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box 30/4
25. Professernernhardi
aus: Magusburgische Zeitung
5
Le
Aufregung vom Krankenbette, vom Todes¬
gespielt un
uteilen. Zu zwei Monaten Gefängnis. Aber
Stadttheater.—
bette fernzuhalten. Die Agonie breitet ihre
troffen wuf
he dies geschieht, hat man ihn fast aus dem
Schatten über die Kranke aus — ein letzter
Haltung 1
Gesichtskreise verloren. Der aus dem Ge¬
„Professor Bernhat#¬
und schwerster Seufzer — nun ist es Nacht
hielt, das
ihle tiefster Menschlichkeit heraus handelte,
im Haus
Von Arthur
an. „Pro
ihm ist nicht die Kraft gegeben, den Weggerade
Als dies arm-reichselige Geschöpf diesem
stück, Fraus
Erstaufführung.
#eiter zu gehen. Er schwenkt zur Ansicht
einer Kran
Sterben entgegengeht, klopft es an die Türe
eines Freundes und Berufskollegen ein, der
Das Stück des geistvollen Wiener Dich¬
Leiter der
des Ordinationszimmers — ein Priester teitt
sagt: Dieser Einzelfall ist nicht maßgebend,
ters Arthur Schnitzler enthä## eine Szene
Rollen wir
mit dem Allerheiligsten, den Sterbesakramen¬
ja für das höhere Ziel des Wirkens im Gro¬
von lebensvoller dramatischer Eindringlich¬
ten, ein. Was dem Gottesmann als eine
Karl Sch
sen, das allein moralischen Wert besitzt,
keit. Während der einem der Atem stockt. Sie
der
heilige Pflicht erscheint, dünkt dem Manne
den
gleichgültig. Es gilt, einzulenken, wenn
steht am Schlusse gleich des ersten Aktes. In
der Wissenschaft eine Störung des glücklichen
Professors
auch nur der Form nach. Er traut einem fal= tonte.
der Klinik eines berühmten Wiener Arztes
Friedens dieser letzten Stunde seiner Pa¬
schen Freunde und seiner sophistischen Lebens= des Stückes
liegt ein Mädchen, eine von jenen viel zu
tientin: er versagt dem Priester den Eintritt
weisheit, daß es als oberstes Lebensgesetz aussah. Ab
Vielen, die die Folgen versengenden Son¬
zum Krankengemache. Befindet er sich im
celten müsse, „der immanenten Idee seines vollen
nenglücks eines Liebesrausches mit ihrem
Recht? Tausendmal ja werden die einen
ligenlebens mit Treue zu dienen“. Er steut
jugen Leben bezahlen soll. Aerztliche Hilfe;
Zettel
sagen, tausendmal nein die anderen. Hier
endlich — verurteilt — demselben Priester.
steht am Ende ihrer Macht; es gibt keine Hei¬
Vortrefflichch
scheiden sich Meinungen und Urteile; mehr
gegenüber, dessen religiöses Gefühl er be¬
lung, keine Genesung für die Arme, nur eine
als Dr. C
noch: hier prallen zwei Weltanschauungen
leidigte, um sich sagen lassen zu müssen, daß
Erlösung. Und nun bereitet sie die Natur in
Ebenwald,
hart aufeinander. Welche wird Sieger sein?
nicht der Menschlichkeit allein höchstwahr= Mitglieder
ihrer Güte und ihrem Erbarmen selbst vor,
Uns interessiert hier nur, wie der Dichter
scheinlich den folgenschweren Eingriff des nennen, die
indem sie kurz vor dem Ende der Kranken ein
die Frage beantwortet, die er aus dem Ge¬
Arztes in andere Rechte diktiert habe son= würde der
wundersames Glücksgefühl einflößt. Die
biete des Menschlich=Allzumenschlichen schöpfte.
dern sein — Judentum und er sieht, daß sein, tons
Todesfurcht weicht ganz der Lebenshoffnung.
Man fragt nach dem Fallen des Vorhanges
fall ganz hoffnungslos liegt, weil der mar
Himmel öffnen sich über Asphodeloswiesen,
über dieser erschütternden Szene: was ge¬
freieste Katholik ihn mißdeuten wird. Sot
auf denen die Genesende am Arm der Liebe
schieht mit dem Manne, der alte Satzungen
i#t Schnitzler im Laufe des Stückes immer
neuem Leben zuschreitet. Jeder Schmerz
verletzte, sich in einem scharfen Gegensatz zur
nehr vom eigentlichen Thema ab, sucht Ab¬
ist gewichen, wundersame Kräfte scheinen den
Kirche und mit ihm zum Staate stellte, denn
gründe mit leichten gezimmerten Brücken zu
Körper zu heben und wie auf weißen Flü¬
der Schauplatz dieser Handlung ist Oester¬
berspannen, die Professor Bernhardi betritt somit
geln aus der dumpfen Stube heraustragen
reich und wir schreiben das Jahr 1900. Was
und mit ihnen zusammenbricht: der resigniert Stück als fi
zu wollen — was hinier ihr liegt, waren böse
geschieht nun auf der Bühne? Schnitzler
hließlich, nachdem er aus einem Starken Regisseur.
quälende Träume, war ein lähmender Alp¬
setzt mit diesem Falle die große Glocke in
ein Schwacher geworden ist und wird seinem¬
druck, der nun wich, als wäre die Kranke
Bewegung, die ganz Wien, Ober= und
Berufe als Arzt weiter gehen. Mit diesem
von einem Engel mit einem Lilienzweige
Niederösterreich auf den Schauplatz ruft.
Verzichte aber auf das stolze Wort: ein Mensch
berührt worden.
Da sind Professoren, die meutern, Dozen¬
sein, heißt ein Kämpfer sein, ist das Drama
Das erfahrene Auge des Arztes kenni
ten, die revolutionieren, Komitees, die ihre
schen mit dem Ausgange des vierten Aktes
diesen Zustand, dem man den Namen „Eupho¬
Ehrenämter niederlegen, weil der verwegene
ganz in sich zusammengebrochen und es be¬
rie“ gegeben hat. Der Arzt weiß, daß ihm
Arzt sich im Gegensatz zur Kirche setzte. Da
deste des letzten Aktes nicht, der nun noch
unfehlbar das Todesgrauen folgt, daß dieser
sieht das Parlament einem großen Tage ent¬
di zu sein schien, eine Nachlese zu bringen.
letzte sonnige Schein verlischt und die Nacht
gegen, die eine Interpellation von klerikaler
Die Dauer des Stückes zog sich oft in er¬
hereinbricht wie ein Flug schwarzer Vögel
Seite bringen wird. Da erscheinen endlich
Er weiß, daß er nicht mehr retten und heifen
müdender Breite bis lange nach 11 Uhr hin:
im Hintergrund der Staatsanwalt und der
#in dramatischer Zickzackkurs erscheint über¬
kann, daß ihm un eine Pflicht bleibt: jede Strafrichter, die Professor Bernhardi ver=I mäßig lang ausgesponnen. Da aber aut