Faksimile

Text

box 28/2
W0
à
n
24. Las Leite Las
DIE BUHNE
Die Rolle des Hoteldirektors Doktor
Première wurde dann für Jänner 1911
wieder, wo und wann er nur kann. Es
von Aigner war mit Ernst Hartmann
angesetzt — doch damals war es schon
ist ein Vergnügen, zu sehen, wie er
besetzt, der auf den bereits stark fort¬
über ein Vierteljahr, daß Josef Kainz
ihrem verborgensten Wesen immer
geschrittenen Proben das helle Entzücken
begraben wurde.
näher kommt und von Mal zu Mal an
Am gleichen Tage wie die Wiener
des Dichters hervorgerufen hatte. Der
ihr neue, ungeahnte Seiten entdeckt. Es
Premièrentag, der 14. Oktober, war ein
Première ging das Stück auch in Berlin
ist einer der Lieblingsgedanken Korffs,
Samstag, Am 11., dem unmittelbar vor¬
und einigen anderen deutschen Städten
einmal den Hofreiter in Amerika englisch
angehenden Mittwoch, betritt der Dich¬
in Szene — überall mit starkem Erfolg,
zu spielen und sicherlich wird es nicht
wenn sich auch manchenorts eine wackere
ter das Theater, geht auf die Probe,
lange dauern, bis er diesen Wunsch
Kritik in den üblichen Plattheiten wie
wo gerade der zweite Akt durchprobiert
wird in die Tat umsetzen können. Auch
wird und sieht — Devrient oben ste¬
„eine verfaulte Welt“ u. a. m. erging
in anderen Ländern soll „Das weite
hen, der in dem Stücke nicht beschäf¬
und an den tiefen Schönheiten des
Land“ bald über die Bühne gehen;
Werkes absichtlich oder aus Unverstand
#tigt war, in der Hand das Rollenheft
Ubersetzungen in fremde Sprachen lie¬
vorbeisah.
des Doktors von Aigner, welches gestern
gen schon vor.
Während des Krieges wurde „Das
noch in Hartmanns Besitz gewesen war.
Im Schaffen Arthur Schnitzlers nimmt
Seine erstaunte Frage wird dahin be¬
weite Land“ weniger häufig aufgeführt.
„Das weite Land“ unbedingt eine zen¬
antwortet, daß Hartmann in der Nacht
Korff, dessen Hofreiter zu den stärksten
trale Stellung ein. Es bedeutet einen
plötzlich gestorben sei und da die Pre¬
und großartigsten Leistungen des Künst¬
Abschied und ein Beginnen. Der Duft
mière am Samstag stattfinde, müsse man
lers gehört, ja vielleicht sogar einen
von Melancholie, den es wie ein süßes
doch... Und man probierte weiter und
Gipfel der Darstellungskunst überhaupt
Gift verbreitet — er gilt vielleicht dem
bedeutet, war aus dem Burgtheater ge¬
das Gestern galt nicht mehr vor dem
weiten Land der Jugend, dem der Dichter
Heute
schieden und die Rolle kam an Harry
in diesem Stücke wehmütig Lebewohl sagt.
Nach den ursprünglichen Absichten
Walden. Wenn ihm auch die österrei¬
Schnitzlers feinsinniger Biograph, Ri¬
Schnitzlers und Bergers sollte Kainz den
chische Note für diese Gestalt fehlte,
chard Specht, führt dies näher aus und
Hofreiter spielen. Als das Stück — 1910
so war er doch auch ein wundervoller,
meint, daß der unwiderstehliche Reiz
— fertig war, las es der Künstler auch
nobler Hofreiter und spielte ihn mit
des Stückes darin liege, daß man die
der bezaubernden Liebenswürdigkeit, die
tatsächlich als einer der ersten. Mit
Schwermut des Dichters selber spürt,
ihm in so reichem Maße eigen war.
jugendlichem Feuer und tiefem Interesse
der die Trauer und das Bangen des
In den letzten Jahren ist das Stück
Alters nahe fühlt. „Eine geniale Meister¬
sprach er über die Rolle mit dem
in Berlin dank Korffs Bemühungen oft
Dichter, der ihn mit Otto Brahm auf
hand hat in dieser Komödie ein packen¬
dem Semmering besuchte, wo Kainz,
gegeben worden, an den verschiedensten
des Gesellschaftsbild entworfen; der
bereits ein Totgezeichneter, in der Hoff¬
Theatern; die Rolle ist ihm sehr ans
Dichter nimmt für niemanden Partei — er
nung, Genesung zu finden, weilte. Die Herz gewachsen und er spielt sie immer
sieht zu, sagt, stellt fest und — schweigt.“
Mitsuaiinemmmnniinmmmmmnammmmmmmmmmmmnmmmmmmmmmnmmmmmmmmeianchnimmntmmmmmmnmnmmmnmmmmnmmmimmmmmmnmnmmmmmmmmmntmmmmmmmmnmmnmmmmmmmnmmmnnmnmnmumtnummmmmmmmimmmnummmmnnmmmmmmtnnim
der Bühne, ruhig und in sich selbst ge¬
festigt mit imposanter Sicherheit dahin,
dem Geiste der antiken Tragödie innig
HIEDWIC BLEIBTREU ∆O LAIIRE. SCHAUSPIELERIN
verwandt, wie dem zarten, geisterhaften
Hauch des lbsenschen Seelendramas
und dem modernen Theaterstück, das
Gleichzeitig mit dem Jubiläum der
glockenklaren, ernsten Tönen, ist Hed¬
an den Ablängen der deutschen Schöpfer¬
vierzigjährigen Angehörigkeit des Schau¬
wig Bleibtreu doch die zeitlose Schau¬
kraft sein bescheideneres Dasein lebt.
spielers Georg Reimers zum Burgtheater
spielerin, wahrhaft in ihrem Wesen, eine
Unvergeßlich ihre Shakespearesche Er¬
ist ein anderes Jubiläum anzusetzen:
scheinung, unvergeßlich ihre Weibschaft
ledwig Bleibtreu ist vor vierzig Jahren
aus den Fjorden, unvergeßlich ihre
zum Theater gegangen..
„Frau Suitner“, in der Tragödie einer
Als Kind eines Schauspielers und einer
bäuerlichen Ehegefährtin, die an den
Schauspielerin echtem Theaterblut ent¬
Trümmern des versinkenden Ehehimmels
sprossen, kam Hedwig Bleibtreu 1892 als
steht und der glücklicheren Nachfolgerin
Mitglied eines Münehner Ensembles nach
Platz macht. Eine lange Reihe großer,
Wien, das im Carl-Theater Anzengruber
in ihrem Schmerz wie in ihrer Lebens¬
und andere volkstümliche Stücke spielte.
freude gleich erschütternder Gestalten
Burckhardt entdeckte ihr Talent und
zieht an dem sich erinnernden Auge
brachte sie ans Burgtheater, dem sie seit
vorbei, von einer unerhört edlen, fast
den Tagen dieser Direktion angehört.
traurigen Musik umflossen, doch stumm
Hedwig Bleibtreu und die große Zeit des
in bezug auf das Letzte und Tiefste, das
Wiener Burgtheaters sind unzertrenn¬
ein Menschenherz empfinder.
liche Erscheinungen. Über ihren ersten
Hedwig Bleibtreu ist gleichsam die
Burgtheaterjahren lag der weithin rei¬
Wagnersängerin des deutschen Dramas.
chende Schatten der Wolter; neben die¬
Eingeprägt in das Herz der Jugend
ser Frau erkämpfte sie sich zäh, aber
bleibt ihre wundervolle Art zu sprechen,
mit wachsender Kraft ihren Platz an der
dieses große, ernste Flügelrauschen der
Sonne, und während das eine mächtige
Tragödie, die ihre Schwingen hebt, um
Gestirn vom Burgtheaterhimmel ver¬
in fernen, vom Golde der sinkenden
schwand, stieg bald das andere mit fas¬
Sonne überfluteten Horizonten zu ver¬
zinierendem Glanz, gleichwohl mit sei¬
nem eigenen Licht empor. Am Grabe der
ehochen eilt Hedwig Bleibtreu mitten
einen Heroine erstand bald die andere.
unter uns: eine Idealgestalt des alten
hoheitsvoll, durch den metallischen und
Burgtheaters und seiner unversiegbaren
edlen Klang ihres Organes, ihre impo¬
Kraft, eine Stütze der größten und ver¬
sante Erscheinung und ihre gemessene.
chrungswürdigsten deutschen Bühne.
überzeugende Geste alles fortreißend.
Hüterin des Hortes und der heiligen
was sich sublimer und reinster Kunst
Flamme, sei uns ehrerbietig gegrüßt am
verwandt fühlte.
Tage. da sich das vierte Jahrzehnt deines
überragende Frau von reinster Theater¬
schauspielerischen Wirkens vollendet ...!
kultur. An der Gemarkung dreier großer
Obschon die klassische Tragödin in
h. 1.
ihrem Schreiten und Schauen und ihren Epochen wandelt sie, eine Somnambule