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das Wacchnosen“, in dem der Schristneter gellz Stausner
sein junges Weibchen, das nicht übel Lust hat, ihm durch die
Lappen zu gehen, wieder einfängt und den Nebenbuhler siegreich
aus dem Felde schlägt. In der Bahnhofshalle einer öster¬
reichischen Gebirgsstadt (man hat an Salzburg zu denken) harrt
Frau Agnes Staufner mit ihrem Verehrer, Dr. Guido Wernig,
des Gatten, um ihm seine Absetzung als Ehemann zu verkünden.
Es ist nun sehr unterhaltend, wie der letztere die große feierliche
Erklärung des präsumptiven Nachfolgers durch das unbeirrbare
Festhalten an banalen Gesprächsthemen unmöglich macht, durch
die Belehrung über den Charakter und die Bedeutung des an¬
Tasschnitt aus:
tiken Baechusfestes, schließlich den beiden die Folgenschwere ihres
Vorhabens zum Bewußtsein bringt und den enttäuschten, vor
vom: 2# ## Ei bslauer Költnen
den Augen der geliebten Frau seines Nimbus entkleideten Lieb¬
haber zum Abzuge zwingt. Dann macht sich die zurückgehaltene
—Breslauer Cheater.
Erregung des siegreichen Ehemannes gegen das flatterhafte
Wa. Lobetheater. „Die Kowödie der Worle##
Weibchen in dem Ausbruche Luft: „Ich hasse Dich!“ und Frau
Eistakter von Arthur Schnitzl Während auf
lgnes erwidert: „Und ich Dich noch tausendmal mehr —— mein
großen Weltbühne die Völker die zermalmende und erhel
Feliebter!“ Das Stücklein ist lustig genug; nur scheint uns dies
[Tragödie der Tat aufführen, nimmt der Dichter, der sic
hänschen von Weib für den Aufwand von Geist und Seelen¬
Archimedes durch Mars seine Kreise nicht stören lassen wil
kraft, den der Gatte für ihre Wiedereroberung macht, doch zu
die „Komödie der Worte“ unser Interesse in Anst
unbedeutend, und der Sieg über einen so hilflosen Gegner wie
Der drei Einakter zusammenfassende Titel verrät, daß der Auatö,
diesen Dr. Wernig nicht allzu ruhmreich.
dichter, unberührt von dem Hauche der umwälzenden Zeit, die
Das Beste — wenn man die Bühnenwirkung im Auge hat.—
uns neuen Glauben, neue Zuversicht, neue Gewißheiten
ist das Mittelstück: die Komödiantenkomödie: „Große Szense“:
Ziele beschert hat und von uns fordert, nach wie vor mit ##
die ethisch freilich die unerquicklichste ist. Dieser geniale Schau¬
halb ironisch=heiteren, halb melancholisch=resignierten Skepfis ins
spieler Herbot, der die Braut eines jungen Mannes entführt,
menschliche Getriebe blickt, in dem sich ihm Schein und Wesen,
Wirklichkeit und Spiel trügerisch durcheinanderwirren. „Das diesem dann eine raffinierte Komödie vorspielt, in der er durch
halbe Zugeständnisse, halbe Wahrheiten seiner Lüge zum Triumph
war gerade das Köstliche“ — läßt er den Schauspieler Herbot in
verhilft, ist mit all seiner Gemeinheit, die hier als die naive
der „Großen Szene“ sagen — „wie es durcheinander gemengi
Lebensäußerung des bekannten „großen Kindes“, jedem mora¬
war, das Wahre und das Falsche. Dadurch wurde es absolut
lischen Urteil entrückt wird, uns noch erträglicher, als diese Frau,
wahrscheinlich.“ Und diese Durcheinandermengung des Wahren
die, höher geartet, in voller und qualvoll gefühlter Erkenntnis
und des Falschen, des Echten und Gemachten in allen Aus¬
des menschlichen Unwertes des Gatten, sich mit dem Niebrigen
strahlungen unseres Gefühlslebens, insbesondere in dem Ver¬
abfindet und, weniger stark als die Gattin des großen Künstlers
hältnis von Mann zu Weib, ist das, was der Dichter=Psycholog
Schnitzler so reizvoll findet, was ihn schöpferisch anregt. Was und Kindes Amadens im „Zwischenspiel“, die unter weniger
ist Wahrheit in uns? fragt er; um bei der alten Weisheit, die er zwingenden Umständen den Weg Noras wählt, sich zum Bleiben
einst kündete: „Wir spielen alle — wer es weiß, ist klug“, stehen jentschließt. Aber freilich: die hier in buntestem, reichsten Feuer¬
zu bleiben. Und wenn er aus dem Dichter der Liebeleien der werk sprühende Laune Schnitzlers, die köstlichen Gestalten, zie er
Psychologe der modernen Ehe geworden ist, so hat er jedenfalls lin dem Helden und einem Theaterdirektor mit glänzender Ueber¬
mit seiner „Komödie der Worte“, in der mit der Unerqnicklichkeit [legenheit gezeichnet hat, sichern dieser Komödie eine Wirkung, die
der Lebenswahrheit und der künstlichen Konstruktion keine Be=sihr eine dauernde Heimstätte auf der Bühne verheißt. Sie hatte
friedigung unserer ethischen Forderung, sondern höchstens der denn auch den stärksten Erfolg, zu dem die ausgezeichnete Ver¬
feine Witz und der reiche Geist des Dichters versöhnen, keinen [körperung des Schauspielers Herbot durch Herrn Rotmuneb das
Schritt über sein „Zwischenspiel“ hinaus getan. Im Gegenteil! Imeiste beitrug, der es tatsächlich verstand, der kläglichen Ver¬
Die brüchig gewordene Ehe ist wie dort, so auch in den drei Ein=logenheit und Erbärmlichkeit des Mimen die entwaffnende Un¬
aktern der morsche Boden, aus dem der Dichter die Konfliktelschuld des Kindes, das nicht versteht, was es tut, und die Un¬
seiner Dramen herauswachsen läßt, — Konflikte, die er nicht in lwiderstehlichkeit einer frischen Herzlichkeit zu geben. Nach dem
Wiener und Berliner Beispiel hatte er auch — wozu im Gründe
volle Harmonie aufzulösen weiß, nicht durch einen, die letzten
Konsequenzen ziehenden, den Forderungen einer höheren Sitt=lkeine innere Notwendigkeit vorliegt — die Ehemänner der beiden
anderen Einakter zu spielen, und bewies auch als Arzt und
lichkeit und Gerechtigkeit genügenden tragischen Schluß zu einem
innerlich befreienden Ausklang bringt. Nach all den fein, ge=Schriftsteller eine bewundernswerte innere (wenn auch nicht
würzten Genüssen, mit denen der Dichter unsern geistigen Gau=säußere) Wandlungsfähigkeit. Nicht allzu glücklich in der Maske,
war er um so eindrucksvoller in der seelischen Zeichnung des
men litzelt, bleibt ein bitterer Geschmack auf unserer Zunge
frächenden Gatten; und auch für die von dem niedergehaltenen
zurück.
Groll durchbebte Ueberlegenheit des siegreichen Ehemanntes des
Ein Kompromiß, die resiquierte Unterwerfung unter das Er¬
„Bachusfestes“ brachte er die Ueberzeugungskraft des Tons und
bärmliche, ist der Weisheit letzter Schluß, — die Rebellion der
beleidigten höheren Moral endet mit der achselzuckenden Er=[der Haltung auf. Für die drei Frauen hatte man in Frl. Carla
Holm, die als Gattin des Arztes ihre Fähigkeit, verwickelt¬
gebung in das Gewöhnliche: „So ist das Leben!“ Das ist vor
Seelenzustände glaubhaft zu veranschaulichen, wieder erfreulich
allem der Ausklang des wirksamsten und unterhaltendsten
Stückes des Einakter=Trios, der die gewichtige Mitte bilden=soffenbarte, in Frl. Hilde Wall, die als Sophie Herbot die Qual
den „Großen Szene“. Zwar in einem Falle geht Schnitzler mit lder Enttäuschten, die sich von dem Unwürdigen nicht losreißen
skandinavischer Unerbittlichkeit gerade aus bis an ein Ende, das lkann, ergreifend zum Ausdruck brachte, und von Frl. Käthe
nicht zum faulen Anfang sich zurückwendet. In der „StundelHabel=Reimers, als oberflächliche Schriftstellersgattin vor¬
[des Erkennens“ kommt es nicht zum Biegen, sondern zum ltreffliche Vertreterinnen. Von den übeigen Mitwirkenden
sind noch zu nennen Herr Knaack, der als Theater¬
Brechen. Aber das Ende ist hier kein Gericht, das Schuld und
Strafe abwägt, das mit der späten Vergeltung für lang ver¬
direktor wie als Bahnhofsportier von prächtiger Echtheit war,
jährte Verfehlung unser Gerechtigkeitsgefühl befriedigt. Dieser
Herr Reinecke, der den Professor Dr. Ormin mit Feinheit
Doktor Eckold, der die Kenntnis von seiner gekränkten Gatten¬
zeichnete, ohne ihm doch das volle Gewicht der bezwingenden
ehre zehn Jahre als Geheimnis hütet, um dann, als die heran¬
Ausnahmenatur geben zu können, Herr von Wolzogen, der
gewachsene Tochter aus dem elterlichen Hause in ein eigenes
sich mit der traurigen Figur des düpierten Bräntigams mit An¬
Heim übergesiedelt ist, mit der Lebensgefährtin, die in jakre=stand abfand, und Herr Gorter, der den Dr. Wernig mit wirk¬
langer Liebe und Treue ihre in einer Periode der ehelichen at=ssamer Komik charakterisierte, aber nicht gerade die Qualitäten
fremdung begangene Abirrung gesühnt zu haben glaubt, a
U=eines glaubhaften Konkurrenten des Schriftstellers Staufner
er
rechnen und sie aus dem Hause zu treiben, erscheint uns wer
auswies. Der Beifall des erfreulich zahlreichen Publikums, dem
ar
als strenger Richter, denn als fühlloser Henker. Rache ist;
namentlich die „Große Szene“ sehr viel Vergnügen bereitete,
bekanntlich ein Gericht, das kalt genossen werden soll; aber au war so lebhaft, daß man der „Komödie der Worte“, wohl einen
nachhaltigen Erfolg prophezeien darf.
*) Buchausgabe bei S. Fischer, Berlin.