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24. Das veite Land
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was Hofreiter, Genia und der famose Hoteldirektor
an Lebensweisheit verkünden, grenzt beinahe ans
Pathologische. Es sind betrogene Betrüger, die jäm¬
merlich irregehen, sich selbst und andere belügen.
Schnitzler liebt es, die Dinge, wie sie sind, weh¬
mütig zu betrachten, er zuckt die Achseln und er lä¬
chelt. Er glaubt zu begreifen, daß es keinen Zorn
verdient, wenn unser Willen, unser Wissen und
unser Hoffen an unseren Stimmungen und an un¬
serer Schwäche scheitert und er ergibt sich der Resig¬
nation; es ist ebenso viel Weisheit als dekadente
Mutlosigkeit in solcher Einsicht — aber es ist keine
Kunst, die zu den reineren Höhen eines wahrhaften
und starken Menschentums emporführt ...
Wir sind der Direktion unseres Stadttheaters
nicht nur zu aufrichtigem Danke verpflichtet, die Auf¬
führung des interessanten Werkes ermöglicht zu ha¬
ben, wir schulden ihr auch volle Anerkennung für
die sorgfältige Durchführung der Darstellung und
für die in jeder Hinsicht stimmungsvollen Bühnen¬
bilder. Die Hauptrollen lagen in durchaus bewähr¬
ten Händen. Herr Karl Ander gab den Fabri¬
kanten Hofreiter in vortrefflicher Auffassung mit
glücklicher Betonung der innerlichen Kaltherzigkeit
dieses brüchigen Charakters, die manchmal auch in
dent treffend zum Ausdruck gebrachten ironisch über¬
legenen Ton zum Ausdruck kam. Frl. Trebitsch.
fani in der Darstellung der Genia eine sehr dank¬
bare Aufgabe. Die sichere und völlig ausglichene
Art ihrer Gestaltung, das ruhig schöne Ebenmaß
in der Geberde als auch ihr beseelter Ausdruck si¬
chern ihr für die Zukunft bedeutende Erfolge. Frl.)
Selbing als Erna Wahl ging in den „Produk¬
tionen auf dem psychologischen" Seil leider etwas
fehl. Ihr Ton ist nicht immer ganz natürlich und
oft nicht ohne Manier. Eine kleine Enttäuschung
bereitete uns Herr Saar, der sich im vierten Akt,
als nicht völlig zuverlässig erwies und durch das
Uebermaß in Ton und Geste störend wirkte. Herr
Schich als Dr. Mauer war wie immer zuverläs¬
sig; von den übrigen Mitwirkenden seien noch die
Damen Böcker, Jelly und Landt, sowie die
Herren Elfeld, Kraus, Steinhardt, Lip¬
pert, Schwab und Schrecker mit vollster An¬
erkennung genannt.