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31.
Fraeulein Else
box 5/4
Taunaung Eise
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Aus: Deutsche Fresse, Prag, 13.12.1935
* „ „„„„„„ „
Theater
fiener
Dr. Hugo Wazlarik:
Die Novelie VFräulein Eise“ von Artnur Schnitzler nat bei inren
Erscheinen durch die artistisch überaus virtuns ausgeführte Form
des Selbstgespräches Aufsehen erregt. Das sich in knappen Zeit¬
raun von 24 Stunden absbi-lende seitsane Erlebnis der Titelhel¬
den, über das sie in der Novelle nur einen Monolo, führt, wird
trotzden in ürden Einzelneiten Tebendig. Der Filn nat sich cald
der Handlung bemächtigt und man konnte Elisabeth Bergner als
Fräulein Else bewundern. Nun hat der Direktor des Theaters in
der Josefsstadt ein wirksanes Theaterstück geschaffen, das
unter Spielleitung von Hans Thirig einen grossen Publikunser¬
Tolg erzienen konnte. Fräulein Eise, das für ihren Vater plötz¬
Lich eine hohe Summe beschaffen muss, um inn vor der Verhaftung
zu erretten, bittet im Auftrage ihrer nutter einen alten Freund
der Fanilie, das Darlehen zu gewähren. Aber dieser hilft nur un¬
ter der Bedingung, dass sich das schöne junge lädchen ahm un¬
verhüllt zeige. Und dies tut Fräulein Else, nicht ohne vorher
eine tödriche Dosie Veronal genomnen zu haben. Ein Thena, un¬
delikat, quälerisch in seiner Durchführung bis zun Aeussersten.
Dr. Ernst Lothar hat nichts gemäldert; selbst die Sterbeszene
ist ganz breit ausgeffhrt. und mnan erlebt schaudernd die Lei¬
den des jungen, keuschen Geschöpfes und wird mit dem Geschenen
auch nicht durch eine eingeschobene Szene versönnt, in welcher
Elsee Vater nicht als gewissenloser Defraudant, sondern als
edler denschenfreund geschildert wird. Die Auf fünrung stand
im Zeichen der Sensation der VEntdeckungl eines neuen Schäu¬
spielers. Sein Name war Kaspar Brandnofer und in VFräulein Eise
trat er in der Rolle des egolstischen Geldgebere mit ausseror¬
dentlichen Erfolge auf. Kaspar Brändhofer entpuppte sich, wie
aier bereits berichter, als der ehemalige Darsteller des Berli¬
ner Stadttneaters Leo heuss, datte der Berliner Schauspieler
Agnes Straub. Die Titelrolle spielt Hose Stradner, unwahrschein¬
Tich schön durch die Gesel.Ischaft vandernd, schauspieler, noch
etvas unfertig, aber in Laufe des Stückes von steigender Vir¬
kung, Albert Basseraann gibt in der kurzen Szene, in welcher der
Vater seine Bewegarfinde enchülht und der erlösende Telephonan¬
ruf der Tochter kommt, dass der Freund das Geld beistellt.
Schauspielkunst unwahrscheinlicher Grösse und hinreissender Men¬
chengestalt ung