeai
Zess und Walter Reisch. Sie taten vi
für die Volksseele und vor allem:
1
haben dem Regisseur Gelegenheit geg
ben, fast das vollständige Starensemb
der Aafa aufmarschie en zu lassen.
Es wimmelt ja auch /on Prinzen, Fürt
ichkeiten und Gene älen, wie dies in
inbescheidenem Ausmaß eben nur
Operettenstoffen de Fall und mögli
ist. Neben den hochgeborenen Her
schaften dar r.. antische Zirküsmilie
Facit: m.an muß es den Operettenfilm
assen, sie glitzern und blinken an al
Ender., wie man sie auch wenden mnt
Und die Erfahrungstatsache läht s
nicht ableugnen, daß dem Ein# völke v
allem, der breiten Masse 4 Besuch
solche Filme wohlgefallen — wenn
wie in dise Falle, des ungezwungen
Humors nichrestbehren.
Victor Junson hat den Film inszenie
und auf das beste dafür gesorgt, daß d
Beschauer auf seine Kosten kommt. D
Prinz als großer Lausbub, der Prinz;
Don Juan, der Prinz als Zirkusreiter
Prinz als Verehrer der schönen Pr
zessin, der Prinz als glücklicher Verlo
er — was will man mehr? Er, der
allen Sätteln reitet und jeder Situatig
gewachsen ist, er, der von je der Her#
ichste von allen war, er muß auch
diesem Film wieder zum lächelnden Si
Cer werden, Man ahnt ja insgeheim,
alles kommen muß, abgesehen von me
oder minder gründlicher Kenntnis d#
Operette, die den Stoff abgab, man we
spitzbübisch von vornherein, welche R
gister gezogen werden, damit die seeli
Harmonie von Leid und Liebe orgelbra
send ertöne ... man weiß es, wie g#
agt und lächelt leise. Victor Janst
hatte es alse nicht leicht, Spannungen
Uraufführung im U. T.
alals
Zunächst die Feststellung, daß di
Palais de Danse riesenhaft, dunkel un
werker über einer sich drängenden, tar