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24. Das weite Land
box 29/6
12100 Sierten Caniegrunen
vem 1
+ Wie gefällt Ihnen Schnitzlers Stück?
Recht gut, nur pafEitel nicht.
Wieso?
Er bleibt mit all' seinen Typen in der
innern Stadt und nennt die Sache
„Das weite Land“.
Ausschitt aus:
12 NooPtaper Tagblatt
vom:
#„Rosenstock.“ Im „Ill. Wr. Extrablatt“
wird folgendes amüsante Geschichtchten erzählt:
Seitdem der Portier vom Südbahnhotel auf dem
Semmering durch Artur Schnitzler „in die
Perr
Literatur hir
Rosenfrock früher nie gekannte Wonnen. Stolz
erzählt der wackere Torwart jedermann, er habe
die Zuständigkeit ins Burgtheater erlangt. Im
„Weiten Land“ wird von ihm geredet, dort
ist ihm eine wichtige Rolle zugefallen. Und Herr
Thimig (der die Rolle des Portiers aus dem
„Weiten Land“ im Burgtheater aibt), trägt seine
Kappe, seine Uniform. In Gesellschaft Schnitzlers
ist Thimia auf den Semmering gefahren, um an
Ort und Stelle Studien zu machen, um das Ori¬
ginal persönlich kennen zu lernen. Schnitzler ge¬
traute sich nicht recht eine lebende Person auf das
Theater zu stellen. Erst nach längeren Beratungen
mit guten Freunden griff er Herrn Rosenstock aus
dem Leben. Thimitz saß mehrere Stunden in der
Hotelhalle um das Vorbild zu beobachten, abzu¬
gucken, wie er sich räuspert, wie er mit den Gästen
verkehrt. Und plötzlich trat Herr Rosenstock auf
den Schauspieler zu, klopfte ihm auf die Schulter
und sprach mit höflicher Verbeugung: „Verzeihen
Sie meine Frage, sinb Sie nicht ein — Journa¬
list?“ Thimig schaute den Interpellanten groß an
und verneinte. „Warum machen Sie sich fort¬
während Notizen?“ wollte der Torwart wissen.
Den Schauspieler belustigte die Situation und er
stellte sich vor. „Aha“ — meinte der Großschlüssel¬
bewahrer — „Sie wollen mich kopieren? Das haben
schon Andere ebenfalls versucht. Ich hin doch weder
ein berühmter, noch ein interessanter Mensch.“
Worauf Thimig liebenswürdig ergänzte: „Aber ein
braver Mann sind Sie, Herr Rosenstock.“ „Par¬
don,“ korrigierte der Portier, „ich heiße seit
kurzem — Rostler.“

ehhltt au
I4PPESTER LLOVO
Aöis und stunt.
(Konstantin Christomanos †) Aus Athen,
wird uns gemeldet: Der langjährige Vorleser der Königin
Elisabeth Konstantin Christomanos ist heute hier gestor¬
ben, nachdem er schon längere Zeit ernstsich trank war. Er
begleitete wiederholt Königin Elisabeth auf ihren Reisen, da
die Königin bekanntlich sich für die neugriechische Literatun=sch¬#
interessierte. Christomanos war auch literarisch tätig und hat
sich als Uebersetzer in literarischen Kreisen einen Namen ge¬
macht. Nach dem Tode der Königin schrieb er ein Buch über
Königin Elisobeth, in dem er sie verherrlichte. Als der zweite
Teil der „Kalenderblätter“, wie er das Werk betitelte, erscheinen
sollte, und bekannt wurde, daß sich mehrere Kapitel mit weiland
dem Kronprinzen Rudolf beschäftigen, wurde auf Christomanos
von maßgebender Seite eingewirkt, die Herausgabe des zweiten
Teiles der „Kalenderblätter“ zu unterlassen. Christomanos ging
nach Paris und plante, den zweiten Teil des Werkes dort in
französischer Sprache herauszugeben; auch hievon wurde er ab¬
gehalten. Seither lebte er in Athen, wo er eine neue Bühne
begründete, an welcher mehrere seiner Werke mit Erfolg zur
Darstellung gelangten. Christomanos zog griechische Theater¬
schauspieler in europäischem Sinne heran. In deutscher Sprache
sind von Christomanos unter anderem „Die graue Frau“ und
„Die orpheischen Lieder“ erschienen. Der Vater Christomanos',
Anastasius Christomanos, war Professor der Chemie an der
Universität in Athen. Seine Mutter war eine Oesterreicherin.
Ein Cousin des Verstorbenen war der im Vorjahre in Meran
verstorbene Landtagsabgeordnete und Förderer des Fremden¬
verkehrs in Oesterreich Dr. Theodor Christomanos, eine sehr
interessante Persönlichkeit, die Arthur Schnitzler in einer Figur
seines neuesten Stückes „Das breite Land“ auf die Bühne ge¬
bracht hat.