Faksimile

Text

gedenken muß, die in Wien einen Sensationserfolg errungen
hat: Die Heimliche Liebe — so heißt das neue Glücks¬
kind — ist übrigens, was den Inhalt betrifft, um Einiges an¬
ständiger als die Verwandten der gleichen Linie, und die Musik
ist um ein gut Teil vornehmer und gründiger als die nunmehr
hoffentlich veraltete, süßlich=tänzelnde Operettenmusik der Lehar,
Fall u. Cie. Vor allem aber, und das entscheidet den Erfolg für
Wien an erster Stelle, ist in dem Profossen, einer echt Wieneri¬
schen Figur voll Wiener Humor und mit dem „goldnen“ Wiener
Herzen, der sich schließlich mit der als Tambour verkleideten
Toni verlobt, eine neue Girardi=Rolle geschaffen. Sein Lied
von der „Wiener Gemütlichkeit“ und das „Bänkel“ im zweiten
Akt, trägt er vor, — nun, wie eben nur Girardi es vortragen
kann. Im dritten Akt gibt es gar ein Kanarienvogel=Lied für
ihn, das der Komiker Böhm hinter den Kulissen mit Pfeifen
begleitet. Die heimlich verliebte Toni spielte Gerda Walde als
ein echtes „süßes Mädel“ und als ein liebreizender Tambour.
Textdichter ist der Journalist Julius Bauer, dessen Witze über
die Gebührmekobt werden, aber hier wirklich manchmal Lachen
erregen, die Musik lieferte der Nachfolger Zemlinskys als
Dirigent der Volksoper, Herr Paul Ottenheimer, der sich mit
diesem großen Erstlingswerke sofort mit in die Reihe der be¬
rühmten Wiener Operettenkomponisten gestellt hat. Die Musik
geht nicht auf grobe Wirkung aus, sondern ist voll Melodik,
Lieder und Couplets singen sich ins Ohr, und manches wenn
nicht neue so doch originell klingende ist darunter.
Gerade wie der Altmeister der Wiener Komik, Karl Blasel,
der nunmehr auch achtzig Jahre geworden ist. Er ist der
älteste der Wiener Komiker, obschon er erst 1863, also mit 32
Jahren, nach zehn Jahren Schmieren= und Provinzspiel, in
Wien bodenständig geworden ist. Er selbst hat bei seinem
fünfzigjährigen Schauspielerjubiläum seine Biographie zum
Scherz für seine Freunde niedergeschrieben, damals, als er sich
verirrte, Direktor des Varieté Kolosseums zu werden. Das
Kolosseum ist denn auch richtig bald darauf verkracht. Aber
Blasel kehrte zur Komik, zur echten Wiener Lustspiel-, Possen¬
und Operettenkomik zurück, in der es ihm seit Matras keiner
gleich tat. Er ist der Typus der schalkhaft=gemütlichen, aber
trocken=satirischen Komik, worin der Reiz der Wienerischen
Komik liegt. Einen Begriff dieser Art Komik, die mit der
trockensten Gleichgültigkeit und Gleichtönigkeit die ärgsten Witze
reißt, und die spitzesten Bosheiten ausstreut, erhält man eben
von seiner Selbstbiographie. Er ward, so erzählte er darin, um
nur einen Satz herauszuheben, „in der Josephstadt, Lederergasse,
natürlich in Wien, geboren. Die Hausnummer konnte ich nicht
lesen; denn es war bereits stockfinstere Nacht, als ich das Licht
der Welt erblickte". So ging es dann weiter. Seine Aufgabe,
Wien lachen zu machen, hat er nun redlich 48 Jahre erfüllt.
Und er ist noch ganz jugendlich, der alte Blasel, und hat bei
seinem Benefiz am Jubeltage erklärt, daß ihn die Liebe seiner
Wiener allein so jung erhalten habe. Wenn man Blasel auf der
Bühne, und auch außerhalb derselben sieht, hält man ihn für
einen Sechziger, aber nicht für einen Achtziger. Also kann er
uns noch lange erhalten bleiben, denn die Wiener lieben ihn
wirklich, den alten Blasel. Er ist Fleisch von ihrem Fleische,
Blut von ihrem Blute.
Was ist gegen solche urwüchsige Künstlernatur ein —
Schnitzler, der wieder die Hofbühne mit einem neuen Stück
be—schentthat Das weite Land heißt es, und weitesLand ist es für
alle „Herrenmoral“. Bei wenigen dramatischen Vorzügen besitzt
das Stück große Mängel, Wien müßte protestieren, daß das ein
Wiener Stück sei, wie es in der stammverwandten Presse heint,
und vor allem, daß das etwa Wiener Moral sei, was hier sich
darbot zur Schau und zum Beifall der Clique und Claque.
Das Burgtheater unter einem Frhrn. von Berger als Direktor
sollte derlei mit starker Hand ferne halten, aber wo ist die starke
Hand, die es wagt, gegen die Clique sich zu erheben, die Wiens
Theaterleben, wie Wiens Presse beherrscht und knechtet?
Von diesem düstern Bilde lasse ich das Auge höher über Wien
wegschweifen, zurück nach dem bei Wiener Neustadt gelegenen
Schlosse der Fürsten von Parma, nach Schwarzau, wo sich
die jugendliche Prinzessin Zita mit dem jungen Sohne der Erz¬
herzogin Maria Josepha, dem künftigen Thronfolger Erzherzog
Karl Franz Joseph, in glänzender Festfeier vermählte, vermählte
mit dem besonderen Segen Pius V., den der Majordomus des
Vatikans, Msgr. Bisleti, ein langjähriger Freund des Hauses,
überbrachte zugleich mit dem Geschenke des Papstes, einem Er¬
löserbilde nach Leonardo da Vinci. Dieser hohe Prälat nahm
auch selbst die Trauung vor. Man rühmt die Schönheit, Be¬
scheidenheit und Liebenswürdigkeit der Braut und erzählt sich
allerhand schöne Züge. Der schönste derselben scheint mir der zu
sein, daß Prinzessin Zita als Kind, wenn die zahlreichen Prinzen.
und Prinzessinnen von Parma ihr Lieblingsspiel „Soldaten“
arrangierten, nicht mittat, sondern nur „eine kleine Mama“
sein wollte und fortging, um ihren Puppen und Kätzchen Kleider!
anzuziehen! Ganz Wien schwärmt für die „zukünftige Kaiserin“
wenn Gott es will.
Milchbede
heute den
meter um
200000 f
die Folge
zeigen. 2
reich um
würde au
bahn und
wenig nü
Guter
Mérite a
Seit 188
ist die Zu
henoir