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mal an „Judith“ erinnert — Schau¬
platz: Heerlager des Cyrus — und in
ihren prangenden Verswellen starke
Innerlichkeit daherführt, ein eignes Er¬
leben; von Steindorff erwarten wir
mehr als von manchen seiner literari¬
schen Verwandten (wie Raff und Kyser).
Tim Kleins Künstlerdrama aus dem
nürnbergischen Mittelalter „Veit Stoß“
vermochte nicht den theatralischen Er¬
folg auf die Dauer zu erringen; aber
beim Lesen zeigt sich doch, daß hier
menschliche Tiefe und künstlerisches Wol¬
len ernster Art sich, einstweilen noch
etwas ungeschickt, mit den Anforderun¬
gen des Theaters abzufinden sucht. Wie
die Zeit des Lebens auf dem Vulkan,
vor der großen Revolution, zu fassen
ist, zeigt Wilhelm v. Scholzens
reifes und bühnensicheres Werk „Ge¬
fährliche Liebe“, das die sozial unge¬
bundnen Leidenschaftspiele der stark an¬
gelegten Vertreter der ancien-régime-Ge¬
sellschaft glänzend charakterisiert und Er¬
scheinungen des erotischen Lebens in
feinster Verfeinertheit offenbar macht,
seit Jensens „Nirwana“, die erste
Dichtung aus dem Geiste jener Zeit.
Gerhart Hauptmanns „Festspiel“
zur Feier der Erhebung 1813 ward
endlos umsteitten; man wird wohl
auf die Dauer weder die sprachlichen
noch die großen stilistischen Schwächen
des Stückes, noch weniger aber seine
leidenschaftliche Innerlichkeit, seinen echt
patriotischen Freimut verkennen können.
W. Lutzens Drama „Andreas Hofer“
möchte unter starker szenischer Spannung
aus der groß angelegten Gestalt ihre
innerste Tragik herausheben; dies Werk
hat viel dichterische Züge, und ein be¬
merkenswertes Theatergeschick hat daran
mit gearbeitet, so daß es seinen Platz sich
bald erobern wird. — Carl Haupt¬
manns schönes „Altes Märchen“ „Die
armseligen Besenbinder“ ist an dieser
Stelle eben erst besprochen worden. —
H. Schnabels kräftiger, leidenschaft¬
licher Akt „Die Wiederkehr“ sei als
ernsthafter Versuch, die dramatische Kraft
der Saga und die ungebrochne Mannes¬
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art ihrer Helden dem Drama zu ge¬
winnen, wenigstens genannt. —
Bevorzugt vor dem ernsten Drama ist
heute vielfach die Komödie, deren Durch¬
schnitt indessen gewiß nicht höher liegt.
Wir wissen hier nur wenige Werke zu
nennen, die auf dichterischen Wert An¬
spruch machen, vor allem Eulenbergs
meist versifizierte „Ernste Schwänke“.
deren Manier zwischen Sachs und den
Biedermeierdichtern schwankt, deren
Thema kleine und größere Schwächen
unserer Zeit, deren dichterisches Me¬
dium ein heller, witziger Humor, deren
Mittel eine bewegliche Sprache und ge¬
schickter leichter Szenenbau sind. Wir
hätten ihnen einen starken Erfolg ge¬
wünscht. E. v. Wolzogens schwank¬
haftes Spiel in fünf Aktussen „Eine
fürstliche Mauschelle“, führt eine recht
derbe Sprache, sein Reiz liegt in man¬
cherlei unerhörten Auftritten, aber im
Kern mehr als einer Gestalt steckt auch
hier dichterisch geschautes, kräftiges Men¬
schentum; das lustige, keck und sicher
gebaute Stück lohnt die Aufmerksamkeit
der Theaterleiter. Ein modernes Lust¬
spiel, ganz auf erotische Motive gebaut
und doch fein und überlegen — dies
Kunststück hat Korfiz Holm mit sei¬
nem Dreiakter „Marys großes Herz“
fertiggebracht, der den rechtzeitigen tap¬
feren Verzicht einer alternden schönen
und an Erfahrungen der Liebe über¬
reichen Frau mit schelmischer Wehmut
gestaltet; dies Werk ist wirklich einmal
nicht nur der „Schlager“ einer Sai¬
son, wenn es auch ein Schlager war.
Asch, Der Bund der Schwachen (S. Fischer, B.) 3.-
Eulenberg, Ernste Schwänke (K. Wolff, L.) .. 3.50
3.50
Zeitwende
3.50
Hauptmann, Carl, Die lange Jule (K. Wolff, L.)
D. armseligen Besenbinder
Gerhart, Festspiel in deutschen Reimen
(S. Fischer, B.)
Holm, Marys großes Herz (A. Langen, M.) . 3.—
2.50
Holz, Ignorabimus (C. Reißner, Dr.)
Klein, Tim, Veit Stoß (G. Müller, M.)
Lutz, Andreas Hofer. (Lese=Verl.) 2.80
Paquet, Limo (Lit. Anst. Rütten & L.)
Schnabel, Die Wiederkehr (M. Mörike. M.) geh. 2.—
Schnitzler, Professor Bernhardi (S. Fischer, B.)
geh. 3.—
Scholz, Gefährliche Liebe (Müller) . . . geh. 3.—
Steindorff, Panthea (E. Reiß, B.) . . . geh. 2,50
Wildgans, In Ewigkeit, amen (L. Staack¬
mann, L.)
geh./1.—
v. Wolzogen, Eine fürstliche Maulschelle (F. Fon¬
tane & Co.)
gehl 2.—
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