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box 28/2
bas weite-Land
weiß, daß sein Freund sterben mußte
ie dent henti n inten ein in ie Gelt uensene
trotzdem sie ihm gut war, ist sie ihm
Erkenntnis und schwindender Jugend geworden war.
ist ihm unheimlich, daß ihre Tugend
Die „Komödie“ schwebt freilich ein wenig über diesem
Der Morgen, Wich.
nur unter Gänsefüßchen denken kann
Stück; sie liegt mehr in der Betrachtung und in den Beleuchtungs¬
kein Recht hatte, ein Schemen also,
absichten des Dichters, als in der Führung der Handlung und in
einen anderen Menschen in den Tod #
den Schicksalen der Personen. Eine Tragikomödie entsteht gewöhnlich
16 10. 1910
unheimlich, und so verrückt das klingt,
dadurch, daß der Dichter die Karikatur, die dem Helden für den
er selbst die innere Freiheit, das N
erharmungslosen Beobachter ins Gesicht geschrieben ist, mitzeichnet.
der Treue und Tugend der Gattin,
Und dadurch, daß der Dichter zeigt, wie das Leben auf die Kon¬
Der neue Schnitzler im Burgtheater.
schon wieder braucht, weil er nach der
tinnität einer tragischen Entwicklung keine Rücksicht nimmt, sondern
„Das weite Land“ Tragkomist in funf uten. Erse Aufährung an Wieper,
etwas modernisierten Hilda Wangel,
seine Banalitäten, seine kleinen Bosheiten gegen das Helden¬
Burgtheater am 14. Oktober 1911.
Hotel treffen sich die beiden, denn Hof
mäßige rücksichtslos d. zwischenwir##. Hier aber entsteht die Tragi¬
Es ist wieder ein Stück, dessen Titel unter Anführungs¬
Gebirgstour verordnet, und Erna flieg
komödie im wesentlichen daraus, daß der Dichter auf die
zeichen steht. Nicht das erste dieses Dichters. Diese ungeschriebenen
er zurückkommt, macht er in Baden, eh
Tragödie des Lebens von einer Warte herabsieht, von deren
und doch so deutlichen Anführungszeichen spuken schon um sein
geht, Erna eine nächtliche Fensterpron
Höhe aus gesehen die tragische Gebärde etwas Putziges, etwas
erstes Schauspiel „Das Märchen“, man fühlt sie um die Titel
heit bemerkt er, wie ein Fähnri
marionettenhaft Drolliges erhält, aus der ein Kampf auf Tod
„Liebelei“, „Freiwild“, „Lebendige Stunden", „Zwischenspiel“,
seinem Hause verkehrte, just aus
und Leben kaum mehr von einem Maulschellenduell der Poli¬
„Der Ruf des Lebens“. In diesem Drama werden sie am
seiner Frau steigt. Frau Genia ha
chinelles zu unterscheiden ist. Ganz drüber hinaus wäre er, wenn
lebendigsten, ringen am kräftigsten nach dramatischer Schlagkraft.
Ihr eigener Gatte hat ihr ja di
er dieses Leben, auf dem er emporgestiegen ist unter dem Messer
Und aus dem letzten Akt des Schauspiels vom Ruf des Lebens,
dankens verständlich gemacht, daß sich
halten könnte, wie der Anatom die Leiche. Aber sein Herz schlägt
in dem mir der Dichter, nach dem „Schleier der Beatrice“, am¬
„Tugend“ willen zum Leichnam machen
noch mit denen, die da drunten kämpfen und bluten und er fühlt
höchsten über dem Getriebe dieser Welt zu stehen scheint, auf so
kehrt nun Hofreiter wirklich in sein Ha
sich noch gar nicht sicher, daß es sich ihm nicht noch einmal aus
hohem Felsengrat, daß fast schon das Schicksal wie eine Wolke
heißen Liebesszene mit Erna provoziert
der Brust stiehlt, daß er es nicht plötzlich in den lieblosen, kalten
nter seinen Füßen spielt, aus diesem Akt müdester und zugleich
vor die Pistole zu bekommen. Und wei
Händen seiner eigenen Gestalten wieder erblickt und zusehen muß,
stolzester Befreiung scheint mir Schnitzlers einsamer Weg fäst
zum Totlachen ist, nimmt er sich den
wie es fern von ihm da drunten zu bluten beginnt. Denn es ist
geradeaus in dieses „Weite Land“ zu führen. Vom Schauspiel,
liebten, der alles weiß, mit dem er ei
die eigene Tragikomödie, die er dichtet. Und sie ist ihm keineswegs
wohlgemerkt, in die Tragikomödie. Darin liegt der Fortschritt.
erhobenen Fäusten zusammengeprallt w#
lustiger geworden, seit sie den Komödienbeigeschmack erhalten hat...
Von jenem Felsengrat gab's kein Aufwärts mehr. Von der Er¬
der schlägt ein, denn er ist ein Philoso
Der Wiener Fabrikant Friedrich Hofreiter, der in Baden
kenntnis, wie dieses Leben sich selber verschlingt und doch wieder
Gatten: „Was ist dir denn eingefalle
eine Villa besitzt, hat seine Frau unter anderem mit der Gattin
bloß dadurch, daß es weiter dauert, Schmach und Grauen mit
noch das Geringste läge ... wenn es
seines Bankiers betrogen. Die Frau lennt die Geschichte und weiß,
Rosen umkränzt, wie Sontenaufgang und Sonnenuntergang
und Hofreiter an
sucht, Liebe ...“
daß sie gerade vorüber ist. Und ein junger Klavierspieler, der im
Kärker sind, als alle angestaunten Menschlichkeiten; wie die Natur
dem verspür' ich allerdings verdammt
Hause verkehrte, hat sich just erschossen, weil sich Frau Hofreiter
mit ein paar grünen Blättern und ein paar bunten Blumen alle
nicht der Hopf sein . . .“ Und am and
ihm versagt hatte. An sie hat er seinen einzigen Abschiedsbrief
unsere kategorischen Imverative der Moral übertölpelt und das
Fähnrich Otto Aigner, den Sohn e
gerichtet und ihr gestanden, daß er ein Ende machte, weil sie ihren
Spiel unserer Nerven, das sich hochmütig in eine Weltenharmonie
Freude seiner Mutter, die er selbst
Gatten nicht verlassen wollte. Da Hofreiter die Gattin mit Fragen
hineinlügen möchte, brutal an ihr Gesetz des Keimens und Ver¬
Denn in dem Augenblick, in dem er i
quält, zeigt sie ihm diesen Brief. „Hättest du ihn erhört, wenn
gehens bindet — von dort aus gab es kein Höher mehr. Da
übersteht „mit seinem frechen jungen B
du gewußt hättest, daß er sich sonst tötet?“ fragt Hofreiter. „Ich
wendete sich der Dichter zurück, um das eroberte Gebiet zu über¬
der andere oder er. Bewundernd sie
hätt' nicht können, weiß Gott warum . . .. ich hätt' nicht können“.
schauen und das soziale Leben, das ja um ihn her während seiner
„Wo du immer hingehen willst, ich
antwortet Frau Genia. Etwas Sonderbares geht in Hofreiter
ganzen Entwicklung so ziemlich das gleiche geblieben war, mit den
Ergebnissen dieser Entwicklung zu revidieren. Das zwang ihn, .vor. Er hat neben seiner Frau gelebt, kaum mit ihr, aber seit er dankend ab. Er hat sich in diesem Au