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31. Fraeulein Else

FRuUS SUISSE I.
DE LA PR,
23, rue du Rhöne
Adr. telegr.: Conpures-Genépe.
Bureau International de coupures
Traductions de et en toutes lat.
Correspondants dans toutes les grandes v.
Eatrait du Journal:
BVFR
A drese
RSCH
Date:
Fräulein Else
Dyr Bergner=Film in den Palast=Lichtspielen.
Artur Schnitzler hat einmal eine Novelle geschrieben von
der Tochter eines Wiener Rechtsanwalts, die einen Freund des
Hauses um Geld für ihren Väter bitten muß und seinem Gegen¬
wunsch, sie ohne Hülle zu' sehen, ratlos ausgesetzt ist und sich
darob vergiftet. Schnitzlers Novelle ist, wie öfter bei ihm, ein
einziger langer Monoleg des Mädchens. Ein feines geschmei¬
diges, schmeichelndes Geflecht, das sein Thema allerdings zu
leichthin unterbaut, um die Gestalt, die Situation und den Aus¬
weg Elses his ins Letzte plausibel zu machen.
Paul Czinner hat sich, als er aus dem Vorwurf Schnitz¬
lers einen Film machen wollte, keine leichte Aufgabe gestellt.
Schon dem Novellisten ist es nicht ganz gelungen, Elsee Ent¬
cheidung, ihre Tat nicht überleben zu wollen, unausweichlich
u begründen. Dem Film vollends ist solche spezifische psychische
Charakterisierung naturgemäß kaum möglich. Er hat deshalb
auch nicht hier angesetzt, sondern sich seinen schönen optischen
Möglichkeiten gemäß damit befaßt, vom Aeußeren her ausführ¬
lich zu untermalen. Nicht als wenn er damit außerlich geworden
wäre. Er geht auf seinen Wegen schnurstracks immer auf den
menschlichen Kern der Ereignisse los. Es ist ein vorzüglicher,
ernsthafter und dabei reizender Film.
Freilich mit Bassermann, Steinrück, der Bergner ließ sich
chon etwas anstellen. Bassermann spielt Elses Vater, den
Mann, der über gewagte Börsenspekulationen in die Rolle des
Steinrück gibt den Herrn von
Betrügers hineinrutscht.
Dorsday, den alternden Genießer, der die kleine arme Else
durch seine Forderung in den Tod treibt. Und nun öffnet sich
die Perspektive auf die elegante Lebensführung des Rechts¬
anwaltshauses in Wien, in dem Else, vom Vater verwöhnt,
herangewachsen ist, auf die sportbelebte Winterlandschaft von
St. Moritz, wohin sie für ein paar Wochen darf, auf das bunte
Leben im dortigen Carlton=Hotel, auf die vergeblichen Bitt¬
gänge und den Zusammenbruch des Vaters, auf Elses schweren
Gang und ihr frühes, verwirrtes Ende.
Elisabeth Bergner spielt mit ihrer ganzen jungenhaften
Lebendigkeit im ersten Teil. mit der kleinen vorsichtigen Stille
um sich, die wir an ihr lieben, und die sich dann bald in ein
harnvolles Grübeln und Verstummen wendet Daß sie immer
u kleinen schalkhaften Dingen aufgelegt ist. das verwandelt
sich nun, wo es ihr auf einmal so schlecht geht, in rührende kleine
traurige Scherze. Sie sitzt zu Tisch ohne Appetit, Dorsday sitzt
rüben ein paar Tische weiter, sie ist ganz betrübt und be¬
schäftigt, sie mag Dosday nicht und soll ihm etwas so Schweres
Da wird Fisch gereicht. Der Fisch auf ihrem
Teller sieht sie mit seinem offenen Maul an. es überläuft sie
alitschig und kalt. Wie sie sich da zu den anderen wendet, die
nicht wissen, was mit ihr ist, und mit einem Scherz, bei dem
ihr die Tränen kommen, das wunderliche Fischmaul mit den
Fingern nachmacht, das ist rührend und sehr, sehr fein.
Derart ist der Film voll von Einzelzügen, die von der Vor¬
züglichkeit seines Regisseurs und seiner Dartsteller zeugen. Und
das Ganze ist klar, gradlinig und intensiv gemacht. Man sollte
SA.
ich „Fräulein Else“ ansehen.