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I.
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24. Das iteand
Reicher blieb daher nicht viel anderes übrig, als seine Nutzanwen¬
dungen vom weiten Land vorsichtig in einen langen, schönen Bart
hineinzureden. Ebenso hatte Fräulein Sussin nur einen Fall und
keinen Menschen darzustellen, und da sie weniger bühnensicher ist
als Herr Reicher, so wirkte sie als Temonstrationspuppe beinahe
peinlich.
Auch die beiden Hauptdarsteller, Herr Monnard und Frau Triesch,
hatten keinen leichten Stand, denn auch sie sind von Dichters wegen
mehr ein Fall, als zwei Individuen. Der Fall Friedrich Hofreiter
und Frau! Quod erat demonstrandum! Nehmt ein Exempel dran!
Frau Triesch konnte nichts Besseres tun, als wie die leibhaftige
Melancholeia durch die Akte zu gehen. Auch ihr Lächeln und Lachen
war in Trauer getaucht. So kam doch immerhin eine Persönlich¬
keit heraus, und am Schluß kamen zwingende schauspielerische
Momente. Herr Monnard schien mir nicht ganz aus sich selbst
heraus zu schaffen. Vielleicht hat er Rittner nie gesehen, aber mir
kam vor, als kopiere er Rittner. Ist aber ein echter Monnard nicht
doch immer noch besser als ein falscher Rittner? Das Unechte nutzt
sich zu rasch ab und wird dann überflüssig.
Noch habe ich von Fräulein Herterich als dem männerfreund¬
lichen Mädchen, von Herrn Stieler als dem Liebhaber der Frau
und Herrn Marr als dem beistehenden Hausarzt zu sprechen. Wie
immer fügten sie sich nach dem Maße ihrer Aufgaben in das aus¬
gezeichnete Zusammenspiel, das für dieses schwierige Werk unent¬
behrlich ist.
* * *
Gleichzeitig fand gestern in einer Anzahl von anderen Städten die
Premiere des Schnitzlerschen Stückes statt. Wir erhalten darüber sol¬
gende Depeschen:
□ München, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Im Residenztheater wurden die beiden ersten Akte der Tragi¬
komödie „Das weite Land“ von Arthur Schnitzler mit lauem Beifall
ausgenommen. Nach dem dritten Akt setzte stärkerer Beifall ein, der
sich zum Schlusse zu einem durchschlagenden Erfolg steigerte.
=Leipzig, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Schnitzlers „Das weite Land“ machte bei seiner heutigen Urauf¬
führung im Neuen Stadttheater in einigen Szenen starken Eindruck.
Im ganzen errang die Tragikomödie einen Achtungserfolg.
X Breslau, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Schnitzlers „Das weite Land“ errang heute im Lobetheater einen!
Achtungserfalg.
K & Hamburg, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Der Erfolg von Schnitzlers Tragikomödie „Das weite Land“
im Deutschen Schauspielhaus war bereits nach dem zweiten Akt ent¬
schieden, obwohl die leichte wienerische Lebensauffassung das Ham¬
burger Publikum teilweise befremdete.
Kus Hannover, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
In der Schauburg zu Hannover fand heute unter ungeteiltem
großen Beifall bei vorzüglicher Darstellung die Uraufführung von
Arthur Schnitzlers „Das weite Land“ statt.
* Wien, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Im Burgtheater hatte heute die Schnitzlersche Tragikomödie Des
weite Lund“ bei einer verhältnismäßig guten Aufführung starkeh
äußeren Erfolg. Schnitzler wurde nach jedem Akt wiederholt gerufeh
und warm begrüßt.
D Prag, 14. Oktober. (Privat=Telegramm.)
Im neuen Deutschen Theater wurde Schnitzlers Tre komödie#
mit respektvoller Achtung, die namentlich dem Autor galt, aufge¬
nommen. Im Publikum machte sich aber kein besonderer Beifall be¬
merkbar.