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Nr. 117
Wiener tügl. Theater- u. tromdenzeitung (sea Lel. Kelopter), Sr. une
- und darf? Nein, das glaubt er weniger als er sprung ihr nuch, umschlang sie und trug sie Sein Antipode, der überall willken dene Herzens¬
berater und doch stets zum Verzicht genötigte
jje, auch nicht mehr, daß der Sinn der Liebe empor. „Wir dachten, sie seien gerettet. Eine
Dichter Ambros Dochl, ist bei Ludw. Andersen
Besitzerfreude ist. „Lieben beißt Bangen, Kümpfen, Sekunde lang waren beide Köpfe über dem Wasser.
in guten Händen. Sein wohlltemperierter Ton hut
ungenehme Nntürlichkeit. Georg Reimers dart
Werben, bereit sein, zu verzichten, wenn es das Es sah beinahe aus, als küßten sie sich. Und die
sich als Kammersänger und Ehrenmitglied des
Schieksal will — und Heimat bedeuten, immer! Gräfin lächelte noch immer; nicht ihre Lippen,
k. k. Hof-Operntheaters Eligins Fenz wieder einmal
wieder Heimat, aus weleher Fremde auch die
aber ihre Angen lüchelten ... Wir waren kaum
selbst spielen und ist daher prachtvoll humorig.
einen Ruderschlag weit von ihnen. In diesem
Geliebte wiederkehre — und in welche Ferne
Hans Marr gibt mit dem Westerhaus sehr über¬
Augenblick, dacht' ich, müßten sie sich am Rand
zeugend den modernen Ubermenschen im Smocking,
sie sich sehne.“ — Das läßt sie verstummen,
der die Welt anzünden würde, um sich ein Feuer¬
unseres Bootes festhalten. Aber Keines
und Ambros meint, nun wären alle Prifungen
werk zu bereiten, und Fred Hennings mit tadel¬
bestunden und läßt die Beiden allein. Aurelielstreckte die Arme aus, nicht er, noch sie
loser Eleganz den durch die Geburt in's kultivierte
kann noch kein Vertrauen fassen. „Sehnsucht war und ganz plötzlich versanken sie Beide.“
Herrenmenschentum versetzten Prinzen Arduin,
Max löst, sich aus der erschütterten Zu¬
es, die dich verwandelt, Wird es Erfüllung nicht
Franz Höbling aber mit der nötigen übertünchten
Brutalität den Weiberbezwinger Gysar. Die Schnitz¬
hörergruppe um Gilda und will Seraphine noch¬
wieder tun? Du weißt nicht, ob nicht am Morgen,
ler-Maske, die er ihm aufsetzt, würde besser dem
mals überreden, mit ihm nach Wien zu fahren.
da du in meinen-Armen erwachst, die Gespenster
milden Dochl anstehen. Hanns König könnte
Sie bleibt. Sie wird die zwei Leichen empfungen,
um unser Bett stehen und sich mächtiger erweisen
diesem famosen Stantsanwalt Brannigl, der sich
wenn sie das Meer nachts an den Strocn spült.
über den Gesellschaftssumpf'skandaliert, die sozialen
werden als heute.“ — „Es wird kein solcher
Pflichten im Munde führt und einen Krieg als
Gilda sieht auf der Anhöhe dem entschwin¬
Morgen kommen. Und wenn er küme, dann küme
dringend notwendigen Jungbrunnen begrüßt, etwas
denden Märchenschiff nach, das in leuchtenden
für mich kein nächster mehr.“ — „Kein nächster
schürfere Umrisse verleihen. Zuletzt ist noch der
Goldbuchstaben den Namen Aurelie trügt, und
für uns Beide“, nimmt sie es hastig auf. Damit
beifallswürdige Hoteldirektor Hans Sieberts zu
Verwähnen, ein ehemaliger Se’###ieler dessen
ist er einverstanden. Und damit besiegeln sie der Kammersänger Fenz steigt schließlich zu ihr
Gattin ihn als noch entschiedenere „Frau vom
Thinauf. Ihm ist die Tatjener Zwei unbegreiflich;
ihre Verlobung. Aurelie nimmt sodann für ein
Meere“ mit einem Prachtgewh geschmücht hat,
paar Minuten Urlaub, um ihr düsteres Kleidler lindet, „daß das Leben immer köstlicher wird,
was zur Komplettierung dieser Galerie erotisch
alzulegen, das in diese Stunde nicht passe. Als lje weniger davon übrigbleibt“ und birscht sich
dillerenzierter Damen unerläßlich ist.
In Geylings fünf Bühnenbildern — von denen
weiße Braut will sie bei dem gemeinsamenan den nordlandsrassigen Bachlisch heran, das
das erste: der mondbeschienene Park des Prinzen
Frühstück mit Doehl erscheinen. Aber in diesem Champagnerlied Don Juans trällernd.
von Perosa wirklich bezaubernd wirkt und das
bräutlichen Kleid besteigt sie unten am Strand
Die vorzügliche Darstellung der Aurelie durch
sänlengeschmückte Interieur bei Westerhaus eine
einen Bahn und rudert ins Meer hinaus, Gilda,
ebenso originelle als geschmackvolle Benützung
Else Wohlgemuth trug wesentlich dazu bei, daß
der Drehbühne ermöglicht — hat es der Spielleiter
das 15jährige Töchterlein des Hoteldirektors,
diese Uraufführung auch zu einem Ehrenabend des
Brahm nicht eben schwer, seine bewährte Kunst
Burgtheaters wurde. (Man hat ja gelernt, sich be¬
meldet es als Beobachterin auf dem dünenartigen
der Gruspierung, Bewegung und Stimmung zu ent¬
scheiden.) Auch Maria Magen als Seraphine hat
Hügel, der diesseits der Bühne den Ausblick be¬
talten. Es wür' nur zu wünschen, daß er ebenso
ihren rellichen Anteil daran. Dem allgemeinen Lob
hindert, Ambros und Falkenir sehen einander
sorgsam das Wort überwache. Falsche Tongebungen
aber,as der Falkenir Raoul Aslans fand, kann
wie die bereits angeführten gab’s noch in schwerer
ich 150 1
fragend an. (Es fehlt nur noch, daß sie einander
Scht anschließen, Hier hat man wieder
Menge. Hr. Aslan sowie Fr. Wohlgemuth produzier¬
einma#ies Verdienst des Dichters mit dem des
an das Rätselhafte in Ibsens Fran vom Meere
#ten deren noch mehr, und die Herren Höbling und
Schauspielers verwechselt. Hr. A. wirkt jju sehr
erinnern.) Will sie dem „Zauberschiff“ des Prinzen
Hennings taten auch mit. Der Letztgenannte gab
vornehm in seinem Habitus und dem feinen Kopf,
von Perosa nachfahren, um sich das Bild Gysars
überdies sowohl bei der Generalprobe als auch am
dem das natürliche Grauhaar vertrefflich steht (nur
Abend den luxusstenerbedürftigen Genetiv Patrio¬
zu holen, das der Brüstigam noch nicht kennt?
hatte er sich mit solchem Vollgrau nicht den Mann
tismuses von sich. Und Fr. Mayen blieb ohne
nennen dürten, „dem die Schläten zu ergrauen be¬
Gilda, die hier wie eine Wassernixe daheim ist,
Wank bei dem ihr an's Herz gewachsenen falschen
ginnen“), und sein resignierender Ton gibt am An¬
muß ihr eigenes Boot Hott machen, um die zwei
fung die richtige Stimmung. Aber er ertränkt den Imperativ: „Sind Sie mir gegrüßt, Max!... Sind
Herren zu der Grünn zu bringen.
Charakter in allzu hartnäckiger Passivität. Seine Sie froh, 416 Sie es nicht nötig haben ..!“ Es
Inzwischen begegnen sich abermals Max
Rede im I. Akt von den „ewigen Strömen“ bleibt
zu sehr im Konversationston, ist beinahe nüchtern,
und Heraphine. Im Buch hat er zuvor schon mit
statt von dem Pathos des dichterisch schauenden
Herbarium.
der kleinen Gilda angebändelt und die Möglichkeit
Gelehrten und Menschenkenners getragen. Seine
erwogen, hier auf dänischem Boden zu bleiben,
Bedächtigkeit verschleppt das Tempo in all seinen
Booth und Blasel. Als im Frühling 1883 der
um, statt Kriegsdienst zu machen, bei dem Hotel¬
Dialogen. Die trauernde Müdigkeit, mit der er im
große amerikanische Tragöde am Wiener Stadt¬
I. Akt Aurelie zum Verzicht auf das Ehebundnis zu
theater gastierte, stellte der Photograph Karl Krzi¬
direktor als künftigem Schwiegerpapa eine Stellung
bewegen sucht, bringt den Mann fast in den Ver¬
wanek mehrere seiner Aufnahmen des Künstlers in
zu suchen. Seit dem Débäcle der Westerhaus¬
dacht, daß ihn eine, seit jenem Ballfest der Fürstin
seinem Schaukasten an der Bellariastraße neben
Bank ist er ja ruiniert. Jetzt kommt es ihm bei,
akquirierte Krankneit zum Zölibat zwinge. Der
dem Hotel Höller aus. Ich konstatierte damals aus
sich Scraphinen als ständigen Begieiter — auf
Abtall des letzten Aktes ist zu großem Teil Aslans
diesen Bildnissen eine auffallende Ahnlichkeit mit
Monotonie schuldlzugeben. Seine Haltung verrät
Karl Blasel (der nur zwei Jahre älter war als Booth)
dem Klavier zu empfehlen und schliettich a's
da nicht das Geringste von der Wandlung, die
und wurde darob verhöhnt. Und was sah ich vor
Gatten. Das lehnt sie entschiedenst ab. Sie dürfen
Falkenir „in der Einsamkeit von hundert Tagen und
Kurzem in der Ausstellung der Stadtbibliothek:
sich aneinander nicht binden. Vor Allen, er nicht
Nächten“ erfahren haben soll. Er müßte da doch
150 Jahre der Wiener Volksbühne“? Ein Tableau,
an ein Mädchen, das — ein Kind hat. Er ist
als ein Verjüngter auftreten, ein anderer Gegensatz
das unserem Blasel gewidmet war und unter viclen
zu der nun mit ihren Erlebnissen beschwerten
„paff“. Was für ein Kind? — „Aber, Max.!
seiner Porträts auch eine von jenen Aufnahmen —
Aurelie, vor deren Jugend-Elan in. I. Akt er der
Ellwin Booths aus dem Atelier Krziwanek enthielt.
Da versteht er erst. Aber warum hat sie ihm
sich selbst bezweifelnde Zanderer war. So gibt sich
Erst auf meine Urgenz wurde sie aus dem Rahmen
nicht schon längst gesagt ..? Sie schüttelt den
xein Mann, den die Kraft beglückt, eine Versunkene
entfernt.
Kopf. Wenn er nicht in den Krieg müßte, hütte
sieghaft emporreißen zu können. Darum ist auch
Eleonore van der Straaten-Sternberg,
sein abermaliges Wanken zuletzt keine neue Peri¬
sie's ihn vielleicht nie wissen lassen, denn das
Aphoristin des N. Wr. Journals, brachte am 31. VIII.
petie, und unser Interesse an ihm erlischt weit vor
u. A. die tiefe Sentenz:
Kind gehöre ja ihr allein. Jetzt drängt er erst
dem Ende. (Der vierzigjährige Sonnenthal hätte die
Das Mutterherz ist wie ein Spiegel, in dem
recht zu der Heirat. Sie findet ihn dazu „noch lange
Rolle anders gespielt.)“
sich die Bilder der Kinder vergrößern. Wehe,
nicht erwachsen genug“. Aber sie ist glücklich
Auch die Judich Fr. Aknays steht nicht auf der
wenn dieser Spiegel blind wird!
Höhe. Wir spüren kaum die Astarte, die ihren ver¬
über das Kind und „daß es in gewissem Sinne
Alsobein blindgewordner Vergrößerungsspiegel
ruchten Kult mit Menschenopfern begehrt. Zudem
zugleich dein Kind ist“. — „In gewissem Sinn —
ein Unglürk wäre! Natürlich meint sie die „blinde
sicht die Dame sehr unvorteilhaft aus, was dem
Mutterliebe“ und ahnt nicht, daß sie fortwährend
und eines Menschen, den du eigentlich gar nicht
Ausspruch des Prinzen, jetzt wisse er, warum ihm
seiber#ns sichtbare Opfer der Falltüren ist, die der
geliebt hast.“ — „Nicht geliebt? Ach, Max, daß
Julia die Schwester so sorgfältig verbarg, zu einer
Wortjongleur in der Sprache anfreißit.
du mich doch verstündese! Wenn doch Männer
sehr unbeabsichtigten Wirkung verhilft. Aber ihr
Die N. Fr. Presse, die die Abschriften von
Spiel am Telephon ist sehr interessaut, und in der
je verstünden! Sie staunen immer, aber sie ver¬
Briefen des alten Kaisers veröffentlicht, leitet am
Auseinandersetzung mit der Schwester hat sieeinige
stehen Nichts. Es mußte doch alles so kommen.
21. IX. eines der größtenteils günzlich belanglosen
erschütternden Töne. Als diese Julin ist Fr. Albach¬
Handbillets folgendermaßen ein: „Im Jahre 16c4
Rettv nicht recht an ihrem Platz. Wenn sie inre
wurde Kaiser Wilhelm I. von einem Reitunfall vreilt.
niemals wiederkommen kann, und daß wir es
geniale Begabung zum Lustspiel unterdrücken mut
Kaiser Franz Joseph wußte nicht, ob er Kuiser
um zas Spiel der Lüste in's Tragische winken zu
in dieser Nacht schon wuliten, Das war doch
Wilhelm aus diesem Anlafi gratulieren solle oder
lassen, wird sie unecht. — Eine purkende Leistung
— Sie werden
vielleicht das Allerschönste dran.“
nien“ Ich glaube, es war auch an den Höfen
gibt Milde Wagener mit der halbwüchsigen Gilda.
unterbrochen von der wie wahnsinnig herauf¬
nicht Sitte, zn einem Unfall zu gratulieren.
Wundervoll ist ihr Bericht von den Ertrunkenen,
Amtliche Sprachschöpfung. Das „Zentral-Tax¬
wie sie da mit verschreckten Augen, einer auf.
stürzenden Gilda, die ihren Vater sucht. Aurelie
und Gebührenbemessungs-Amt in Wien“ fragt bei
keimenden Ahnung nachhangend, das Rätsel des
und Falkenir sind — ertrunken. Lächelnd winkte
Lebens anstarrt. — Karl Günther, das neue Mit.
#mir an, ob ich Grundstücke und Baulichkeiten
die Grälin dem Bräutigam — winkte ihn in das
glied, verspricht uns mit dem Max den jungen
Psitze. Wie soll ich Das beantworten, so lang ich
Brautbett am Meeresgrund. Wozu erst auf jenen
Lustspiel-Liebhaber, den das Burgthenter so nötig
nicht weiß, was „Baulichkeiten“ sind? Gebände
können's nicht sein, denn weiterhin heißit’s, im ver¬
hat. Er nimmt seine Höhe jedoch schon im ersten
bösen Morgen warten, den sie Beide ja doch
Fneinenden Fail sei bekanntzugeben, in wessen Ge¬
Akt. statt in der kostbaren Schlußszene des zweiten.
voraussehn? Geläutert, befreit, dem Welt-Ekel ent¬
mit Seraphine; und wie der Don Junn, der Popanz
bänden das Unternehmen betrieben werde. Zudem
ronnen, vereinigt im Tod — wissen sie endlich
sind Fkeiten“ Abstrakta, also keinesfalls Roali¬
der fremmen Gotteskinder-Stube zuletzt überall
gewiß, daß sie für einander bestimmt waren Sie 1abblitzt und fast zum Leporello degradiert wird.
täten“ Solche Unstimmigkeiten sind keine Er hau¬
Fichkeiten und bereiten einem Verlegenheiten.
ließ sich ins Wasser gleiten und sank sogleich: Das wäre schärfer herauszuarbeiten gewesen.