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10. Leutnant Gustl
Dr. Max Goldschmidt
. Bureau für .
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—.—.—
Ausschnitt aus
Deuische Tageszeitung, Berlin
Z #
Kunst und Wissenschaft.
Einen Arthur Schnitzler=Abend hatte der allezeit rührige
„Verein zur Förderung der Kunst“ am Montag im Berliner
Rathaussaale veranstaltet. — Zwei Seelen leben in Schnitzlers
Brust: die eine, die ihn die „Anatolszeuen“ hat dichten lassen, jene
lebefrohen und gewagten „Gespräche über die Liebe", die
der lasciv=tändelnden Anmut Wielands oder des Boccaz
nicht unebenbürtig scheinen; und eine andere, die um
tiefste und letzte Dinge wirht. — Beide kamen in
diesem Schnitzler=Abend zu Wort. Szenen aus dem „ Schleigr
der Beatrice“ wurden durch das begabte Frl. Friederlke
Stritt=Dresden und Dr. Gustav Manz interpostiert.
„Leutuant Gustl“, jene kecke und technisch brillant gehachte
kleine Skizze, die, wie man weiß, ihrem Verfasser seine Mlitär
charge gekostet hat, verlas in meisterlicher Abtönung Herr Josef
Giampictro, das bekannte Mitglied des Kleinen und Neuen
Theaters. — Herr Dr. Ludwig Bauer ans Wien hies den
einleitenden, etwa einstündigen Vortrag, dessen Inhalt beim beten
Willen nicht zu rekognoszieren war. Wie jemand, der sich offenber
über die selbstverständlichen Regeln des mündlichen Vortrages nicht
klar, zudem mit störenden Stimm= und Zungenfehlern belastet ist,
und ein waschechtes Leopoldstädtisch — das Weanerisch der Fiaker
und der Wäschermaderln — spricht — wie ein solcher jemand es
wagen kann, in Berlin öffentlich zu sprechen, ist völlig unerfindlich¬“
Deutsche Warte, Barlin
23.12.03
Heimatkunst. Im Rathaussaal veranstaltter
Montag der Verein zur Förderung der
Kunst einen Abend österreichischer Heimatkunst. Er
war dem pilanten Wiener Artur Schnitzler
gewidmet. In einem sein poine
sich allerdings manchmal in Paradoxen verlor, ent¬
wickelte der Freund und Landsmann des Dichters,
Dr. Ludwig Bauer, die Ursachen im Leben
Schnizlers, die zur Gestaltung seiner stark per¬
sönlichen Dichtungen beigetragen haben. Wenn man
auch des Reserenten patriotisch gefärbte Begeisterung,
die den Schöpfer des „Schleiers der Beatrice“
als einen der größten Lebenden auf seinem Ge¬
biete geselert wissen will, nicht immer voll
teilen konnte, so war es doch ein Genuß, seinen sein¬
sinnigen und geistreichen Besprechungen Schnitzlerscher
Dichtungen, denen es auch nicht an originellen An¬
regungen gebrach, zuzuhören. Als Ergebnisse seines
sorgjältigen Studiums boi er charakteristische Zitate der
besprochenen Werke, die Darlegung dessen, was an
Schnitzler spezifisch österreichisch, was an ihm das
natürliche Ergebnis seiner semitisch=slawisch=deutschen
Blutmischung und was an ihm künstlerische In¬
dividualität ist. Als eine hervorragende Eigenschaft des
Dichters beionte er dessen überaus scharfe Selbstkritik, die
laum ein Viertel seiner fruchtharen Produktion vor das Forum
der Oeffentlichkeit bringt. Die Anspielung Dr. Bauers,
daß in der Zeburtsstadt des Hauptmannschen „Roten
Sumgeleden
Hahn“ und des Sudermannschen
Sokrates“ für diesen Vorzug vielleicht wenig Verstäudnis
vorhanden sei, war von einem Gast nicht gerade liebens¬
wördig und traf #uch nicht den Kern der Sache. An
den Vortrag schloß sich die Rezitation Schnitzlerscher
Dichtungen. Dr. Manz hätte die drei Gedichte ein¬
schher lesen sollen. In der Beschränkung zelgt sich erst
d# Meister. — Fräulein Friederike Stritt aus
Desden, die die Hauptszenen der „Beatrice“ vortrug,
Edient warmes Lob, noch viel mehr Heir Josef
Rampietro vom Kleinen Thealer=d## mit dem
Neutnant Gustel ein kleines Kabinettstück hot. he.