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30. Casanovas Heinfahrt
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deutlch geung zumge nite Drne¬

fassen, stirbt unversehens bei einem Versehgang, und der
Geheimniskrämer, hmter dem ebenfalls ein Leben voller
Enttäuschungen liegt — vorzeitig hat er, von gelehrten
Studien fort, bei einem armseligen und verachteten Handel
kargen Gewinn suchen müssen — gerät durch einen Zufall
in den Besitz des Tagebuches, das der verstorbene Priester
bis zum letzten Augenblicke ebenso gewissenhaft wie an¬
schaulich geführt hat. Mit einemmal wird so der Geheimnis¬
krämer zum Herrn über die Beichtgeheimnisse der ganzen
Stadt, das heißt zum Herrn über alle die Menschen, die bis¬
her hochmütig auf ihn, den armen Krämer, herabgeblickt
haben, zum Herrn auch über die schöne Isabella, die Tochter
des Makkaronifabrikanten Riccoboni, die er einst liebte und
dessen schuldhaften Lebenswandel der arme Antonio Baghetti
nun selbst voll Eifersucht und Haß aus dem geheimnisvollen
Tagebuch erfahren muß.
Den Aufstieg des Geheimniskrämers, seine Menschen¬
verachtung, seinen Triumph und seinen jähen Absturz, der
nicht ausbleiben kann, erzählt uns Raoul Auernheimer in
seiner amüssanten und ironischen Art, die kleine künstlerisch
erfäßte Züge des Lebens mit liebevoller Hingabe zu einem
Ganzen ordnet. Ein ungewöhnlich glücklicher Einfall bot sich
hier, der je nach der Art und Kraft des Dichters, dem er be¬
gegnete, auf die verschiedenste Weise gestaltet und gelöst
werden konnte. Auf die Verwandtschaft des Geheimnis¬
krämers mit dem Studenten von Alcala, dem der hinkende
Teufel von Le Sage die geheimnisvolle Gabe verlieh, durch
Dächer und Mauern zu blicken, weist der Autor selbst hin.
Der Geheimniskrämer mit seinem Wissen um die Dinge und
seiner Menschenverachtung könnte eine Figur von
E. T. A. Hoffmann sein und dann ganz ins Unheimliche
wachsen, oder von Anatole France und dann überlegen
lächelnd, jenseits von Gut und Böse stehen, oder von Gun de
B#passam und dann ganz scharf in seinen Umnissen, hart!
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0e. —..—
Verhandlungen werden in
und bitter sein. Raoul Auernheimer erfaßt den Einfall von
Sprache geführt. Auf der T
der köstlichen Besonderheit des Geschehens her; ihm sind alle
klärung der Unabhängi
Straßen der kleinen Stadt Fondo freundlich bevölkert.
kanischen Staatsform
Zeichnerisch geht er zu Werke, sich selbst und uns an der ver¬
Nationen der Welt, das Re
gnüglichen Verwirrung ergötzend, in die ein kleines Gemein¬
Kammer, die Wahl des Pr.
wesen durch das Aufblättern seiner sorgsam gehüteten Ge¬
und der Delegierten
heimnisse gerät. Einmal wird in der Erzählung der Aus¬
kongreß.
druck gebraucht „Una commedia della vita“ und damit ist ihr
Von den 74 für das
eigener Organismus selbst am glücklichsten erklärt. Eine
kleine Komödie des Lebens rollt vor uns ab, witzig und ein
wählten Sinn Feinern
wenig boshaft und doch ungemein liebenswürdig zugleich.
lischen Gefängnisse
Dabei finden wir hier die novellistische Erzählungskunst
Amerika geflüchtet, von
Raoul Auernheimers in schöner Steigerung bis zum kleinen
sandter der irischen Re
Roman geweitet, ein Stück österreichischer Geschichte ist in
sammlung wird die sofortige
die Handlung verwoben. Mit der österreichischen Herrschaft
irischen Deputierten fordern
in Venetien stürzt auch die Macht des Geheimniskrämers
Sinn Feiner Valera, der
in
sich zusammen. Eines Tages bleibt sein Laden ge¬
Ministerpräsidenten
schlossen, er selbst ist plötzlich verschwunden, auch sein eigenes
wählt werden wird. Die zu
Leben endigt in einem Geheimms.
Regiening wird als erste ihre
Aber noch eines bleibt anzumerken: es ist kein Zufall,
englischen Regierung die Zu
daß so viele dieser neuen Erzahlungen wie auf heimliches
lischen Truppen aus Irland
Einverständnis hin in Italien spielen oder doch auf dem
Vermittlungsversuch
Wege nach Italien — gestern noch Feindesland. Die sehn¬
Ueber die Haltung der e#
süchtige Frage Mignons: „Kennst du das Land?" und
gegenüber der Lewegung verl
der heiße Atem ihrer Antwort, „dahin, dahin . . .“, sind stets
sie abwartend sein wird
in der deutschen Erzählung heimisch gewesen und haben sich
sich mit Reden begnügen.
aus ihr durch alles blutige Geschehen nicht verbannen rassen.
Der neue Vizekönig fü
Es spricht für die österreichischen Dichter, daß ihre Kunst im
vorgestern in Dublin einget
Lärmen der Kanonen, den blauen Himmel da unten beines¬
handlung die Aufhebung
wegs als verbotenes Gebiet betrachten lernte. Nun sind ihre
beschränkenden Dekrete verfüg
Bücher uns erster Ausblick und erste Fahrt, Traumreise in
fach Unterredungen mit he
die Vergangenheit, da wir in der Gegenwart — so fuicht¬
Sinn Feiner. Mau glaubt
bar abgeschlossen — noch der neuen Brücken harren.
vernehmen mit Lloyd=George
Baul Zifferen 1Verständigung mit