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Fraeulein Else
31.
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8 - (nr- tatt S. Nan, (670
erschüttere, bewege, beglücke, bezaubere, daß es uns ehrfürchtig
mache? Ja, das alles wohl, und doch nur dies eine: Dank, Elisabeth
Bergner, immer wieder Dank
Und dann steht uns einen Augenblick das Herz still. Gruß eines
Toten an die Lebenden: Albert Steinrück als Dorsday. Diese
Noblesse, dieses vergeistigte Spiel. Ach, wie viel haben wir mit ihm
verloren! Außerordentlich auch und von unheimlicher Suggestivität
„Fräulein Esse.“
Bassermann als der Vater. Sympathisch einfach: Else Heller,
Capitol.
die Mutter, und eck Trevor, der Vetter Paul. Und wunderbar,
in majestätischer Grandezza: Adele Sandrock als Tante.
Richt ohne Angst sah man der Verfilmung von Schnitzlers un¬
Paul Czinner führt die Regie, behutsam, eindringlich, sein¬
vergleichlicher psychologischer Novelle entgegen. Wie leicht konnte
nervig. Diese dunkle Szene des „Verfalls einer Familie, glitzernd
dies kostbare und so biegsame, zerbrechliche taterial von ungeschickten
kontrastiert von der wohlig sanften Atmosphäre des Hotel= und
Händen verbogen und zerbrochen werden: Wie leicht konnte das
Wintersportlebens. Dieses Finale vor allem: Aufregender Zwischen¬
Seelisch=Hintergründige dieser Schicksalsnovelle zu leerer Kulissen¬
ill im Hotel, Fräulein Else tot — wie ist das alles beobachtet, ge¬
pracht erstarren! Aber unsere Besorgnis war töricht: Einer der
taltet, erlebt! Wie sind hier immer Dinge und Menschen in lebendige
schönsten, zartesten, dichtesten und erschütterndsten Filme ist dies
Beziehung zueinander gebracht!
geworden, die je in Deutschland entstanden sind.
Weniger erfreulich, oft hart, leer und unklar ist die Photographie
Fräulein Else: Elisabelh Bergner. Ein kleines, junges
(Karl Freund). Es liegt, wie man hört, vor allem am Material,
Mädchen ist das erst, das Klavier spielt, wenn die Eltern Gesellschaft
das hier erstmalig zur Verwendung kam. Aber das kann nur sehr
geben, das nachher, wenn die Gäste längst gegangen sind, sich schnell
bedingt als Entschuldigung gelten. Man hätte schon bei den Probe¬
noch ein Butterbroi aus der Küche holt, das mit dem Vater Be¬
aufnahmen erkennen müssen, daß diese Art von panchromatischem
orgungen macht, und das nach St. Moritz reist: Glückliches, zartes,
Material nicht verwendbar sei. Für technische Experimente solcher
chöyes Kind, wie es sich strahlend das alles entdeckt, die Berge und
Art is ein Film wie dieser just am ungeeignetsten.
den Schneczauber und alle Seligkeit des Auf=Reisen=Seins. Aber
Hansjürgen Wille.
dann steht vor diesem Kind mit den blitzenden Augen (und dem selt¬
samen Schimmer von Melancholie darüber) plötzlich das Opfer
hei bende Schicksal. Dann wird aus dem heiteren Lebensgeschöpf der
zeängstigte, gehetzte, in viele Qual verstrickte Mensch, der endlich
einen anderen Ausweg mehr weiß als diesen: zu sterben. Wie Eli¬
abeth Bergner diese schicksalhaft=tragische Verwandlung eines
Renschen spielt, der sich erst mit aller Kraft gegen das Unabänder¬
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liche aufbäumt, und der dann doch plötzlich einsieht, daß er ganz
achtlos ist, wie sie aus dem kleinen, freundlichen, kindhaften
Fräulein Else die große Leidende, die tragisch=dunkle Märtyrerin
werden läßt: ja, was sollen wir wohl dazu sagen? Doß es große
Kunst sei, daß sich ein Genie hier von neuem bestätige, daß es uns
8. IIl. 1929
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Elisabeth Bergner in „Fräulein Else“,
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einem Poctie-Film, der unter der Regie von Paul Czinner nach der
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Novelle von Arthur Schnitzler gedrcht wurde (Capitol)
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