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22. Der junge Ledandus
„OBSEHVER“
I. öster
##rdl.
konser
Bure
für Zeitungemenanighten
Berliner Hörven Gapien, Bon.
Wien, 1.
Morgenausgabe
Konkordiuglatz 4
25 KONEREER 1810
Schnitzlers „Der junge Medardus“.
UnserWreiker Korrespondent schreibt uns:
Nicht als Gesellschaftspsychologe, als den wir
Arthur Schnitzler seit Jahren schätzen und be¬
wundern, nicht als Schilderer der weiblichen Psyche,
sondern als dramatischer Historiker versucht sich der
schaffenfreudige Führer der Junzwiener Dichter hule
mit seinem Drama „Der junge Medardus“, welches
das Burgtheater morgen aus der Taufe hebt. Ein
Stück Kulturgeschichte aus den bewegtesten Tagen,
welche über Wien hereingebrochen waren, aus den
Tagen der „Wiener Franzosenzeit“ unternimmt
Schnitzler zu schildern. Vom großen Welttheater, dessen
erster Held und Oberregisseur der kleine Korse gewesen,
leiht er sich die Elemente und so manche Figur, um
sie auf das wirkliche Theater zu bringen. Zunächst
schildert er mit fast photographischer Treue das aus
seiner Stille und Beschaulichkeit mit einem Male
durch den wüsten Kriegslärm aufgescheuchte Altwien
von anno Neun. Wir lernen die Familie Klähr
kennen, die Witwe den Sohn und die Tochter eines
Buchhändlers. Medardus Klähr, ein junger Feuer¬
kopf, ein beherzter, lebensfrischer Jüngling, rüstet eben,
um gegen den Franzosenkaiser in den Krieg zu ziehen,
womöglich zur Armee des Erzherzogs Karl zu stoßen.
Seine Schwester Agathe liebt den jungen Herzog
François von Valois, den Sohn eines Emigranten,
dessen Güter Napoleon konfiszierte und dem er Rang
und Titel aberkannte.
Er ist entschlossen, die Bür¬
gerliche zu heiraten, doch die gestrenge Mutter
begehrt, daß, wie es sich ziemt, die Eltern
des Bräutigams persönlich werben kommen.
In der Abschiedsstunde des Medardus stellte Frangois
diesen Besuch für die nächsten Tage in Aussicht.
Wenige Stunden später bringt die Strömung der
Donau ein blühendes Menschenpaar herangeschwemmt:
Agathe und Frangois, die vereint zu sterben beschlossen,
da die Ankündigung von der Werbung nur ein holder
Traum gewesen und die verführte Agathe die Schande
nicht überleben wollte. Nur von dem Gedanken be¬
seelt, Rache zu nehmen an der Familie des Verführers,
tauscht Medardus mit einem Freunde die Rollen, läßt
diesen in den Krieg ziehen indes er sich in die Bürger¬
miliz einreiht.
f dem Friedhofe, nach der
Beerdigung des Liebespaares, stößt Medardus
mit der ihm bis dahin unbekannten schönen
Schwester François, Prinzessin Helene, zusammen
und verletzt die höhnisch behandelte Dame. Er wird
vom Marquis von Valois herausgefordert, dem sie
ihre Hand verspricht, falls er den jungen Tollkopf im
Duell töte. Medardus kommt mit einer leichten
Stichwunde davon. Helene ist indes anderen Sinnes
geworden; hat sie nun an Medardus Feuer gefangen
oder erblickt sie in dem wagehalsigen Heißsporn ein
Werkzeug für die sie wie alle Vallois erfüllende Rache
an Napoleon — leider läßt der Dichter über diesen
swesentlichen Punkt zum Schaden des Verständ¬
nisses im Unklaren!
— kurz, sie sendet ihm Blumen
und teilnehmende Grüße. Nun reift ein teuflischer
Plan in ihm sie „mit den hochmütig mörderischen
Fingern einer Valois“ sich zu erobern, um sie dann
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
sanderen Hauptfigur im Zweifel bleibt. Es fördert
preiszugeben, die Schande, welche die Valois über
auch gewiß nicht die Wirkung des Dramas, daß zwei
sein Haus gebracht, mit gleicher Münze zu vergelten.
Haupthandlungen nebenemander hergehen: die Tra¬
Und trotz der brennenden Wunde stürmt er, aller gödie des Hauses sagen wir des „Hinter"hauses
Gefahren nicht achtend, in das schloßartige Asyl der Klähr und die Tragödie, die mit allen Mitteln
Valois und
in derselben Nacht (!) ist die Stolze arbeitende Verschwörungsmache des „Vorder“hauses
sein Eigen
Valois. Und man begreist zum Schluß umso weniger
Sie wird sein Schicksal, und von nun ab sollte das
die große Pose des wieder plötzlich heldenmütig ge¬
wordenen Medardus, der um jeden Preis als Held
Schauspiel mit seinem überaus komplizierten Räder¬
werk von Rechtswegen „Die junge Helene“
sterben will und seiner ihn heiß umklammernden
heißen. Der ersten Liebesnacht folgen noch manche
Mutter nicht achtend, dem Kaiser Napoleon sagen
andere, selbst dann noch, als Helene dem Marquiskläßt, er wolle auch fürder nicht abstehen, nach seinem