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30. DerGangzuniher
Meldezettel und Entlafsungsschein aus der!
S
Strafanstalt Stein, lautend auf den Namen
Hoffmann, vorgesunden wurden. Hoffmann
wurde verhaftet. Er leugnete, da aber alle
Verdachtsmomente gegen ihn sprechen, wird er
Schnitzler=Feier.
dem Landesgericht eingeliefert.
„Der Gang zum Weiher.“
Burgtheater.
Die Wiener Erdbebenwarte bittet ...
Vielerlei Motive durchklingen das neueste
Die Zentralanstalt für Meteorologie und
Werk Artur Schnitzlers und mehrere Hand¬
Geodynamik in Wien registrierte Samstag um
lungen durchziehen es. Dadurch erhält es, be¬
17 Uhr 50 Minuten ein sehr schwaches
sonders da es in die müden Farben der Sprache
Nahbeben, dessen Herd an der unteren Fischa
und der Gedanken getaucht ist, die dieses
(Schwadorf, Enzersdorf) gelegen war.
Dichters Eigenart sind, ein geheimnisvolles Ge¬
Es wird gebeten, diesbezügliche Beobachtungen
präge, und anfanglos und ausganglos scheinen
aus dem genannten Gebiet des Bezirkes Bruck
die Ereignisse der Handlung an dem Zuschauer
a. d. Leitha auf frankierter Postkarte oder un¬
vorbeizugleiten.
frankiert, aber dann mit dem Vermerk: „Amt¬
Der Gang zum Weiher — zweimal wird
licher Auftrag — Erdbebendienst“ an die Zen¬
ein
solcher Gang erwähnt. Einmal begibt
tralanstalt für Meteorologie und Geodynamik,
sich ein erblühendes, junges Mädchen zum ab¬
Wien, 19. Bez., Hohe Warte 38, zu übermitteln.
gelegenen Weiher eines Parkes, und dort, nackt
vor den
steinexnen Au## einer heidnischen
Lieber tot, als in Haft.
Der 23jährige Friedrich W. aus der
S
Hernstorferstraße war seit 14. Februar ver¬

schwunden. Er hatte zuerst erzählt, daß er nach
Pernitz zu seiner Frau fahren werde, um sie
zu erschießen. Die dortige Gendarmerie
wurde verständigt und gestern sollte W., der
nn
tatsächlich hinausgefahren war, in Pernitz ver¬
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haftet werden. Als er festgenommen werden
sollte, schoß er sich eine Kugel in den Kopf und
war sofort tot.
Lebensmüde Jugend.
Sonntag nacht hat sich der 25jährige Bäcker
Anton P. in der Hernalser Hauptstraße, Ecke
der Wurlitzergasse, mit seinem Taschenmesser
zwei sechs Zentimeter lange klaffende Schnitt¬
wunden am Unterarm zugefügt. Er mußte
W
auf die Unfallstation gebracht werden. —
Wegen englücklicher Liebe hat sich Sonn¬
tag abend die 19jährige Rosa P. mit!
Artur Schnitzler.
sate
resenecengehn
Götterstatue, tanzt sie, nur sich zur Freude.
Und dann geht ein alternder Dichter, traum¬
verloren oder in stummer Verzweiflung in den
Weiher, als schritte er auf einer Straße, und
geht immer tiefer, bis sich die trübe Flut über
ihm schließt. Und dann gibt es in diesem Drama
einer vergangenen Zeit — achtzehntes Jahr¬
hundert — einen Kanzler, der für den Frieden
kämpft, und eine Kriegspartei, die ihn über
den Haufen rennt, eine Frau, die ihr Frauen¬
schicksal in Verzicht und schwesterlicher Liebe
erfüllt, einen Sekretär, der in der Verschroben¬
heit seines irren Geistes eigene Pläne schmiedet
und eben jenes Mädchen, das von dem Dichter,
dem Jugendfreund ihres Vaters, die Zeit ihres
kurzen Lebens geträumt hat, und da sie ihn
nach langem Fernsein wiedersieht, nachts einen
Offizier umfängt und auch diesen ohne Weh¬
mut ziehen läßt, und dann diesen Dichter, der
mit seinen Wünschen Geliebte und Kind tötet
und nicht den Preis dieses Gedankenmordes,
die Jugendgeliebte, erobert. Wie Wolken ziehen
diese stürmenden Ereignisse vorüber, es ist, als
hätte der Dichter noch einmal alles, was er
früher erdacht hat, in den Raum eines Dramgs
zusammengedrängt, aber seine Verskunst und
seine reife Weisheit fesseln selbst dort, wo sich
der Zuhörer in den krausen Begebenheiten der
Vorgänge nicht zurechtfindet.
Die Darstellung des Burgtheaters diente
dem Werke Schnitzlers nur sehr unvollkommen
(Ist sie an den Umgang mit einem Dichter nicht
mehr gewöhnt?), vor allem war sie zum großen
Teil undeutlich und unverständlich. Wo ist die
berühmte Sprechkunst des Burgtheaters hin?
Herr Balser als der Kanzler überschrie sich,
Herr Onno als weltverlorenes Genie war zer¬
fahren und nicht genial, zerstreut und nicht in
seine Traumwelt versponnen. Eine Freude
#oten bloß Frau Johanusen und ###—
Nr. 48 Wien, Dienstag
Hennings, dieser als der draufgängerische
Offizier, Frau Johannsen voller Poesie
und mädchenhafter Grazie, voll blütenhaften
Geheimnisses und unerschlossener Herbheit.
Das Publikum feierte das Gesamtwerk
Artur Schnitzlers, das es wie in einler Rückschau
hier sah, mehr noch als sein jüngstes Werk,
smkt.
mit gebührendem Respelt.
Neues Wiener Schauspielhaus. Kurt Re¬
ding vom Theater der Komiker feiert am
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