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25 Professor Bernhardi
–-. ovscee. ——
zu sieben Millionen Hektar liegt, die von dem Gro߬
starker Mann mögen uns besonders
besitz landwirtschaftlich genutzt werden und zur Sied¬
ten weisen Beschränkung bewahren.
lung geeignet erscheinen. Nach dem, abgesehen von
zverwaltung widerstreben, so würde
radikalen Reformern, allgemein als richtig anerkann¬
stürmischer Unwille sie überwinden;
ten Gesichtspunkt einer notwendigen Erhaltung des
scheint, .. um uns das ergreifende Schauspiel vor¬
fessor Bernhardi.“,
zuführen, wie auch heute noch immer Uriel Acosta,
ödie von Artur Schnitzler. 7%%
Vorkämpfer des reinen Wissens und edlerer Humanität,
hingeschlachtet wird am Altar dumpf=germanischen
rung im Kleinen Theater.—
Glaubens und dogmatisch=zelotischen Fühlens.
ldenkt man wohl, wie kommt Artur
Aber nein! Es ist wirklich nur eine Komödie, die uns
ter die Propheten. Was will Schnitzler
Schnitzler witzig, launig und unterhaltend vorplaudert,
Zinnen der Parteien, und woher
und in den beiden letzte: Akten vor allem ist er ganz Er
ich auf einmal Prinzipien und Über¬
geworden, und denkt gar nicht daran, uns für heilige
das viel zu viel G'fühl? Und die
Märtyrer zu begeistern. Und Professor Bernhardi re¬
präsentiert gerade die Umwandlung von tragischen
Staunen gleitet das Auge über den
Glaubenshelden, von Giordano Brunos, Galileis,
chts als Professoren und Doktoren,
Acostas und Stockmanns in Lustspielfiguren. Ja, frei¬
ter Individuen masculini generis?
lich, damals im Mittelalter hätte man ihn vielleicht so¬
Wo ist Fanny? Hängt kein süßes
gar um seines Frevels willen, daß ihn die Erde wichtiger
Arthurs? Das ist doch nicht Er?
dünkt als der Himmel, auf den Feuerstoß geschleppt,
g, etwas allzulange sieht's aus, als
aber heute kommt's wirklich nicht mehr vor. Damals
Tat die Brandfackel entzünden und
hätte eine Bernhardi=Seele auch so eifrig das Banner
en in eine ganz fürchterliche Prügelei
nicht entfaltet. Heute läßt man jeden nach seiner Fasson
ickeln und unter völliger Nichtachtung
selig werden, und der Kampf des Wissens gegen den
e als höchst tendenziöser Fanatiker den
Glauben, jüdischer Arzte gegen christliche Pastoren ist
chen Pfarrer Franz Reder und den
mit keinerlei Gefährde und Beschwerde mehr verknüpft.
ofessor Bernhardi gegeneinander los¬
Und Professor Bernhardi will partout nun einmal zwei
sen das Lied vom braven Stockmann
Monate ins Gefängnis herein. Da gibt es kein Par¬
Opfer seiner überzeugungen fällt, oder
don! Eine so schöne Gelegenheit, auf Urlaub zu gehen,
eyer und Otto Ernst Märtyrern den
läßt man sich nicht entwischen, und frisch, neugestärkt,
fs Haupt drücken. Angstvoll zitternd
rosig kehrt er, allgemein bejubelt, beglückwünscht vom
Wiener Bonhomie, die uns laut
Minister, den Segen vom katholischen Gegner empfan¬ I.
Komödie verspricht, sich invita Minerva
gend, aus der fidelen Gefangenschaft wieder heim. Und
ie zu verirren und zu verwirren] als Arzt wird es es ja wissen, daß zur Gesundung an
ee-unger
inneren Kolon
stellen. Eine 1
wohl geeignet
Ostmarkenpolit.
führen, die im
———

Leib und Seele so ein zweimonatiger Aufenthalt in
Kerkerhöhlen immer noch zweckdienlicher ist als dieselbe
Zeit im Sanatorium verbracht.
Nein, heutzutage ist allen gleichmäßig die Erde wich¬
tiger als der Himmel. Der jüdische Arzt Bernhardi
und der katholische Pfarrer Franz Reder treffen im
Kampf aufeinander, um sich gegenseitig ihrer Hoch¬
achtung zu versichern, daß allerdings Wissen und
Glauben, Semit und Arier, Intelligenz und Gefühl im
liefsten Grund der Seele sich gegenseitig nicht riechen
können, daß eine nie überbrückbare Kluft zwischen ihnen
gähnt ... aber trotzdem drückt man sich ganz herzlich
und freundschaftlich die Hand, lebt miteinander, und
wenn man sich gegenseitig auch einmal ein bißchen
frozzelt und sich in die Haare gerät, um es wenigstens
nicht ganz zu vergessen, um sich dann und wann daran
zu erinnern, daß man nebenbei auch Überzeugungen hat
und für heilige Güter kämpft . .. so wollen doch unsere
Zeit und Arthur Schnitzler in die Abgründe und Klüfte
nur nicht tiefer hineinschauen und über alles hinweg¬
sehen.
Und in solcher Zeit hört man auch gern dem witzigen,
klugen und gescheiten Bonvivant=Geplauder Artur
Schnitzlers zu, und seine menuettanzende, relativistische
Lebensweisheit reicht für den Hausgebrauch und für
den Flirt des Daseins vollkommen aus. Solche Komö¬
dien künstlerischer Selbstironien, die uns durchblicken
lassen wollen, daß man allerdings Melodien nicht mehr
erfinden vermag,
vertreiben aufs aller¬
zu
angenehmste die Zeit, ... bis eben wieder einer