Faksimile

Text

box 28/1
23. Der Schleiender- Bierrette

„un — — — —
——
m grünen Hügel ruhen, haben vor dreißig srische Gelächter, in dessen Strudel manches gesprochene sehr groß. Ema nuel Striese, der Große, hat sich einmal wieder
eschrieben, das sie überlebt. Ein Stück? Wort auf der Bühne verschwand.
als Helfer bewähat.
n. —
spielenden Musiker zertrümmert. Nun soll wieder getanzt werden.
ist thematisch vollkommen durchgearbeitet und findet immer
Entsetzt weisen die Musikanten auf ihre zerstörten, falsch klingenden
wieder Gelegenheit, sich in größeren Formen zusammenzuschließen.
ier der Pierrette.
Instrumente. Doch „Tut nichts, nur spiele.:!“ heißt es. Und
Er baut die einzelnen Szenen auf und steigert sie, arbeitet nicht
da erklingt nun eine Schnellvolka, die etwas wahrhaft
mit einer verwirrenden Mosaiktechnik, sondern mit sicherer Zeich¬
Bildern von Arthur Schnitzler.
Spukhaftes hat. In B-dur bläst die Klarinette andauernd
nung und starken Farben. Um nur einzelnes herauszugreifen:
Ernst von Dohnänyi.
h, der Klavierspieler greift im Baß e für k. Wundervoll
da ist ein feiner, lieber Walzer im Lannerstil, mit dem
fein ist das gemacht. Eine fahle Dämmerung breitet sich
am Anfang die Freunde Pierrots den Liebeskrank.n aufzuheitern
über die tanzenden Paare. Und während die groteske Polka un¬
suchen und, als Gegensatz, ein absichtlich derb instrumentierter,
rstaufführung
ermüdlich weiter hüpft und zappelt, schreitet langsam, von seinem
moderner Walzer, der zu dem rauschenden Hachzeitsfest des
drohenden Posaunenmotiv geleitet, der tote Pierrot durch den
zweten Aktes überleitet. Da sind die zierlichen Tänze der Hoch¬
us zu Breslau am 21. März.
Saal. Dieser Szene ist auf der mustkalischen Bühne
zeitegäste, da ist endlich der fieberglühende, in wilden spanischen
wenig an die Seite zu stellen. Das dritte Bild: aus dem
Rhythmen sich überstürzende Wahnsinnstanz Pietrettes vor der
Leiche Pierrots. Und dazwischen eine Fülle von gerade¬
fortlaufenden Tanz ist jetzt mehr eine mimische Szene geworden
itung". Unsere Zeit wendet sich von
voll starken dramatischen Lebens. Diese Lösung ist ganz
zu genialen Instrumentationsgedanken, die das
zu. Im Schauspielhaus sah und hörte
fehlende Wort vollauf ersetzen. Man denke nur an die oben er¬
unvergleichlich besser als die erste. Am Schluß gab es reichen
Enes der besten Werke auf diesem
Beifall.
er Schleier der Pierrette“ von Arthur
wähnte Szene der Liebenden, wo Oboe und Sologeigen ihren
fik von Ernst von Dohnanyi. Als Kom¬
letzten heißen Kuß begleiten, bevor mit Posaunen, gestopften
„Breslauer Morgen-Zeitung". Der Bühne hat Ernst
nzst einen geachteten Kamen. Dieses sein
Hörnern und Tamtamschlägen die Katastrophe hereinbricht. Oder
von Dohnanyi bisher nur diese Pantomime geschenkt, die in
an die Melodie der gedämpften Celli, die im zweiten Akt die
r Jahre alt. 1910 fand an der Dresdener
Dresden, Wien, Berlin und anderwärts mit großem Erfolg be¬
rührende Aengstlichke i1 Pierrettes malt, die finsteren Figuren der
lich glänzende Uraufführung unter Leitung
reits aufgeführt wurde. Zu diesem Erfolge hat zweifellos neben
In Dresden ist es in diesem Winter
Bässe, mit denen in Arlecchino die Wut aufsteigt, die gespensti¬
seiner Musik die packende Handlung Arthur Schnitzlers
n ausgenommen worden. Berlin hat die
schen Tanzschritte des Fagotts, die Pierrettens Wahnsinnsausbruch
vie beigetragen. Die Musik Dohnanyis ist würdig der Dichtung
bttenburger Deutschen Opernhause unter
ankündigen. Kurzum: hier ist eine Musik von solcher Ori¬
Ehnitzlers. Sie weist in jedem Takt hervorragendes
n erlebt. Auch im Auslande, in Kopen¬
ginalität und Schönheit, daß man nur hoffen kann, ihrem
technisches Können und ungewöhnliche melodische
Schöpfer bald wieder in einem anderen Bühnenwerk zu begegnen.
tes starke Erfolge zu verzeichnen gehabt.
Kraft auf, schmiegt sich in jeder Phase den Vorgängen auf der
Das Publikum bereitete der Paniomime jene herzliche Auf¬
kzügliche Buch seinem Drama „Der
Bühne an und ist bei aller Grazie und süßem
nachgedichtet. Der junge Pierrot und die
nahme, die sie wohl verdiente und die ihr bei den folgenden
Wohllaut von dramatischer Schlagkraft erfüllt.
nander. Doch sie muß den Eliern folgen
Aufführungen hoffentlich treu bleiben wird.
Die Höhepunkte der Partitur erblicke ich in dem von Alt=Wiener
Harlekin zum Manne erwählen. Von
Grazie erfüllten Walzer im ersten Bilde, in der von leidenschaft¬
„Breslauer Zeitung“. Die Musik Ernst von Dohnänyis,
sie in Brautgewand und Schleier zu
licher Glut und sinnlicher Melodik durchtränkten Liebesszene, in
die sofort mit markantem Motiv den tragischen Grundton des
dem sie nicht lassen kann. Gemeinsam
dem flotten C=Dur=Walzer, der das erste und zweite Bild ver¬
Werkes bezeichnet, löst ihre Aufgabe, die äußeren Vorgänge und
rrot trinkt das tödliche Gift, doch sterbend
bindet und zu dem grausigen Schluß des ersten Bildes den rich¬
die seelischen Stimmungen und Wandlungen anstelle des fehlen¬
Becher aus der Hand. Von der Leiche
tigen Kontrast bildet, sowie in dem sich bis zur Ekstase steigernden
den Wortes zu illustrieren und darzustellen, mit bemerkenswertem
Khnfinnigem Schreck. Unterdessen vermitt
Wahnsinns=Tanz der Pierrette im dritten Bilde Das reich
Geschick, Seine Musik hat drumatische Gewalt und
Eigenart.
arlekin schäumt vor Wut. Als sie dann
kolorierte Orchester weist aber auch Jonst manchen feinen Zug
der Erscheinung des toten Pierrot in ihren
auf. Der Direktion Löwe gebührt der Dank der Musikfreuude
„Schlesische Volkszeitung". Dohnänyis Musik gemahnt
dafür, daß er ihnen die Bekanntschaft mit diesem inter¬
folgt. Der Bräutigam bemertt, daß ihr
in ihren wuchtigen Klangkombinationen und ihrem
t der Fliehenden zur Wohnung des Ge¬
essanten Werke vermittelt hat Den Kunstverständigen
kühnen harmonischen Aufbau auf Schritt und Tritt an
n und beginnt nun ein teuflisches Spiel
bringt das Weck großen Genuß. Das Publikum be¬
den Bayreuther Meister. Dabei soll aber durchaus nicht gesagt
rd der tote Pierrot gelegt, Harlekin tinkt
reitete der Rovität einen starken Premierenerfolg.
sein, daß seine Persönlichkeit in der Partitur untergeht. Alle
e, sich zu dem schaurigen Gelage zu setzen
„Breslauer General-Anzeiger“. Schnitzler wollte im
dramatischen Vorgänge hat Dohnänyi mit starkem Empfinden
bei ihm ein. Da kommt der Wahnsinn
„Schleier der Pierrette“ zeigen, daß er auch ohne das
auch musikalisch zum Ausdruck gebracht; ja, er unterstreicht in
nzt und tanzt, bis sie tot umsinkt. Ein¬
scharf analysierende Wort aufs stärkste zu wirken ver¬
bewundernswerter Kleinmalerei jede Miene und Geste, jeden
rots finden entsetzt die im Tode vereinigten
stehe. Diese Pantomime hat einen hervoragenden
dramatischen und lyrischen Affekt mit solcher Deutlichkeit, daß die
daß dieses Buch dem nachschaffenden
artistischen Wert. Die Deutlichkeit, mit der sie ohne
Musik auch ohne das Bühnenbild bei bloßer Benutzung des Text¬
keiten bietet. Man darf sagen, daß
Worte alles nötige zu sagen weiß, ist erstaunlich. Die Szene
buches durchaus verständlich wird. Dabei steht ihm eine In¬
hrzüglich zu nutzen verstanden hat. Es
zwischen Pierrot und Pierette im ersten Akt zum Beispiel ist
strumentierungskunst von staunenerregender
hinter diesem Werk. Eine blühende
von einer so plastischen Klarheit, wie sie Worte nicht
Vielseitigkeit und erlesenem Geschmack zur Ver¬
Er im besten Sinne des Wortes modernen
besser vermitteln könnten. Eine eminente Geschicklich¬
fügung. Seine Orche sterfarben sind lebendig und von glühender
eschmack lebt in ihr und andererseits ein
keit steckt in dieser Arbeit, eine sichere Technik. Er fand
Leidenschaftlichkeit. Allen Gefühlsregungen und seelischen Stim¬
natischer Nerv. Mit der beste Teil
einen kongenialen Komponisten, der mit raffinierter
mungen wird er gerecht. Dazu trägt seine Musik den Stempel
e Tanze. Gleich zu Anfang tanzen da
Kunst alle musikalischen Möglichkeiten, die diese Pantomime
vollster Einheitlichkeit, die das Ganze wie aus einem Gusse
ihren Mädchen einen langsamen Walzer,
bot, auszunützen wußte. Ernst von Dohnänyi hat im „Schleier
geformt erscheinen läßt. Das zeigt sich auch in den blenden¬
En jieblich und schmiegig ist.
der Pierrette“ gezeigt, daß die Bühne in ihm eines ihrer stärksten
den, raffiniert gearb eiteten Zwischenspielen,
e eröffnen das zweite Bild — ein har¬
Talente zu erkennen hat. Dohnänyi verschmäht das billige Aus¬
namentlich in dem von hinreißendem Schwunge be¬
feines Menuett löst sie ab. Und
kunftsmittel der meisten Melodramkomponisten, einfach eine unter¬
seelten Walzer, der als Ueberleitung vom ersten zum
knkt: Die Gespenstererscheinung Pierrots.
malende Begleitmusik zu schaffen und, sich dem Bühnenvorgang
zweiten Bilde dient. Von einem großen Erfolge darf un¬
Wut die Instrumente der zum Tanz auf=] unterordnend, auf jedes Eigenleben zu verzichten. Seine Musik I eingeschränkt gesprochen werden.
0
S