Faksimile

Text

24. Das weite Land
box 29/2
eitung:
Per ##
atum: 2 5. Nov. 1911
„Das weite Land“, v. Arthur Schnitzler. Wohl nie¬
land hätte, als er den Titel dieser Tragikomödie las,
edacht daß der Dichter damit die menschliche Seele im
nge ggchaht hat. Und tatsächlich sind auch die Seelen
Komgsserger Algemeine Zemus
in *Huptpersonen wie weite Länder, wo man immer
twas Neues zu sehen bekommt. Hofreiter ist der typische
EIIZ BI
senußmensch, der seine Gattin fortgesetzt betrügt. Nichts
cht ihm wirklich zu Herzen; nur der Selbstmord eines
juten Freundes vermag ihn einmal ein wenig länger zu
beschäftigen. Und zwar hat sich dieser umgebracht, weil
Genia, Hofreiters Gattin, ihn nicht erhörte. Diese liebt
ihren Mann, aber gerade ihre Tugend stößt ihren Gatten
vorfchmten Rat#
Neues Schauspielhaus.
ab. Er macht ihr dies klar, unternimmt darauf eine Ge¬
immer noch auf
Zum ersten Male: „Das weite Land“, Tragikomödie
birgstour, wo er sich das Herz eines jungen, ihm und
einzige ist, die
von Arthur Schnitzler, mit Heinz Monnarvals=Gast.
seiner Gattin schon längst bekannten Mädchens erobert.
und genießt er
Bei seiner Rückkehr erfährt er, daß Genia einen Lieb¬
Wert und Reiz des neuen Schnitzlerschen Werkes entdecken sich
Künstler, der ve
haber hat, und nun geschieht etwas Unfaßbares, er kötet
nicht denen, die sich an handgreifliche Effekte, klare leicht übersehbare
ein Mensch zu
Lseinen Gegner im Duell, nicht aus Rache, sondern aus
Vorgänge und Gestalten von bequemer seelischer Durchsichtigkeit
Neid auf dessen Jugend. — Ist ist wenig Handlung in“
Für den immer
halten möchten. Es hat kein festes dramatisches Gefüge,
dem Stück und wirkt dadurch ein bischen schleppend. Das
solche Treue nich
Milien und die Menschen sind aber interessant, nament¬
ist oft mehr ein Nebeneinander von Schauspiel, Komödie,
keit, Ziererei.
lich der 3. Akt, der im Hotel am Völser Weiher spielt,
Schwank und szenischer Planderei, aber es gewinnt, trotz
— Es wurde sehr flott gespielt,
die wie er
war recht kurzweilig.
aller Abschweifungen, episodischer Nebenwege, technischer Unbeholfen¬
Herr Bauer als Hofreiter, nonchalant, immer lustig, eben
als er, ist
heiten aus Scherz und Ernst eine bestrickende Einheit. Sie liegtheimlich. So
echt wienerisch. Frl. Wulf, die gekränkte Gattin, gab sich
Mühe, nicht zu sentimental zu sein. Frl. König wirkte
nicht nur in der echt Schnitzlerschen Anmut der Wortführung, des
die Kluft nur
wie immer mit ihrem drastischen Humor und Frl. Irmen,
geistreich springenden und plänkelnden Dialogs; nicht nur
wegen argumen
das bewußte junge Mädchen, hatte Selbstbewußtsein und
in einer Kette feinster psychologischer Beobachtungen, die uns,
Grazie. Lobenswert hervorzuheben war Herr Bayr¬
inneren Verrohr
unmerklich fast, Herzensschicksale, Lebensenttäuschungen und
hammer, der immer höfliche, immer flirtende Hoteldirek¬
den beiden erste
Lebenslügen offenbaren; sie liegt vor allem in einer
tor. Ausgerechnet durch diesen läßt Schnitzler den un¬
und Treiben in
verständlichen Titel seines Stückes erklären. Zum Schluß
beinahe musikalischen Stimmungskunst, die hinter lachenden
Schwankscherze #
seien noch Fr. Klinkhammer und Herr Kraus, der Lieh,
Worten lang verhehlte Leiden, hinter weichen Melodien tragische
geschildert. Aus
haber Genia's, erwähnt, die nach Kräften zum gut
Dissonanzen fühlbar macht, liegt in einem Unterton spöttisch
seiner Frau dor
Gelingen des Abends beitrugen.
lächelnder, nicht anklagender, nicht empörter, aber doch sehr echter
erleben und sich
und ernster Trauer über die ganze hier entrollte Tragikomödie des
ist es ein
Lebens.
die an ihn
„Das weite Land“ ist bei Arthur Schnitzler die mensch¬
hat, die phys
liche Seele. Die widersprechendsten Leidenschaften und Gelüste, die
Er nimmt das
seltsamsten Affekte und Regungen, die aller Logik und Ordnung har
Dr. Mauer, dem
scheinen, haben neben einander darin Raum. Man sucht
Stückes, wegnim
wohl Ordnung zu schaffen, aber diese Ordnung ist doch nur
Akt und den vier
etwas Künstliches. „Das Natürliche“, sagt eine der Gestalten des
zwar vorbereitet,
Werkes, „ist das Chaos“. Nach dieser nihilistischen Moraltendenz
hat sich jetzt, nach
lebt und liebelt die weichliche und verdorbene Schicht der begüterten
oder aus Sehnsuch
Wiener Großstadtwelt, in der sich das Stück abspielt. Ihr Dasein istein
Land“ verloren.
zynischer Liebesreigen mit raschem Rollenwechsel, die Kreuz und die
der Gatte entde
Quere, zumeist mit vergnüglichem Abschluß und oft mit vergnüglicherem
und schießt ihn
Aussemmt aus.
Fortgang. Aber die Komödie des Liebesspiels kann auch zur Tragik
zynischer Heiter
werden. Das eigentliche Drama spielt zwischen dem Fabrikanten
iener Leben
Frau verschafft
vom: 76 11 1971
Friedrich Hofreiter und seiner Frau Genia. Sie haben einander
praktischen Sez
geliebt, der wienerische Charmeur und blendende Herrenmensch, Her
der Unterhaltu
sieggewohnte Eroberer, in dem ein kalter Sinnenmensch steckt, unddie
err C. Richter ist der erste
rechte zugesta
Provinzdlekic der Schnitzlers Sensation „Das
feine, gelassene, gütig=kluge Frau; aber jetzt betrügt er sie eit
rächen, zum k#
weite ban brachieser zerfaserter
Jahren, aus Temperamentsüberschuß und brutaler Lebensgier. Die
ist nicht nur ein
Komödie haben es die Darstellenden eigentlich
liebt ihn noch und trägt es still und mit mütterlicher Resignation.
leicht, es kann jeder seine Auffassung zum
daß neben der
Auch an sie ist die Versuchung herangetreten. Aber sie hat dem Untreuen] Gefühl in Hofre
besten geben. Es wirkten mit lobenswertem!
Eifer mit Herrn Schramm voran, Baum¬
die Treue bewahrt, schon aus dem Reinlichkeitsbedürfnis emer unter einer Asch
9h. Roche, Korn sehr angenehm Frl.
0
(Genia) und Brion.
Gabriele
Modl###n i Dr Castabende angemeldeng
#lenr