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25. Professea
vom:
cHamburger Verrespandem
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Kleines Feuilleton.
seinen Feinden abrechnen zu wollen. Aber im Gefängnis be¬
sinnt er sich eines anderen: er lehnt jede Versuchung ab, in die
politische Arena zu treten. Er will selbst von einer Wieder¬
Drofellor Bernbardi.
aufnahme seines Prozesses nichts wissen. Auch daß die Kran¬
Erst=Aufführung im Deutschen Schauspielhaus.
kenschwester, von Reue ergriffen, sich selbst des Meineids be¬
eichtigt, ändert an seinem Vorsatz nichts mehr. Er will seinem
Nun haben wir auch Arthur=Sch#lers neue Ko¬
Beruf leben und weiter nichts. —
mödie Professor Bernhar##vmmn Das
Der Versuch, den ich hiermit gemacht habe, den Gang der
Stück ist schon darum interessant, weil der Dichter des Anatol,
Handlung zu skizzieren, trifft vermutlich nicht in allen Punkten
der Liebelei und des Reigen darin von Erotik überhaupt nicht
Schn
redet, weil es, von der Episodenfigur einer Krankenpflegerin
das Richtige. Das liegt aber daran, daß bei Schnitzler manches
unklar geblieben oder absichtlich unklar gelassen ist. Nach dem
abgesehen, nur Männer auf die Bühne bringt, weil in ihm
ersten, glänzend aufgebauten Akt, der den Dichter als Vollblut¬
der Versuch gemacht wird, Weltanschauungsfragen und moderne
politische Fragen dramatisch zu behandeln.
Dramatiker zeigt, erwartet man, daß in dem Stück der Kampf
zweier Welt=Anschauungen ausgetragen wird. Oder besser ge¬
Der Titelheld ist Direktor des Elisabethinums, eines großen
sagt, der Kampf zweier Glauben: des Jenseits=Glaubens und
Wiener Krankenhauses. Er verweigert dem von einer Kran¬
des Diesseits=Glaubens. Schnitzler irrt, wenn er von einem
kenpflegerin gerufenen Pfarrer den Zutritt zu einer im Sterben
Konflikt zwischen zwei Berufen, dem ärztlichen und dem
liegenden jungen Kranken, weil er sie im Zustand der Euphorie,
priesterlichen spricht. Wenn er auch immer wieder betonen läßt,
eines Glücksgefühls, das sich bei gewissen Krankheiten kurz vor
jeder Arzt würde im gleichenFall genau wie Bernhardi handeln:
dem Tod einstellt, aus dem Leben hinausdämmern lassen
tatsächlich würde das nicht jeder Arzt tun. Sondern günstigsten¬
möchte. Der Pfarrer erklärt es für seine Pflicht, der armen
falls jeder Arzt, der glaubt daß mit dem Tod unser indivi¬
Sünderin vor dem Tod die letzten Tröstungen der Religion zu
duelles Leben zu Ende ist. Der christlich gläubige Arzt, insbe¬
bringen. Professor Bernhardi besteht auf seiner Weigerung.
sondere der katholisch gläubige Arzt wird es im Gegenteil für
Indem er den Priester zurückhalten will, legt er ihm die Hand
seine Pflicht halten, dafür zu sorgen, daß der Kranke nicht
auf die Schulter. In diesem Augenblick tritt der Assistenzarzt
ohne „die letzten Tröstungen seiner Religion“ ins Jenseits
aus dem Krankensaal und meldet den Tod der Patientin. Der
eingeht.
Pfarrer geht. Die Kollegen Bernhardis, die den Zusammenstoß
mit ansahen, geben dem Professor zu verstehen, daß sein Auf¬
Der Konflikt, auf dem Schnitzler sein Stück aufbaut, ist
treten vielleicht zu scharf war, jedenfalls für das Institut üble
also tatsächlich kein Berufskonflikt, sondern ein Weltanschauungs¬
Folen haben könne.
konflikt. Eine Versöhnung der beiden Anschauungen ist nicht
##7 Das ist der erste Akt des Stückes. Er stellt klar und sicher
möglich: das Stück könnte, wenn die im ersten Akt eingeschla¬
Pei Weltanschauungen gegen einander und läßt sie in einem
gene Richtung festgehalten würde, nur tragischem Ende zuge¬
kesonderen Fall scharf zusammenstoßen. Wir sind gespannt, wie
führt werden. Da es im heutigen Oesterreich spielt, wo die
dieser Konflikt weiter geführt werden wird, wie Priester und
Klerikalen das Heft in der Hand haben, würde Bernhardi
Arzt den begonnenen Kampf ausfechten werden. Aber Schnitz¬
wirtschaftlich zu Grunde gerichtet werden, ethisch genommen;
ler verläßt den hier eingeschlagenen Weg und baut die folgen¬
aber triumphieren. Spielte das Stück im heutigen Frankreich,
den Akte auf einem neuen Motiv auf: der Fall Bernhardi ge¬
so würde umgekehrt der Pfarrer wirtschaftlich zu Grunde ge¬
richtet werden und ethisch triumphieren.
rät den Politikern in die Hände. Die Antisemiten meinen aus
ihm Kapital schlagen zu können, denn Bernhardi ist Jude. Er
Den hier angedeuteten Weg geht Schnitzler aber nicht. Er
glaubt zwar anfänglich nicht, daß man ihn zum Opfer politi¬
müßte dann nämlich in dem Sinn zu dem Problem Stellung
schen Zwists machen werde, weil er in seinem Beruf seiner
nehmen, daß er einem der beiden Gegenspieler bedingungslos
Ueberzeugung folgte. Aber er muß es fühlen.
Recht, dem andern ebenso bedingungslos Unrecht gäbe. Das
Man bietet ihm zunächst einen Kompromiß an. Für den frei
wäre für einen Dramatiker früherer Zeit auch selbstverständlich
werdenden Posten einesAbteilungschefs am Elisabethinum stehen
gewesen. Heutzutage ist es das nicht mehr. Wer sich konsequent
zwei Kandidaten zur Wahl, ein Jude und ein Antisemit.
Ent¬
auf den Boden der Entwicklungs=Theorie stellt, der kann von
scheidet sich Bernhardi für letzteren, so will man ihn in Ruhe
Recht und Unrecht im höheren Sinn nicht mehr sprechen: für
lassen andernfalls soll er im Parlament angegriffen werden.
den gibt es nur Entwicklungs=Stadien. Für den stehen auch
Er lehnt diesen Kuhhandel ab und glaubt dabei den Minister
Bernhardi und der Pfarrer nur auf verschiedenen Entwick¬
auf seiner Seite zu haben. Alsbald interpellieren die Anti¬
lungspunkten und jeder von beiden hat auf dem Punkt, auf
semiten im Parlament und der Minister liefert, um seinen
dem er steht, in seinem Sinn Recht. Wir kommen um diese
Sessel zu behaupten, den Professor dem Staatsanwalt aus.
Tatsache nicht herum: ein Drama im alten Sinn ist auf der
Ein streberischer Medizin=Kandibat und eine hysterische Kran¬
Basis der entwicklungsgläubigen Weltanschauung nicht mehr
kenschwester beeiden in der Verhandlung, Bernhardi habe den
möglich. Wie das die Werke Gerhart Hauptmanns in ihrer
Pfarrer gewaltsam zurückgestoßen. Obwohl der Pfarrer selbst
Folge immer deutlicher zeigen, so zeigt es auch Schnitzler. Bei
das Gegenteil beeidet wird Bernhardt wegen Reliaionsstörung à ihm, wie bei Lauptmann tritt anstelle des Dramas der Lebens¬
mit zwei Monaten Gefängnis bestraft.
(Ausschnitt.
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