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26.1. Konoedie der Norte—Zyklis
Dr. Max Goldschmidt
Bureau für Zeitungsausschnitte
BERLIN N. 4
Telefon: Norden 3051.
Ausschnitt aus: National-Zeitung, Berlin
26 U

en ne ue er er ee e
mit dem, den sie liebte, sondern mit einem anderen, einem Zu= ist nichts als ein einziges tön
fälligen, den sie längst schon aus dem Herzen getilgt hat, so wie greift, erfaßt sie der Ekel, der
Feuilleion.
Frauen ihre Männer erkennen
auch ihre Schuld, über die zehnjährige eheliche Freundschaft ge¬
Stürmt er doch im Hamleisko
wuchert ist. Aber dem Doktor Karl Eckold, der den Ingrimm
zimmer und trägt sie, ehe di
eines wissenden Hahnrei zehn Jahre unterdrückte, beliebt es, mit
Schnißler-Abend im Lessing-Theater.
Armen in das Theater, weil e
einem Male abzurechnen. Solange die Tochter im Hause war,
„Komödie der Worie.“ — Drei Einakter.
der Loge sitzt. Solchen Argum
sollte der Skandal vermieden werden, jetzt, wo sie geheiratet hat,
lich nicht standzuhalten.
dünkt ihm längeres Zusammenleben unmoralisch. Und der Gatte
Der einunddreißigjährige Schnitzler schrieb die Geschichte
Dem Schriftsteller Felix
enthüllt sich. Er macht reinen Tisch, spricht frei von der Leber,
Anatols, dieses etwa gleichaltrigen jungen Mannes, des Lebens¬
werden. Von einem jungen
was er all die Jahre bei sich getragen hat, demütigt die Frau,
künstlers und Woctkomödianten. Inzwischen sind die Jahre sei¬
keit in die Tasche steckt. Und
bekennt sich brutal zu seinem Ich: Nicht, daß du mich hinter¬
ner Helden, zugleich mit denen des Dichters, gestiegen, aber die
benden erwarten den Ehemar
gangen, vermag ich nicht zu verzeihen, sondern, daß du mich ge¬
Helden sind alle irgendwie solche Anatols geblieben, Leute, die des
Tiroler Gebirgsstation, sie
rade mit ihm betrogen hast, mit dem Professor Ormin, meinem
Daseins Stürme in ein Wasserglas zu bannen verstehen, mit
einigen. Er kommt und wei
Nebenbuhler, der es „weiter im Leben brachte“ den ich beneidete.
Worten sich Brücken über Schmerzensabgründe bauen und niemals
legenheit spielen und gewinn
Dort ist die Türe! Es gibt Gattenrechte, die sich nicht verjähren.
ihre elegante, besonnene Haltung verlieren. Arthur Schnitzler hat
vollenbeten Drama „Das Ba#
— Sie aber lehnt sich auf gegen diesen Ueberfall, revoltiert gegen
keine Tragödien zu vergeben. Denn jegliche Leidenschaft biegt für
besiehen, er wird abgefertigt u
seine lange Schweigsamkeit, revoltiert, daß er sie insgeheim in der
ihn, lange ehe sie den Höhepunkt erreicht, in den Weg de. Ironie,
glück verkleistert ein milder
Hand gehalten und mit ihr sein Spiel getrieben hat. Man sagt
des Selbstzweifels und der Blasiertheit ein, er kennt nur wohl¬
Kein Zweifel, daß Arthu
einander ungetünchte Wahrheiten, wühlt den Schlamm einer alten
erzogene und wohlhabende Menschen mit einwandfreien Bügel¬
tiker ist; man hat dies schon zu
Ehe auf. Er triumphiert, scheinbar als der Stärkere. Doch nicht
falten, denen es ihre guten Manieren verbieten, ungestüm zu wer¬
Seine Dialoge sind witzig oder
bis zum Schluß, denn sein Verdacht war falsch, vom wirklichen
den und die viel zu gescheit find, als daß sie mit überlauter
je nachham. Man #amt von
Dieb seiner Gattenehre ahnt er nichts, und die Hörner bleiben ihm,
Stimme gegen das Schicksal haderten. Ihr Blut kennt keine
verlangen mag. Es sind Wer
zugleich mit dem Fluch der Lächerlichkeit vor der eigenen Frau.
Siedehitze und keine Eiseskälte, es gerät schlimmstenfalls in
heiten, die es verdienen, nach
Im Widerwillen ver seinem entlarvten Gesicht, geht sie. Nicht weil
mäßige Wallungen, das ist der Punkt, über den sonst kein Mann
Brillantfeuerwerk von Worten
sie müßte, beinahe wäre sie geblieben, fast hätte er verziehen. Die
hinwegkommt — die Enkel Anatols sind darüber mit mehr oder
leichtem, diskretem Knall ex
Kluft zwischen den Zweien ist gar keine Kluft, nur ein erträglich
minder gewandter Sprungkraft hinweggehüpft. Denn wärc es nicht
Flammenräder, die sich drehen,
breiter Graben, über den man unschwer hinüber konnte. Jeboch
töricht und auch ein wenig lächerlich, vor dieser Grenze haltzu¬
sichtbaren Inschriften, die ma
der Dichter will es anders: Er nimmt einen Anlauf dazu, stark
machen? Es brächte das Herz aus dem Gleichgewicht, und es er¬
sind da, wirklich viele Gedank
zu sein. Er wird nur gewalttätig.
gäben sich grausame, vielleicht sogar schmutzige Verwicklungen,
danken nicht inhaltsvoll sein, in
Die „Große Szene", die Schauspieler Konrad Herbot seiner
gewiß aber gerieten Seele und Leib in Unordnung. Gute
damals beklemmend frühreif
Frau vorspielt, ist auch eine Stunde des Erkennens. Sie erkennt
Bürger bleiben sie alle, alle. Man verliert nicht den Atem, wenn
sprochen, also ein Menschenleb
die Theaterseele dieses Kulissenreißers, erkennt, daß er ein
er nur etwas perfümiert ist, und man stürzt sich eben nicht vom
Die Darstellung: Es
Komödiant ist auch vor ihr. Unbeschwert von Gewissensskrupeln,
Salonfenster auf die Straße. So kann es geschehen, daß ein
gibt den Arzt, den Schauspie
hat er sie betrogen, mit gleicher Leichtigkeit macht er ihr seine
Dichter beinahe ein Vierteljahrhundert lang in den Tiefen der
mit allen Infamien eines tück
Schuldgeständnisse, und ohne größere Beschwernis düpiert er den
Menschlichkeiten schürft und doch nur abgerundete, zerbrechliche
Assyrerbart reizt. Den Zwe
Verlobten jenes jungen Mädchens, das ihm den Sommerurlaub
Gefühlchen ans Tageslicht gefördert hat, Abkläricht und immer
Hohlkopf und, in sich verliebte
versüßte. Künstlertum und Ehe, Liebe und Ehre, Wahrheit und
wiederum Abkläricht. Nun, auch auf Lackschuhen kommt man in
gereiften Lebenskünstler mit
Lüge — dies alles sieht er nur im Rampenlicht, jedes soiner
die Literatur.
übrigen spielt er, wie alle Gro
Worte trägt Schminke, und in dem großen Helden sieckt nur ein
Die drei Einakter vom Sonnabend sind Variationen über das¬
ganz gewöhnliches kleines Luder. Das Leben besteht für ihn sich selbst, und dies ist am be
selbe Thema: die Stunde des Erkennens. Frau Klara Eckold hat
ihren Gatten, den Arzt, einmal, vor Jahren, hintergangen. Nicht aus Szenen mit guten Auftritten und vorteilhaften Abgängen. Er und sehr lebendig, Theodor L