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22. Der Junge-Medandus
Telephon 12801.
5
WN ERTENEESS
2
G l. österr. behördl, konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte
66
Wien, I., Concordiaplatz 4.
2
Vertretungen
* in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genk, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New Vork,
m Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe eine Gewahr,)
12 Ausschnitt aufasiiterarische Deutsch-Osterreich
Wien-Leipzig
12. 1910
vomi
ES
Wiener Theater-Bericht
E28
82
(1. bis 30. November)
8

1
dramatische
Burgtheater. „Der junge Medardus“,
Historie von Artur Schnitzler, Ast die Tragödie des
Uberhelden, der, von dem Widersimfjt seiner Ideale über¬
wälligt, dem Indifferentismus verfälft und im freigewollten
Tod seine Lebensschwäche sühnt. Es sind keine ethischen
Werte, die der Dichter hier schuf, wohl aber ein Bühnen¬
bild von starker Wirkung, dessen Szenen, jede für sich be¬
trachtet, den Stolf eines ganzen Dramas erschöpfen. Die
künstlerische Gestaltungskraft Schnitzlers hui damit einen
Höhepunkt erreicht, und doch zeigt das Werk empfindlich
den Mangel jener idealen poelischen Gerechtigkeit, die wir
schon so oft bei dem Dichter vermißten und die das schöne
Vorrecht gerade des Dramatikers ist. Es ist jene Auffassung
des Tragischen als blindes Schicksal, das die Besten und
Edelsten boshaft zerstört, die absolute Selbstverneinung des
Willens, über der die kalt lächelnde Erkenntnis der Nich¬
ligkeit alles Menschentums thront. Die Aufführung, die
5 Stunden beansprucht, stellt große Anforderungen an die
Kräfte des Burgtheaters, das die Aufgabe darstellerisch und
szenisch glänzend löst.
box 26/7
„OBSERVER“
I. österr. behördl.
konzessionirtes
Bureau
für Zeitung snachrichten
Wien, 1.
Konkordiaplatz 4
5-GE2 1910
Wishalemstang.
Theatergrammophon.
Noch immer steht das Burgtheater im Zeichen der Medar¬
dus=Witze; da der große Erfolg alle die vielen Mitwirkenden in
Frohlaune erhält. Guter und schlechter, wie es eben die rasche
Prägung mit sich bringt. So behauptete einer, das Wiener Pub¬
likum werde an solchen Abenden genötigt, auf das warme Nacht¬
mahl ganz zu verziechten und seinen Hungere im Buffet zu stillen.
(Tatsächlich bestätigt der Pächter, daß bei Medardus=Vorstellungen
um nahezu ein Viertel mehr an Schinkensemmeln gekauft würden,
als bei Normalaufführungen. „Was wollt' Ihr?“ glossi###e ein
bekannter Hofschauspieler diese Erscheinung „Schnitzler-hat eben
auch das Abendbrot — kalt gemacht.“ — Besönders ergötzlich,
und für Provinzverhältnisse charakteristisch — war jedoch
die Bemerkung, die einer der „Bürger“, der im Vorjahre noch in
Olmütz engagiert war, machte. „Ein wahres Glück“ sagte er
„daß ich nicht mehr in Olmütz bin. Denn wenn die dort den
„Medardus“ aufführen wollten, wäre ich gezwungen gewesen,
an so einem Abend gleich — zwanzig Rollen zu spielen!“ —