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24. Das weite-Land
Boneral-Anraiger, krachten . &
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= Ein neues Drama von Arthur Schnitzler. Das mit
Spannungühneumerk von Arthur
Schnitzler, das der Dichter mit einem nichk ganz leicht,
aber trotzdem durchaus klar zu deutenden Namen „Das
weite Land“ benennt, ist am Samstag in verschiedenen
großen Bühnen zur Uraufführung gekommen. In Frank¬
furt, wo das Stück ebenfalls für Samstag angesetzt war,
mußte leider die Aufführung wegen Erkrankung des Herrn
Lengbach verschoben werden, Wir behalten uns eine Ana¬
lyse des Stückes, das für das Verständnis von Schnitzlers
Weltanschauung von größter Wichtigkeit ist und den
Menschen und seine Handlungen vom Standpunkt einer
resiguierenden Philosophie aus betrachtet, noch vor der Frank¬
#furter Aufführung vor und berichten heute nur über den
Erfolg der auswärtigen Premieren, zunächst in Wien,
im Münchener Hoftheater und im Hamburger
Schauspielhause. Ueber den Erfolg der Wiener Auf¬
führung drahtet uns unser Wiener L. Hfd.=Mitarbeiter
folgenden Bericht:
Wien, 15. Okt. Bei der heutigen Erstaufführung im
Burgtheater hatte Arthur Schnitzlers Tragi¬
komödie „Das weite Land“ einen Achtungserfolg, der
sich nach dem vierten und fünften Akt vertiefte und ver¬
stärkte. Der Dichter wurde oft gerufen.
In Hamburg erweckte das Werk ebenfalls die ernste
Aufmerksamkeit der Zuhörer und hatte anscheinend den¬
selben Erfolg wie in Wien, und nicht weniger fühlten
sich die Besucher der Münchener Aufführung von der
Dichtung gefesselt.
der
Auch im Leipziger Neuen Stadttheater, in
Schauburg zu Hannover und im neuen Deutschen
Theater in Prag wurde „Das weite Land“ am
Samstag aufgeführt und der Erfolg scheint nach den
vorliegenden Berichten überall, mit geringen Verschieden¬
heiten, ziemlich denselben Charakter getragen zu haben:
Respekt vor dem Dichter, unmittelbar starker Eindruck
einiger Szenen und besonders wohlgelungener Gestalten,
aber für die eigentliche Idee und die kunstvolle Psycho¬
logie kein rechtes Verständnis.
Der Titel des Stückes will mit dem Ausdruck „Dasf
weite Land“ die Unbegrenztheit der seelischen Welt sym¬
bolisch ausdrücken und nachweisen, wie wenig alle unsere
moralischen Wertungen des menschlichen Handelns gelten
können, da die physischen Vorgänge zu kompliziert und
zu vielfältig sind, um bestimmten moralischen Gesetzen
unterstellt werden zu können. Das Stück gehört in die
Reihe der in der allerletzten Zeit mehrfach aufgetauchten
Stücke, die nach einer neuen Auffassung des Begriffes der
Tragödie auf Grund der modernen psychologischen
Forschungen zur Theorie der Moral streben. Es wird zu
dieser Theorie noch manches zu sagen sein. Auf jeden
Fall verdient das Werk als eines der tiefsten des Dichters
Tund als bedent sames document humain die ernsteste Beihtungs
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G.o. 14
Theater und Musik.
(Burgtheater.) Zum erstenmal: „Das weite Land“
fünf Akte von Artur Schnitzler. Von der Darstellung der Schnitzler¬
schen Tragikomödie istge## melden. Herr Korff vor
allem überraschte. Sein Spiel war eindringlich, klug, recht fein und
#amüsant durchschattiert und in der entscheidenden Szene auch nicht
Vohne Kraft und Würde. Nur die Liebesszeue im dritten Akt geriet
leer und saftlos. Daran mochte auch Herrn Korffs Partnerin einige
Schuld tragen, Fräulein Hofteufel, die aus einem tapferen,
energischen Mädchen, einer jungen Dame, wie sie Bernard Shaw gern
zur Heldin nimmt, einen selbstbewußten Backsisch macht und trotz
fallem redlichen Bemühen, manches zu bedeuten, unbedeutend blieb.
Fräulein Marberg hat ihren noblen Ton, ihre ausgezeichnete
Kunst im Darstellen edler fraulicher Art noch nicht eingebüßt.
Ihre paar ganz tragischen Akzente im letzten Akt ergriffen. Als
ein Natürlichkeits=Spieler von sauberster Nonchalance bewährte sich:
wieder Herr Paulsen, und in ein paar gedrungene Sätze wußte
Herr Heine die ganze Wucht und Euergie seiner schauspielerischen
Persönlichkeit zu konzentrieren. Herr Höbling hatte eine lächerliche8
Figur zu spielen und das machte er recht gut. Eine delikat=komische
Rolle ging an Herrn Frank rettunglos verloren, eine derbere
Charge brachte Herrn Zeska kleine Lacherfolge. Vorzüglich
Frau Devrient=Reinhold, der reifere, überbewegliche
und beredsame Damen der guten Gesellschaft immer so überaus
echt und amüsant geraten. Herr Devrient war als Ersatz
für Hartmann im letzten Augenblick eingesprungen. Er blieb
taktvoll im Hintergrund und fand keinen Anlaß, sich auszuzeichnen
oder zu blamieren. Die Regie (Herr Thimig) hatte sorgfältige
Arbeit geleistet. Alles ging recht exakt, die Räderchen des Dialogs
griffen tadellos, ohne Stockung und Geknirsch, ineinander. Gelegentlich
wagte sich ein vorsichtiger Realismus bescheiden zwischen den Kulissens
hervor. Da fuhren dann Radfahrer über die Chaussee oder die
Straßenlaternen wurden angejändet oder vom Tennisplatz her
kam ein kleiner Junge gelaufen und holte den verirrten Ball. Im
ganzen war's ein Erfolg für den Dichter sowohl wie für das Burgtheater.
Der interessunten, stellenweise recht subtilen Komödie soll nicht das
Unrecht zugefügt werden, daß über sie in der Hast und Kürze eines
Sonntagsreferats berichtet wird. (Samstag abend war die Premiere.)
Zur Generalprobe hatte der Referent der „Wiener Sonn= und Montags
Zeitung“ keinen Zutritt. Ein recht kindlicher Versuch, mißliebiger
Kritikern durch administrative Maßregeln die Arbeit saurer zu
machen. Die Ansichten über seine Direktionsführung wird Baron Berge¬
durch dertei Verfügungen kaum zu ändern imstande sein. Nich
einmal, wenn er seinen unbotmäßigen Kritikern ernste Garderob¬
Schwierigkeiten im Burgtheater bereiten läßt oder ihnen den Ankai
des Theaterzettels erschwert oder den Wagenrufer gegen sie aufhei
oder sonst eine Verfügung trifft, die dem Ausschluß von den Genera
a. p.
proben an Takt, Geschmack und Räson gleichkommt.