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10. Leutnant Gustl
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Telefon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschult!
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Nr. 18
„OBSERVER“
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachriel.
Wien, IX/1. Türkenstrasse 17.
- Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stock
Ausschnitt aus:
Das Literarische Scho, Berhin
vom
a. s1 190
Ein paar Vorkommnisse von der Art, die das
Reporterdeutsch mit dem Eigenschaftswort „sensationell“
zu schmücken liebt, haben auch in der Presse ihr Echo ge¬
funden. Das eine war die Versetzung des berliner
Konsistorialrats Georg Reicke nach Königsberg, die all¬
gemein als eine Maßregelung für Reickes Zugehörig¬
keit zum Vorstand des Goethebundes und vielleicht auch
für seine litterarische Thätigkeit — er ist mit einigen
Dramen und kürzlicht mit einem Band Lyrik hervor¬
aufgefaßt wurde. Eine Art Seitenstück war

getreten
der Fall Arthur Schnitzlers in Wien (s. unter „Nach¬
richten“), den das militärische Ehrengericht wegen seiner
Novelle „Leutnant Gustl“ des Offizierscharakters ver¬
50
Für
lustig erklärte. Prof. Alfred Klaar, der in der „Voss. Ztg.

beide Vorfälle erörtert, bemerkt zu dem zweiten u. a.:
200
„In dem Falle Arthur Schnitzler tritt der innere
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7
Widerspruch derartiger Maßregelungen besonders kraß
„ 1000
zu Tage. Das Heer ist seit der Einführung der allge
meinen Wehrpflicht in Deutschland und in Oesterreich das
Abonneme
Volk in Waffen; es schließt prinzipiell die ganze wehr¬
Abonnente
ähige Bevölkt ung in sich, und das tritt ja auch
zu
dem Falle, um den es sich handelt, deutlich genug
Tage; denn Arthur Schnitzler ist, wie männiglich be¬
Der
kannt, seinem wesentlichen Berufe nach Schriftsteller
Inhaltsan
als
und leistet nur, — da er Doktor der Medlzin ist —
blätte
Regimentsarzt in der Reserve seiner Militärpflicht Ge¬
wodurch
nüge. Wenn nun thatsächlich Volk und Heer identisch
des In¬
ind, und andererseits jedes Ehrengericht eines Regiments
werden in
über die Zulässigkeit einer litterarischen Produktion
einen scharfen, praktisch wirksamen Urteilsspruch fällen
kann — ist da nicht mit inemmale die ganze von
Männern der besten Jahre ausgehende Litteratur der
Anschauung der Regimenter unterstellt?“ — Aufsehen
erregte gleichzeitig in anderes Vorkommnis, die Ermordung
der Frau Dagny Przybyszewska, die in Tiflis ein ge¬
waltsames Ende fand (vgl. den „Polnischen Brief“).
Als eine Folgeerscheinung gewisser dekadenter Litteratur¬
bewegungen will ein Mitarbeiter der „N. Fr. Presse“
(13221) diese „Tragödie der freien Liebe“ betrachtet
wissen, die ihre litterarischen Dokumente in Przybys¬
zewskis dreibändigem Roman „Homo sapiens“ und
der angeblichen Antwort darauf, Strindbergs „Inferno“.
besitzt. Ein anderer Eingeweihter erzählt im „N. W.
Tagbl.“ (162) von dem „schwarzen Ferkel“, einer
kleinen Weinkneipe in der berliner Neuen Wilhelmstraße,
wo sich anfangs der Neunzigerjahre das Hauptquartier
der nordischen Schriftsteller befand: Strindberg, Holger
Drachman, Gunnar Heiberg, Christian Krogh, die
Maler Munch und Thaulow u. a. Die jetzt ermordete
Frau Dagny, geschiedene Przysbyszewska, der Herkunft
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Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Mats „OBSERVER“ Nr. 73
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyel5“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Dest- und Heeres-Zeitung WI.
vom / 1 707
G S
SSN
„Lieutenant Gustl.“
Dr. Arthur Schnitzler hat in der belletristischen Weihs
nachtsbeilage der „Neuen Freien Presse“ eine Novelle unter obigem
Titel veröffentlicht, die nachher in Buchform erschienen ist. Wegen
dieser Novelle und eines anlässlich derselben gegen ihn gerichteken,
heftigen publicistischen Polemik, auf die er aus unbekannten Gründen
nicht reagierte, soll Dr. Schnitzler kürzlich vom Officiersehrenrathe
der Verletzung der Standesehre schuldig erkannt worden sein, was den Ver¬
lust seiner Charge eines Regimentsarztes i. d. R. involvieren würde. Die
Tagesblätter befassten sich selbstredend mit dieser Angelegenheit je nach
ihrem Parteistandpunkte, wobei übrigens das sehr erfreuliche Moment
verzeichnet werden kann, dass selbst weniger armeefreundliche Blätter.
z. B. die „Arbeiterzeitung“ die Ehrenfestigkeit unseres Officierscorps
uneingeschränkt zugeben. Eine unbegreifliche Haltung nimmt jedoch
die „Neue Freie Presse“ selbst ein. Sie bekämpft den Spruch
des Ehrenrathes. Jedoch wie? Sie bemüht sich, die incriminierte
Novelle geradezu als eine Verherrlichung des Officiersstandes hinzu¬
stellen, und leistet sich das Wagnis, den Satz: „Ein österrei¬
chischer Officier muss von=eigener Handesterben
wenn der lebt, der ihm straflose Insulte zugeführt
hat“ förmlich als den Grundgedankeneder ganzen Novelle erscheinen
zu lassen. Dabei fügt sie noch den Satz zu: „Lieutenant
Gustl schwankt keinen Aughenblick und will die
Schmach büßen, dass er seinen Beleidiger nicht
auf dem Fleck niederschlageß konnte.“
NB. „Österreichische“ Officiere gibt es nicht, sondern k. und k., k. k. und
Aumerkung der Redartton“
k. ung. Officiere.