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Die SchvesternoderGasanova in Sna
eee amsremmnanmnnans rann
holung der Begebenheit in Novellen= und Problemform und
die Lösung fliegt ins Leere. Das Spiel ist aus, aber niemand
Theater und Musik.
merkt's, nicht einmal der Dichter. Bis er seinem Spiel
dann nachseuszt.
Burgtheater.
Wilke hat ein entzückendes Rokokozimmer dazu ge¬
schaffen. Heine sehr sein, wenn auch nach meinem Gefühl
(Arthur Schnitzler=-Die Schwestern oder Casanova
noch immer nicht entschlossen genug stilisiert. Ganz Stil,
in Spa. Ein Lustspiel in Versen. Drei Akte in einem.)
Laune, Grazie und witzige Überlegenheit war Frau Retty
In diesen Titelworten schon klirrt und flimmert es.
nur läßt sie im ersten Akt zu wenig von der Nacht der
Und schielt ein wenig. Gemeint ist nämlich nicht das Erlebnis
Enttäuschung merken, aus der sie kommt. Rührend war
zweier Schwestern oder die Abenteuer Casanovas in Spa,
mir Frau Aknay, die dem Publikum zum Teil gefiel. Sie
sondern gedacht ist: Vor dem Prinzip des Männlichen oder
ist der Rolle durchaus nicht gewachsen, hat eine Höllenangst
in ihrer letzten Bereitschaft für die Empfängnis des andern
vor ihr, ist mit eisener Hand für sie gedrillt worden und
Geschlechtes sind alle Frauen in tiesster Seele Schwestern.
zittert vor Furcht, auch nur einen Finger anders zu halten,
Schwestern, eines Blutes also; im Tiefsten engstverwandt
als ihr vorgeschrieben wurde. Gutmütig wie ich nun einmal bin,
Jungfrau und Dirne, scheues Sorgenkind und freche Aben¬
habe ich Blut für sie geschwitzt. Gott sei Dank, es ging alles wie
teuerin vor ihrem eigenen Traum vom Mann, vor dem Don
am Schnürchen. Dafür wurde mir Herr Schott, von dem
Juan-Typus. Nun ist Schnitzler aber seit einiger Zeit im
ich viel halte, eine arge Enttäuschung. Er war trocken, ungelenk,
Banne der Casanova=Legenden. Im „Weiten Land“ fordert
unfroh des Spiels und flackernd im Tempo. Seine Sprach¬
der Alternde die Jugend noch vor die Pistole. Seitdem aber
technik verschlechtert sich, die Verse jagen und verwirren ihn.
hat der Dichter sich gewandelt, sein Trotz ist geschwunden,
Sehr gut war diesmal Herr Danegger als Glücksritter
er senkt den Degen grüßend vor der Jugend, saßt sie zärtlich
ohne Anmut, sehr nett in ihrem Röllchen Fräulein Marbergi
unterm Arm und will ihren Genuß genießen. Er renommiert
als Tänzerin, die sich ihren Casanova wieder holt. Für diesen
für sie, sicht für sie mit den Gespenstern, die sie so oft im
selbst hatte sich Treßler eine samose Maske zurecht¬
Liebesspiel erschrecken. Solch ein Gespenst ist die Treuesorderung,
gemacht und war tadellos: elegant, von geschnörkelter Wurm¬
diese Popanz, geflickt aus Besitzeswahn und Eitelkeit und
stichigkeit, ein drolliges Gemisch aus Riccaut und Cyrano.
Selbstsucht. Seit jeher liegt Schnitzler mit ihr im Kampf
Aber das Genialische fehlte, das Höllische, das Parsum der
und nie kommt er von ihr los. Immer will er, um ihr zu
Verruchtheit, der Zauber der Persönlichkeit, der Traum
entgehen, mit Don Juan Bruderschaft trinken. Nun ist er
Schnitzlers von Casanova, dem Großen, der das Leben aus
dabei an Casanova geraten und wirbt um dessen Freundschaft.
dem Stegreif lebt, Leben aus allen Quellen und Pfützen;
Aber der Glücksritter, Falschspieler und Gaukler, der Frauen
säuft, indem er es zu verachten scheint. Herr Treßler war
gewinnt, einsetzt, verliert wie geborgte Goldstücke am Pharao¬
H. Leoster.
hloß Cajanova in Spa.
tisch, lockt unseren Dichter nur vom Weg ab, auf dem er sein
Ziel sucht. Die beiden Titel dieses Versspiels schielen an¬
einander vorbei. Die Weisheit von der tiefsten Verschwisterung
aller Frauenhingabe wird eine „Lüge mit wahren Worten",
wenn sie statt Don Juan Casanova seinem beschnutzten Aben¬
teuer in Spa nachhinken läßt. Oder bin ich nur nicht reif
für die Einladung Casanovas in tiefster Seele sein Bruder
zu sein? Ich glaube, auch Andrea Bassi läßt sich am Ende
nur deshalb von ihm unter den Arm nehmen, damit das
Stück aus wird.
Ein Stück voll Leichtigkeit, Anmut und spielerischer
Kraft, federnd. Und doch zuweilen schleppend, müde und
stockend im Technischen. Eine wundervolle Lustspielszene ist
darin; wie die gefällige Flaminia erfährt, daß Casanova,
den sie glühend erwartet, sich zur Nachbarin verirrt hatte.
Hier meistert ein Künstler von kühnster Zierlichkeit ein edles
Instrument. Aber bald darauf schleppt die dreimalige Wieder¬