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10. Leutnant Gustl

–almte AU Cie
Die drrung des ungrückrichen dief einen C.... L—."
Armenpfleger läglich, ja stündlich zu hören bekommen. Es
Ettaft
4
r Straf¬
gibt Straßen, namentlich in den Vororten, die sich durch ihre
Ruhm
beständig den dicken Kopf an die geschlossene Scheibe anrennt.
dieser Ausstellungen, die ich nicht unterdrücken durfte, ist
Ganz wirr und taumelig wird dem Gustl zu Muth ob all
es genußreich, die neun Geschichten zu lesen, die unter
Heyse¬
des ungewohnten Denkens, bis er dann nach langem Herum¬
dem eben genannten Titel in zwei Bänden erschienen sind.
hien in
irren im Prater am Morgen früh erschöpft in seinem Stamm¬
Ein gütiges Herz, eine feine Künstlerin hat sie geschrieben.
ner¬
afé niedersinkt, wie die Fliege schließlich nach allen Mühen
Hervorgehoben sei auch die vornehme, schlichte Ausstattung.
n ein¬
matt, wie iodt ohne sich noch zu rühren, von der Scheibe
Den modernen Ausstattungsmarotten gegenüber, die Bücher,
ür die
aufs Fensterbrett fälli. Da erfährt Gustl den plötzlichen Tod
die zum Lesen da sind, immer mehr zu verschrobenen Bil¬
einen
des Bäckermeisters und athmet erleichtert auf. Nun kann Nie¬
derbüchern macht, thut ein Buch doppelt wohl, das den
mand mehr etwas von dem Vorfall erfahren. Er ist so ab¬
Hauptwerth auf gutes Papier und auf guten Druck legt.
gehetzt, so schwach, er hat nicht mehr den „Muth“ sich todt
r, ge¬
Schade, daß auf dem Einband nicht auch noch die paar
Uner¬
zu schießen, er bleibt leben. Diese tragikomische Geschichte
Zuckerbäcker=Blümlein fehlen.
nbach
hat Schnitzler prächtig erzählt. So leichthin, ein wenig sa¬
Ihren „Falken“ hat auch die Geschichte Arthur Schnitz¬
lopp, aber immer reizvoll. Trotzdem der Gustl im Grund ein
teltes,
er's „Lieutenant Gustl“*) der eine k. und k. öster¬
n des
recht fader Gesell ist, interessirt man sich für ihn. Trotzdem
reichische Militärbehörde unfreiwillige, aber verdiente Re¬
# ent¬
er im Grunde direkt widerwärtig sein kann, „Fallobst“, ver¬
klame macht. Ihr „Falke“ ist der plötzliche Tod des Bäcker¬
teht es Schnitzler, ihn uns so vor die Augen zu stellen, daß
hfein
meisters Habetswallner, der am Abend vorher mit am Teich¬
er gar nicht so widerwärtig aussieht. Im Leben schaun die
mich
kneten erstarkter Faust des Lieutenant Gustl Säbelgriff fest¬
Lieutenants Gustl ja auch nicht so aus. Ein graziöses, echt
n hat
hielt, als dieser, angeödet von einem ernsten Konzert, seinem
t. Da
Wiener Gebäck, diese Novelle. Darauf versteht sich Schnitzler
Aerger über die verlorne schöne Zeit in der Garderobe durch
ifgabe
meisterhaft. Und der leicht satirische Ton, in dem sie gehalten
grobe Worte an besagtem Bäckermeister Luft macht. Immer
eGe¬
st, gibt ihr nur einen Reiz mehr.
die starke Faust an des Lieutenants Säbelknauf nennt ihn
Noch ein Novellenband eines Oesterreichers liegt vor:
= und
hafür Habetswallner einen dummen Bub und droht, wenn
n dem
„Die Troika“*), Erzählungen von J. J. David. Die
der Gustl nicht gleich ganz „stad“ ist, den Säbel zu zer¬
ensch¬
erste, die dem Band den Namen gegeben, gibt in der Haupt¬
biechen und die Stücke dem Regiment einzuschicken. Gustl
ache aus dem Munde des Sohnes die Geschichte des Vaters,
in die
hat den ehrenwerthen Bäckermeister zwar zuerst und ohne
hin¬
eines berühmten Schauspielers, der in wildem Ueberschwang
allen Grund beleidigt, und nach bürgerlicher Moral thäte
be ich
dahingestürmt ist durchs Leben, bis die Troika umschlug
er am Besten, er sähe das ein und bäte Herrn Habetswallner
Als Symbolum ist dies Gefährt sehr gut verwandt. Ueber¬
keinen
um Entschuldigung, aber seine „Ehre“ verbietet das. Sie
Men¬
haupt weiß David seine Bilder zu wählen. Oft sind sie frap¬
hat durch die Worte und das Gebahren des Bäckermeisters
pirend zutreffend und doch durchaus naheliegend und natür
sterben
ein tödtliches Loch bekommen, sie kann nur wiederhergestellt
lich. Das Beste, was man von Bildern und Gleichnissen sagen
kannt¬
werden, wenn er dem elenden Bäckermeister sofort den Säbel
kann. Zuweilen a sind sie doch auch gesucht. Eine An¬
gesehen
in den Bauch jagt. Wenn der Kerl nur nicht so ungeschlachte,
lage, die David in sich gefunden, hat er nach Kräften aus¬
il eine
starke Fäuste hätte, die nicht vom Säbel lassen! So bleibt
gebildet. Nur, er weiß zu sehr, daß er diese Anlage besitzt
spitzin“
dem armen Gustl schließlich nicht Anderes übrig, als sich
“ hat sich zu sehr darum bemüht, sie auszubilden. Dar¬
ital in
seibst zu tödten. Nur durch ein Loch, sei es in des Bäcker¬
über ist ihm dann ein gut Stück Naivetät des Schaffens
sie gar
neisters dicken Bauch, sei es in des Lieutenants leeren Schä¬
Aehn¬
verlorengegangen. Bei allem Respekt vor solcher Arbeit an
del, kann das Loch in seiner Standesehre reparirt werden.
sich selbst, bedauere ich doch sehr diesen Verlust. Es steckt vie
schichte
Um die Gedanken nun, die dem Gustl kommen, wie, wann,
och be¬
Ausgesonnenes in dieser Produktion. Das merkt man glück
oder ob vielleicht doch nicht dieser Selbstmord auszuführen
licherweise an seiner Menschengestaltung weniger, für die
sagen,
sei, drehn sich drei Viertel der Novelle. Zu Anfang des
olches bewußte, gründliche Nachspüren oft ein Vortheil ist
Sinne
letzten Driktels wollte es mir scheinen, als würde Schnitzler
we
als an seinen Naturschilderungen. Sie sind selten, aber
edeutet
doch ein wenig zu breit. Künstlerisch läßt sich das allerdings
sie sich finden, weniger geschaut als gesucht. Man sehe
sich
ritikus
sehr wohl rechtfertigen. Denn grade dadurch, daß der dumme
daraufhin nur einmal die ersten Seiten der letzten Erzähl
abe ich
Gustl, dessen Hirn bisher nur mit Weibergeschichten gefüllt
ung an. Hier findet sich auch bezeichnenderweise eine mo¬
war, sich aun immer und immer wieder den Schädel an dem
o jung
dernste Unart, wohl aus dem Französischen importirt, die
ch auf¬
Selbstmordgedanken wundstößt, wird Mitleid erweckt. Der
mich bisher nur in modernster Lyrik chokirt hat. Man rede
Bran¬
arme Kerl kommt Einem vor wie eine hilflose Fliege, die
Trotz
*) Verlegt bei Schuster u. Loeffler, Berlin und Leipzig
*) Illustrirt von M. Coschell. Berlin, S. Fischer, Verlag,
1901.
1901.
l, 1901.
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