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Deutsches Volkstheater 2
„Professor Bernhardi“ Komödie von Artur
Schnigter in fünf Akten. Daß dieses, mehrere
Jahre in die Schreibtischlade des beliebten
Autors verbannte Stück, jetzt bei seiner Freigabe
zu Freuden=Purzelbäumen Veranlassung geben
werde stand ja zu erwarten und sind auch diese
Evolutionen nicht nur glücklich, sondern auch
im erhöhten Maße bei den Anhängern Schnitzler's
erfolgt. Ob nun diese Komödie als ein Tendenz¬
stück aufgefaßt wird, oder auch nicht — darüber
mögen sich die Menschen die es gesehen selbst
Rechenschaft geben. In einem werden aber
gewiß alle einig sein, das es ausgezeichnet gemacht
und aufgebaut ist. Nirgends aber wie hier in
dieser Komödie prallen Religions=Fragen an¬
einander, die ja für den Erfolg ausschlaggebend
sind und gerade in diese von unserem katholischen
Standpunkte aus betrachteten Fragen hätte sich
Schnitzler als Jude nicht einlassen sollen, da¬
er ja den tiefen Sinn und die hohe Bedeutung
dieser für uns Katholiken so heiligen Handlung
nicht versteht, ja nicht verstehen kann. Das
sterbende junge Mädchen, das, wie Professor
Bernhardi doziert in „Euphori“ liegt, in den
schönsten Träumen des Wiedergesundwerdens
durch den Eintritt des Priesters an ihr Kranken¬
bett aus diesem Traume gerissen wird, wird ja
an ihr nach unserem Glauben keine Grausamkeit
begangen, wohl aber eine Tröstung zu teil, die
jedenfalls den verflüchtigten Traum. durch einem
weit höheren zu ersetzen im stande ist. Das
junge Mädchen war ja doch nach alldem uns
mitgeteilten, Katholikin und als solche mußte
sie wohl die Bedeutung der letzten Wegzehrung
vor allem irdischen einzuschätzen wissen. Diese,
nur nach Effekt haschende Szene ist Schnitzler
gewiß auch gelungen, aber mit vollem Verständnis
konnte er als Jude sie nicht überzeugungsvoll
durchführen und darin liegt ein Fehler. Der
zweite Fehler wäre in dem Besuch des Priesters
nach erfolgter Strafverbüßung Bernhardi's, bei
diesem zu suchen. Welcher katholische Priester
würde sich auch herbei lassen durch eine solche Tat
vor einem Gegner ganz unaufgefordert ein
Bekenntnis abzulegen, daß er, Bernhardi damals
im Recht gewesen, ihm den Zutritt an das
Sterbebett des Mädchens verweigert zu haben.
Dieser zweite Fehler daß er gleichfalls den
gewandten Schriftsteller unterlaufen konnte,
liegt nur im Bewußtsein Schnitzler's damit
wieder zu brillieren ohne Berücksichtigung auf
#n und auf den Widerspruch der daraus
entstehen muß, wenn man die Pflichten eines
katholischen Priesters kennt und hier der Hand¬
lungsweise Bernhardi's gegenüber stellt.
üiber die Ausfälle auf die weltliche Gesellschaft
die Schnitzler in einer ziemlich derben Weise
zum Ausdrucke bringt wollen wir uns des
Näheren nicht einlassen, obwohl hier manches
zu entgegnen wäre, was wohl auf andere.
bessere Anwendung finden möchte. Gespielt
wurde ganz ausgezeichnet und wenn vielleicht
in manchen Direktor Bernau den Bernhardi zu
zurückhaltend spielte, möchten wir gerade dies
für einen Vorzug halten, den mehr diese Gestalt
noch hervortreten lassen, hieße den Willen des
Autors zu sehr apostrophieren und Professor
Bernhardi damit schaden. Herr Onno gestaltet
den Pfarrer Reder ungemein würdig und echt,
wie auch Herr Edthofer sichtlich bemüht war
einen stark aufgetragenen Hofrat durch seine
Liebenswürdigkeit zu mildern. Als geistreich,
verlogenen Minister leistete Herr Klitsch ein
wahres Kabinetstück. Bleibt nur noch Herr
Homma als Dr. Ebenwald's zu erwähnen, der
Perfidie und Falschheit
zu glänzend
beabsichtigter Wirkung brachte.
Der alte Wiener,