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24. Das weit6—
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Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N 4
Telefon: Norden 3051
Husschnitt aus:
Hamburgischer Correspondent
2 l. Feb. 1925
Kleines Seuilleton.
Thalia-Theater.
Gastspiel Centa Bré: Das weite Land.
Es war eine liebenswürdige Hul##un für S#iler, nein,
für Centa Bré, daß Direktor Röbbeling selbst diese Tragikomödie
inszenierte. Er nahm sie, Gestalter von innen heraus, symbolisch.
Vergitterte sie löste sie. Gebundenes, befreites Land der Seelen.
gdas Geistige, das sich hier sehr ins Typische verliert, ohne
eigenwillige Größe, — szenisch auf und kam damit zu einer Ge¬
schlossenheit, die den Plauderer Schnitzler mit unschnitzlerischen
Mitteln überwand. In Umkehrung seiner Regie=Idee gab es
eine Wirkung von außen nach innen. Im Grunde bedeutet diese
starke geistige Um= und Einformung des nicht nur in seiner Dik¬
tion veralteten Stückes eine Ueberschätzung: Schnitzler ist gar¬
nicht der Mann (am wenigsten in diesem dramatisierten Wiener
Gesellschaftsbild von 1900) der die große Geste eines auf Tiefen¬
schürfung bedachten Regisseurs vertragen könnte. Am besten ist
es, man läßt ihn sich selbst spielen, ausspielen. Dann kommt
weit eher das zustande, was Felix Salten ein „unschuldig heiteres
Auflachen, Ton hingebenden Entzückens und Vibrieren nachdenk¬
licher Melancholie“ genannt hat. Bei dem Schnitzler rämlich,
dem ir noch ebensoviel Liebe entgegentragen können ie der
ihm blutsverwandte Salten. Auf dieser Tragikomödie aber lagern
die Schatten der Vergänglichkeit; in ihrer Weite ist kein Ton
mehr, der zu uns spräche (es sei denn der des guten Theaters),
und die Seelenbeschwörung, die der Arzt und Dichter Schnitzler
versuchte, ist ein leeres Spiel von Liebe und Tod. (Seltsamer
Zufall, daß man drüben im Schauspielhaus dem Schnitzler des
„grünen Kakadu“ ein ehrliches Spiel von Tod und Liebe vor¬
anstellt.)
Freilich, die bildhafte Gesellschaftskomödie in altem Stil und
nicht nach neuen Gesichtspunkten zu inszenieren — das wäre
in
keine Lösung gewesen. So hat Hermann Röbbeling zum min¬
desten das Verdienst, ein Kompromiß geschlossen zu haben zwischen
dieser und unserer Welt. Aus seiner Neugestaltung des Stoffes
erwuchsen so viel Stimmungsreize, so viel wahrhafte Klänge in
Dur und Moll, so viel echte Menschlichkeiten — Wunder dichte¬
rischer Inszenierung! — daß dennoch ein Abend satten Erlebens
daraus wurde. Schauspielerisch getragen von Centa Bré, die,
ganz schlicht, ganz einfach, eine wundervolle Genia war eine
Frauennatur ohne Probleme, aber mit wurzelzart verästelten
seelischen Dingen getragen auch von Heinz Stieda, der
seinen Hofreiter mit starker und doch geschmeidiger Akzentuierung
gab, von Karli Bozenhard mit ihrer fraulich umkleideten
Anna. Johanna Platt, sanft gedämpft, spielte die Frau Wahl,
Willi Grill in gleicher Zurückhaltung den Dr. Mauer, Ernst
Hallenstein den Natter. In der Rolle des Aigner hatie
Heinrich Lang Stil und Haltung; den Otto gab Max Frie¬
drich, die Erna Marianne Wentzel. Ob Schnitzler sie so ge¬
wollt hat? Prätentiös, mit erstarrter Gebärde, sich ewig wiede
holend?
E. K
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Dr. Max Goldschmidt
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Suro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N4
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Telefon: Norden 3051
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Thalia=Theater. Arthur Schnitzler: „Das weite Laud
Gastspiel Centa Bré.
Tieie Trugilamodie ist eigentlich nur ein dramatisierter
Wiener Gesellschaftsroman. Zwar sehit dem Dialog auch hier
nicht die Sobtilität und alle zarte, psycholegische Einfuhlung, der
Schnitzter fälig ist. Aber der Pau eines Fünfakters braucht
festere Stützen, um als hoher Wachtiurm über das weite Land¬
der Seele schauen zu können. An solchen Stücken, die in der
Nähe des Ibfenschen Naturalismus stehen, obgleich sie ganzs
wienerisch gedacht und geschaffen worden sind, merken wir
immer wieder den Wandel der Zeit. Wir wollen das feste
Knechengerüst der Gestat sehen, wenigstens fühlen und irgend=
mie ma da# iewen ine Mesmi eni