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14. J1e nan
Seite 32
Wien, Sonntag
Neue Freie Presse.
18.M
nur das Bewußtsein, daß er in eine wol wundersame,
dessen Bildniß sie als junges Mädchen in der Liechten= kurzes Wort der
aber ungewisse und dunkle Epoche seines Lebens einge¬
stein=Galerie gesehen hatte. Und so dämmerte auch jetzt
deutlichen Empfit
treten war. Und wie er so durch den Sonntag spazierte,
ihr Wesen hin, wie nach unbekannten oder ungewissen
rina nicht das g
von Straße zu Straße, durch Gärten und Alleen, den
wieder davon ab
Zielen, und Albert ahnte, daß er nichts Anderes für sie
Frühjahrshimmel über sich, an manchen fröhlichen und
kleinen Revolver
bedeutete als irgend Einer, dem sie in einer Gesellschaft
unbekümmerten Menschen vorbei, da fühlte er, daß er
die Stadt zu wan
zu einer Runde durch den Saal den Arm gereicht hätte.
von nun an nicht mehr zu diesen gehörte und daß über
Und da ihm jede Kraft gebrach, sie aus ihrer ver¬
zu stören, den S
ihm ein Geschick anderer und besonderer Art walte.
Ein Somme
schwommenen Art des Daseins emporzuziehen, fühlte er
früher Schwüle
endlich, wie ihn der verwirrende Hauch ihres Wesens zu
Jeden Abend saß er nun oben in dem gewölbten
betäuben und wie sich allmälig seine Weise zu denken,
Zimmer. Zuweilen sang Katharina mit einer angenehmen
hundert Schritte
ja selbst zu handeln, aller durch das tägliche Leben ge¬
Stimme, aber beinahe völlig ausdruckslos, einfache, meist
rinens Gestalt v
gebenen Nothwendigkeit zu entäußern begann. Es fing
italienische Volkslieder, zu denen er sie auf dem Clavier
Sonnenschirm in
damit an, daß er Einkäufe für den künftigen Hausstand
begleitete. Nachher stand er oft mit ihr bis zum späten
Die erste Regung
machte, die seine Einnahmen weit überstiegen. Dann
Abend am Fenster und sah in den stillen Hof hinab, wo
abzubiegen, aber
schenkte er seiner Braut Schmuckgegenstände von beträcht¬
die Bäume grünten und knospten. An schönen Nachmit¬
seine Vorsätze u
lichem Werth. Und am Tage vor der Hochzeit kaufte er
tagen traf er manchmal im Belvederegarten mit ihr
folgen, um sichn
ein kleines Häuschen in einer Gartenvorstadt, das ihr auf
zusammen; dort war sie meist schon lang gesessen, und
vor einer Minute
einem Spaziergang wohlgefallen hatte, und überbrachte
hatte den Kinderspielen zugesehen. Wenn sie ihn kommen
stehen geglaubt
ihr am selben Abend eine Schenkungsurkunde, durch die
sah, stand sie auf, und dann spazierten sie auf den be¬
sie sich umwende
es in ihren alleinigen Besitz überging. Sie aber nahm
sonnten Kieswegen auf und ab. Anfangs redete er manch¬
Alles mit der gleichen Freundlichkeit und Selbstverständ¬
den Weg dem H
mal von seiner früheren Existenz, von den Jugendjahren
fernung. Jetzt we
lichkeit hin, wie früher den Antrag seiner Hand. Gewiß
im Grazer Elternhaus, von der Studienzeit in Wien, von
Thor offen stand
hielt sie ihn für reicher, als er war. Im Anfang hatte
Sommerreisen, und er wunderte sich nur über die Schatten¬
einigen Augenblic
er natürlich daran gedacht, auch über seine Vermögens¬
haftigkeit, in der ihm sei st beim Versuch erinnernden Ge¬
ganges im tiefsten
verhältnisse mit ihr zu reden. Er schob es von Tag zu.
staltens sein bisheriges Leven erschien. Vielleicht lag es auch
langsam durch de
Tag hinaus, da ihm die Worte versagten; aber endlich
daran, daß Katharina allen diesen Dingen nicht das
säulen der alten
kam es dahin, daß er jede Aussprache über dergleichen
geringste Interesse entgegenbrachte. Sie blieb ihm fremd.
Plötzlich hielt
Dinge für überflüssig hielt. Denn wenn sie über ihre Zu¬
Seltsame Dinge ereigneten sich, die an sich ohne Bedeu¬
Platz, wo er bis
kunft redete, so that sie das nicht wie Jemand, dem ein
tung sein mochten, die aber jedenfalls ohne Erklärung
vorgezeichneter Weg ins Weite weist; vielmehr schienen ihr Bogen hinter da¬
blieben. So begegnete Albert eines, Tages um die Mittags¬
gewaltig in der
alle Möglichkeiten nach wie vor offen zu stehen, und nichts
stunde seiner Braut auf dem Stephansplatz in Gesellschaft
regungslos vor
in ihrem Verhalten deutete auf innere oder äußere Ge¬
eines in Trauer gekleideten, eleganten Herrn, den er früher
auf den Degen 1
bundenheit. So wußte Albert eines Tages, daß ihm ein
nie gesehen hatte. Albert blieb stehen, aber Katharina
ewigen Augen
unsicheres und kurzes Glück bevorstand, daß aber auch
grüßte kühl, und ohne sich um ihn zu kümmern, ging sie
erhabener Müdig
Alles, was folgen könnte, wenn sie ihm einmal ent¬
mit dem fremden Herrn weiter. Albert folgte ihr eine
und der Zwecklos
schwunden war, jeglicher Bedeutung für ihn entbehrte.
Weile, der Herr stieg in einen Wagen, der an einer
ginge sein ganzer
Denn ein Dasein ohne sie war für ihn vollkommen un¬
Straßenecke auf ihn wartete, und fuhr davon. Katharina
stand vor der Bi
denkbar geworden, und es war sein fester Entschluß ge¬
ging nach Hause. Als Albert sie Abends fragte, wer der
Antlitz. Albert bl
worden, einsach die Welt zu verlassen, sobald ihm
Herr gewesen wäre, sah sie ihn befremdet an, nannte
dann wagte er
Katharina verloren war. In dieser Sicherheit fand er den
einen ihm gänzlich unbekannten polnischen Namen und
müssen, aber sie
einzigen, aber würdigen Halt während dieser wirren und
zog sich für den Rest des Abends auf ihr Zimmer zurück.
en
sie auf dersel
sehnsuchtsvollen Zeit.
Ein anderesmal ließ sie Abends lang vergeblich auf sich
mit rothen
warten. Endlich erschien sie, als es zehn Uhr schlug, mit
Am Morgen, da Albert Katharina zur Trauung ab¬
sie
einem Strauß von Feldblumen in der Hand und er¬
holte, war sie ihm gerade so fremd als an dem Abend, da
wie
er sie kennen gelernt hatte. Sie wurde die Seine ohne
zählte, daß sie auf dem Lande gewesen und auf einer
säul
Leidenschaft und ohne Widerstreben. Während sie an seiner
Wiese eingeschlafen sei. Die Blumen warf sie zum Fenster
ging
Seite schlief, schien sie ihm nicht mehr zu gehören als ihren
hinab. Einmal besuchte sie mit Albert das Künstler¬
Erinnerungen und ihren Träumen. Nichts hatte sich geän¬
haus und stand lang mit ihm vor einem Bild, das eine
mal u
dert. Eie war so frei wie früher, und er war ihr völlig
grüne einsame Höhenlandschaft mit weißen Wolken drüber
herange
verfallen.
vorstellte. Ein paar Tage darauf sprach sie von dieser
berührte. Eili
Gegend, als wäre sie in Wirklichkeit über diese Höhen
So kam es, daß ihr Verschwinden heute Früh und ihr
fall kam ihm, der
gewandelt, und zwar als Kind in Gesellschaft ihres ver¬
seltsamer Brief ihn nur erschüttert hatte, ohne ihn eigent¬
und dessen er sich
storbenen Bruders. Zuerst glaubte Albert, daß sie scherzte,
lich zu überraschen. Er hätte sie und sich zu erniedrigen
Geliebte zu thun,
allmälig aber merkte er, daß das Bild selbst für sie in
geglaubt, wenn er geforscht hätte. Wer sie ihm genommen zu einer Kunsthau
Der Erinnerur lebdig geworden war. Damal###
hatte
* eine Laune, ob ein Traum, ob ein lebendigers er, ob eine Bron
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er, wie sich sern
war ja viillig gleichgiltig; er wußte nichts und licher Größe zu k
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entgleitenlicht B um so hoffnungslos dringender
Besteller, ein Lord
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ue Sehnsucht #a, lihr. Zuwäilen gelang es ihm,
sich, das Kunstwer
auf des Hauses auf das Gerin ste zusammen¬
vin ihrer Jugen### den zu machen. Doch Alles, was
Preis. Er entspra
und von seinem kleinen Gehekonnten sie
berichtete, Erzählungen wirklicher Geschehnisse und
Albert gab seine
Mit ihr von Einschränkungen um von den
Riche
ständnisse ferner Träumereien, schwebte wie im gleichen
Weisung, in weld
gewöhnlichen Sorgen des Alltags zu reden, wäre ihm in
zuatten Schimmer vorüber, so daß Albert nicht wußte,
in Wien die
jedem Fall unmöglich gewesen. Einen Moment fuhr es
was sich ihrem Gedächtniß lebendiger eingeprägt: jener
besorgen sollte. D
ihm durch den Sinn, von ihr Abschied zu nehmen. Sein
Orgelspieler, der sich vom Kirchthurm herabgestürzt hatte,
nahm den Weg d
Blick fiel auf die Bettdecke, wo der beschriebene Zettel lag.
der junge Herzog von Modena, der einmal im Prater an
und im Wäldchen
Der flüchtige Einfall kam ihm, auf die weiße Seite ein Mittag zeigte.
ihr vorübergeritten war, oder ein Ban Dyck'scher Jüngling,
Während Marguerite als die liebenswertheste Besiegte vor] Heirat seiner Tochter,
denn auch Taneuse hat für seinen gehalten werden.
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