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26. 1. Kongedie der WorieZyklus
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf Inserate.
Liefert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffnungen.
Festlichkeiten usw.
Deutsche Tages=Zeitung
Morgenausgabe — Beelin SW. 11
Ausschnitt aus der Nmmer vam
MAl 12.
Schnitzler: „Komödie der Worte“.
(Kammerspiele. — Bassermann.)
Es sind wirklich nur Worte, leere, nichtssagende Worte, die
die Geduld auf eine harte Probe stellen. Worte, wenn der reich¬
lich spießig gewordene Arzt sich mit seiner Frau über den Wert
der von ihnen beiden nicht ganz einwandfrei gehandhabten ehe¬
lichen Treze kunterhält. Worte, wenn der naiv=gerissene Komö¬
diant die Grohe Szene seiner eigenen Feigheit spielt. Worte end¬
lich, weus der „große“ Schriftsteller seine übrigens recht dürftige
und anlgreiftare Idee des Bacchusfestes deklamiert und damit
noch dürftiger die plötzlich wieder flür ihr aufflackernde Liebe
seiner Frau motiviert. Ein Ragout aus Sinnenkult und reichlich
laxer Moral, dazu übergossen mit einer faden Brühe von Senti¬
mentalität. Am besten noch die Szene des Schauspielers. Sie
steht dem innersten Wesen des Dichters am nächsten, und in ihr
zeigt er sogar einen gewissen überlegenen Spott. Aber sehr viel
amüsanter finde ich die sehr ähnliche Idee im Bahrschen „Kon¬
zert“. Dort fehlt wenigstens das weinerliche Getue der „tragisch
empörten“ und doch wieder verzeihenden Künstlersgattin.
Aber Arzt, Schauspieler und Schriftsteller spielt Basser¬
mann. Und ihm gehört der Abend. Am stärksten in seiner
frivolen, aber timiden Burschikosität als Komödiant. Wie er sich
da selbst die „große Szene“ vorspielt, sie gleichsam auskostet, bis
die tatsächlichen Geschehnisse hinter Nebeln verschwanden.
das ist schlechthin grandios. Sehr fein auch die mit Explosiv=
stoff gefüllte ängstliche Nervosität des Schriftstellers. Dagegen
machte er nach meinem Geschmack als Arzt am Schlusse zu visl
dramatische Mätzchen. Schließlich soll doch in Dr. Eckold der
spießige Hang zur Gleichgültigkeit gegenüber seelischen Exalta¬
tionen siegen. Gerade darum ist ja seine Hinterhältigkeit so ge¬
mein. Die Regie Paul Bildts sorgie für wohltuende Ab¬
dämpfung. Unter den Nebenspielern fielen Else Basser¬
mann, Paul Bildt und Sigmund Nunberg angenehm
Aber war es wirklich nötig, um der Bassermannschen Bomben¬
rolle willen den Geist Schnitzlers zu beschwören? Und heute im
„Deutschen Theater“ schon wieder Schnitzler!
E. M.
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf Inserate.
Liefert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffnungen.
Festlichkeiten usw.
Berliner Börsen=Zeitung
Abendausgabe — Berlin W. 6
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 - MA 124
Bassermann in den Kammerspielen.
Schnitzlers „Komödie der Worte“.
Mehr denn je scheint Bassermann bei seinem jetzige
Auftreten den Beweis führen zu wollen, daß die Bühn
dem Schauspieler gehöre. Drum die Wahl von Strindberg
„Wetterleuchten“, das fast eine Solgsolle ist; drum vorden
und nunmehr Einakterabende. Pordem Saltens „Von
andern Ufer“; nunmehr Schnitzlexs „Komödie der Worte
An solchem Einakterabend kann der Schauspieler viel
fach schillern, geschmeidig in ein paar Häute schlüpfen, di
verschiedensten Register ziehen, bald Tragik markieren, bal
chsgelassen tolle#— kurz; sich komödiantisch austoben
Msein Temperämen von Ueberschüssigem befreien. Von de
in die stilisierende Richtung geratenen jüngeren Schau
spielern wird man sich kaum einen als Trager eines solche
bunten Abends denken können. Von anderem abgesehen
fehlt ihnen dazu, glaube ich, der innerste komödiantisch
Trieb, die naive Spielfreudigkeit, die jauchzende Lust, sic
mit ein paar jähen Sprüngen in die Vielfältigkeit vo
Charakteren hineinzusturzen, im Handumdrehen sich
irgend ein paar besondere Gestalten zu verwandeln, dichte
rische Skizzenhaftigkeit aus eigener schöpferischer Macht
vollkommenheit zu runder, plastischer Menschlichkeit auszu
bauen.
Einst nannte man Matkowsky den letzten, in diesen
Sinne spielfrohen Komödianten; mir scheint, der heutige
Generation dürfte als solcher Bassermann erscheinen, der
je älter er wird und je mehr er der Seßhaftigkeit entsag
immer spielfreudiger wird und eine schier dionysische Lu
zu empfinden scheint, in raschem Wechsel an mannigfaltige
Charakteren das Faszinierende, Anschmiegsame, Geistreich
seiner Darstellungskunst zu erweisen und durch alle Maske
doch die Zuge seiner eigenen starken Persönlichkeit hindurch
schimmern zu lassen.
Er müßte kein Komödiant von echtem Schrot und Kor
sein, wenn ihn nicht die „Große Szene“, die im Grund
jeder Einakter ist, besonders lockte. Der also betitelt
mittlere Einakter in der „Komödie der Worte“ stellt i
virtuoser Vollendung den Inbegriff dieses schauspielerische
Ideals dar. Ein Schauspieler, dem auch jedes persönlichst
Erlebnis gleichsam nur das Stichwort für eine „groß
Szene“ gibt. Und wenn ihm der Bräutigam des Mädchen
gegenübertritt, mit dem er etwas gehabt, dann kommt
nicht zu irgendeiner tätlichen Entscheidung, vielmehr z
einer — „Komödie der Worte“, zu einer Komödie vo
Worten, die ein unvergleichliches Gemisch darstellen vo
Echtem und Falschem, Lüge und Wahrheit, Naivetät un
Raffinement, Ethik und Frivolität, Komödiantischem un
Menschlichem. Wobei der, der glaubte, Rechenschaft forder
zu können, durchaus in den Hintergrund gedrängt, zu
Passivität verurteilt, zum allerbescheidensten Gegenspiele
degradiert wird. Nie hat ein Schauspieler dieses Typisch
der Schauspieler=Psyche geistvoller erfaßt, mit genialer
Ironie, mit lustigerer Persiflage dargestellt als Bassermani
Wie diese unendliche Fülle von Zwischen= und Untertöne
in der angedeuteten Mischung sich zusammenwob, das erga
oder ersetzte ein ganzes Kompendium über die besonder
seelische Fundierung des schauspielerischen Schaffens un
überhaupt des schauspielerischen Wesens. Die im beste
Sinne virkuosische und wahrhaft grandiose Leistung versetz
denn auch das Publikum in einen wahren Begeistung
taumel, der Bassermann zahllose Male an die Rampe rie
Auftakt und Abgesang sind gedämpfter. Der Arzt, de
in der „Stunde des Erkennens“ die Frau in der
Wahn beläßt, sie habe einmal dem angehört, auf den
immer voll Neid geblickt, während sie einem Stiefkind de
Glücks ein paar helle Stunden geschenkt, ist zu sehr zu
Passivität verurteilt, als daß er festere Konturen