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27. Fink und Fliederbusch
Er ist etwas schwerfällig und ungelenk dazu, um
Der Reichsbote
Aber in der Hauptsache ist es ihm nicht gelungen, di
mit echter Komödienlaune und Verve über die
Figur seines Heldenso recht glaubhaft und lebendig zu
Abend-Ausgabe
Bühne zu eilen, und das hat auch der an sich ganz
machen. Sie würde auch nur genießbar gewor¬
netten Idee seines Stückes geschadet. Ihre schwer¬
den sein, wenn er sie in einem Einzelfall in der
Berlin
fällige, ungelenke Komik läßt dem Zuschauer zu
Ausübung eines genial übermütigen Streiches
viel Zeit, Betrachtungen über die Unwahrscheinlich¬
gezeigt hatte, aber so als Typ eines berufsmäßig
keit der Hauptfigur und ihrer Umwelt anzustellen,
gesmnungslosen Zeilenschreibers macht sie wirklich
1.
und das ist selten einem Lustspiel gut bekommen.
keine gute Figur als Hauptperson und Zentrum
Man merkt zu sehr die Absicht, daß hier etwas
eines Jonrnalistenstückes. Da tat ehedem Freitag
gewollt wird, was man nicht recht kann, und wird
richtiger daran, als er seinem Zeitungsschmok nicht
Arthur Schnitzlers Fink und.
darüber verstimmt, aber doch nicht so, daß gleich
die erste Rolle gab, sondern ihn bescheidener im
Zischen und Hausschlüssel die richtige Antwort auf
Himergrund hielt. Auch das Redaktions¬
Fliederbusch“.
den Mangel an echter sprühender Laune auf der
milieu ist Schnitzler nicht recht geglückt,
Szene wären.
Das Lessing=Theater gab am Freztag nun auch
da er auch hier zu wenig aus eigner
Im Mittelpunkt seiner Komödie steht ein Par¬
Berlin Gelegenheit, sich den neuen Schnißler, das
Anschauung und Erfahrung schuf und
lamentsberichterstatter Fliederbusch, der für ein
nach Hörensagen eine Reibe von Redaktionsmännern
heißt seine dreiaktige Komödie „Fink und
Fliederbusch“, anzusehen, abet es hatte damit
Oppositionsblatt, „Die Gegenwart“, schreibt, gleich¬
erfand, wie sie heute in Wirklichseit kaum möglich
zeitig aber auch in der konservativen Wochenschrift
kein besonderes Glück. Am Schluß hörte man
sein würden. Vor allem ist das Redaktionsbureau
„Die elegante Welt“ seine eigenen Artikel in der
sogar das üble Zischen, und ein Galeriebesucher
der „Gegenwart“ mit seinem Lärm=Betriebe wenig
übte sich dazu auf dem Hausschlüssel. So kräftige
Gegenwart“ angreift. Als er das einmal sehr
wahrscheinlich, was aber vielleicht gerade den Laien
scharf getan hat, hält der Redaktionsstab des einen
Aeußerungen des Mißfallens hört man bei
höchlichst amüsiert, der diese Unmöglichkeit für bare
Blattes nur ein Duell zwischen den vermeint¬
Premieren des sonst beliebten Wiener Dramatikers
Münze nimmt. Die Darstellung sorgte indefsen
lichen verschiedenen Schreibern der Artikel für den
gewöhnlich nicht, und sie sind auch diesem Stück
immer wieder dafür, daß nicht alles mißriet
richtigen Abschluß der Polemik, und so soll sich
gegenüber nicht berechtigt, obwohl es eine schwächliche
und auch da ein Schimmer von Lebenswahr¬
Flieder#usch mit Fink, seinem publizistischen Gegner,
und dem Verfasser nur halb gelungene Arveit 1n
scheinlichkeit erhalten blieb, wo sie der Ein¬
in Wahrheit aber mit sich selbst, schießen. Es
Nur von der Satire und Tendenz des Stuckes
geweihte vermißte. Die beste Figur war noch
kommt auch zum Duell, aber der Gegner bleibt
getroffenen Journalisten könnten zu solcher Ab¬
der hochadlige Zeitungsgründer, der Graf des
aus, und Fliederbusch muß nun vor versammeltem
lehnung gereizt werden, aber sie werden sich wohl
Hrn. Bonn, in ihrer weltmännischen Laune und
Redaktionsstabe verlegen eingestehen, daß er gleich¬
hüten und sich lieber still von dannen schleichen,
Jovialität. Bassermann wollte als Titelbeld
zeitig auch Fink sei, worauf die Chefredakteure der
nicht recht überzeugen trotz aller Jungenhaftigkeit
um sich mit ihrer Opposition nicht in den Ver¬
beiden Blätter sich förmlich überbieten, die Mit¬
dacht solch bösen Gewissens und Gewerbes zu
und Dummtnerei, mit der er seinen Fliederbusch
arbeit eines so schlagfertigen Journalzsten ihrem
bringen. Schnitzler geißelt nämlich in seinem
ausstattete. Curt Götz erschien als Reporter
Stück die journalistische Gesinnungslosigkeit ge¬
Unternehmen zu sichern, das ist das Gerippe
Capetan reichlich übertrieben und gemacht. In
wisser Leute, die heute links und morgen rechts
des Stückes und seiner Handlung. Es fehlt um
den Redakteurrollen bemühten sich die Herren
schreiben, ja er mokiert sich als Jude sogar selbst
das rechte Fleisch darum, und man sieht es
Wallauer, Landa, John, Licho und
daher zu oft und stark das Knochengerüst unter
über gewisse Spezialitäten der jüdischen Zeitungs¬
Schroth nach besten Kräften Typen zu geben,
welt. Aber es geschieht leider mit unzureichen¬
der dürftigen humoristischen Bekleidung hervor¬
und Ilka Grüning markierte sein und diskret
den komischen Kräften. Er ist nicht der
lugen. Einige Einfälle sind ganz hübsch, wenn
eine Fürstin, die ällerdings kaum in das Stück
Mann des schlagenden Witzes und vor
auch nicht gerade die Belehrung, die ein Graf
hinempaßte. Bei der Beliebtheit Schnitzlers fehlte
Niederhof, der Gründer der neuen Zeitschrift, „Der
allem der echten Lustspiel= und Schwankausgelassen¬
es natürlich nicht an aufmunterndem Beifall, un
heit, die auf der Bühne in übermütigem Tempo
Fliederbusch“ sich schließlich widmen will, überj mentlich für die Darsteller. Der Dichter selbst
dahintollt und im Gedränge ihrer Situationskomik] Wesen und Wert der „Ueberzeugung“ etwa in der¬
blieb der Aufführung fern, und er tat gut daran.
auch den Zuschauer kaum zu Atem kommen läßt. Weise des Sudermannschen Grafen Traft erteil.
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