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24. Las weite Land
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den wir den tragischen nennen. Schnitzlers Stück hat nicht [Krauß nicht die Gelegenheit, seine eigentliche Begabung
zu entfalten, sehr charakteristische Erscheinungen dagegen
den großen einheitlichen Zug, nicht die straffe Handlung,
stellten die übrigen Darsteller auf. Fräulein Klink¬
die unwiderstehlich nach einem fernen Ziele strebt, sondern
hammer als zärtliche Mutter des Fähnrichs, Herr
es sind nur lauter einzelne Gestalten, die sich vom Strome des
Bayr hammer als Direktor Dr. v. Aigner in einer höchst
Gesellschaftslebens zueinander und voneinander weg treiben
wirksamen Maske, Herr Meyer, Dr. Mauer, der ein¬
lassen, ganz unmotiviert ihre Empfindungen wechseln,
zige ernste Mann des Stückes, und Herr Kanzenel
willenlos sich dem erotischen Taumel hingeben und nicht
der schon oben genannte, sowie die Herren Schwarz, Pfeil
Herren, sondern Sklaven ihres Schicksals und ihrer eigenen un¬
Janssen, Auerbach. — Die Rolle der Erna hätte Fräulein
kontrollierbaren Entschlüsse sind. Innerhalb seiner eigenen
Irmen wohl noch farbiger und persönlicher gestalten
persönlichen Sphäre ist jeder konsequent, in dem Verhält¬
müssen. — Die Abtönung des Dialoges und die Stimmung
nis zu den Mitmenschen aber fehlt der Kompaß und die
des Ganzen brachte die Regie des Herrn Dr. Heine mit
Handlungen wirken sprunghaft und ohne tiefere Moti¬
—0.4.
bestem Gelingen zur Wirkung.
vierung. Dieses ewige chassez-croisez der Herzen, die un¬
bedenklich sich verbinden und wieder lösen, verhindert, daß
wir an diesen Schicksalen, die Schnitzler in bunt ver¬
schlungener, aber nur zufällig verbundener Handlung zu¬
sammenbringt, tieferen Anteil nehmen. Da hilft denn alle
künstlerische Klein= und Feinarbeit, aller Reichtum des fein¬
geschliffenen Dialogs, alle Kenntnis der Wirklichkeit nichts,
um den Eindruck des Ganzen zu ändern. Es fehlt, um es kurz
zu sagen, die dramatische Kraft, die das Ganze mit ruhiger
Sicherheit einem von vornherein bestimmten Ziele zu¬
führt. Das Interesse zerflattert durch die Menge der
Einzelschicksale, die sich nicht zum Organismus zusammen¬
bringen lassen. Daher kommt der Eindruck viel zu großer
Breite, den die fünf Akte machen, wie denn Schnitzler
in seinen letzten Stücken sich immer mehr von
der Bühne entfernt und sich zu sehr in den verschlungenen
Pfaden seines schönen Dialogs verliert. Es liegt wie
eine tiefe Müdigkeit über seinem Schaffen. Seine schweren
Erfahrungen in dem ärztlichen Berufe mögen hier wohl
entscheidend mitsprechen.
Das alles aber darf uns nicht hindern, die „Quali=s
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täten dieses Werkes und seinen eigenartigen Chärakter,
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sowie die Plastik seiner Gestalten und die Fülle
ge
der Gedanken in vollem Umfange anzuerkennen.
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Die Aufführung stand auf einem erfreulichen Niveau,
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wenn auch nicht alle Rollen richtig besetzt schienen. Herr
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Bauer, der den Friedrich Hofreiter darstellte, verdient
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zwar Bewunderung für die große Elastizität, mit der er
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immer wieder seine neuen Rollen durchdringt, aber
man möchte doch, daß er in der Charakteristik sichssi
noch enger an die Absichten des Dichters anschlösselb
und die besonderen Einzelzüge noch reicher ge=1#
staltete. Die besondere Schwierigkeit der Rolle liegtss
freilich vor allem darin, daß ihre Umrißlinien so unbe=d
stimmt sind. Man gelangt nie zu einem festen Urteilse
über seine Liebesaffären, da man nicht weiß, ob die
jugendlichen Züge seines Wesens oder die Ueberlegenheit
des gereiften Mannes überwiegen sollen. Das ist wohl so
vom Dichter beabsichtigt, hindert aber die tiefere Wirkung. m..
offener Szene apptaudierten und 1
Von den übrigen Rollen tritt in den Vordergrund nur die
jedem Aktschluß kräftig hervorriefen. In der von dem
Genia, die Gattin Hofreiters. Frl. Wulf gab ihr vielleicht
favoritisierten „Windhund“ vorgelegten Pace und in dem
ein wenig zu schwere Akzente, so daß es schwer wurde,
von der Regie des Herrn Erich Neubürger ge¬
zu verstehen, daß auch sie im Grunde derselben oberfläch¬
nommenen Tempo fügten sich die übrigen Mitspielenden!
lichen Genußfreude sich ergab wie die anderen Mitglieder
der Gesellschaft. Der Marine=Fähnrich Otto gab Herrn gut und nur mit geringen Abständen ein. Zweite, dr ¬