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M
22. Der jungedardus
Nr. 1504
Wien, Montag
wori
Tritsch=Tratsch.
der
„A stierer Monat, der Dezember,“ begrüßte die Maltschi
es
ihren Freund. „'s geht viel vor, überall wird mit Händ' und
Füaß garbeit', aber vor die Feiertäg' herrscht halt gar so
müt
viel Angst. Dös san g'fährliche Zeiten bis zum heiligen Abend.
seit
Erst der Zinstermin, nachher die Sparwut fürs Christkindl,
Di
glauben S' dös all's wird net a in die Theater g’spürt? Und
die ham do meist schon 's stärkste Pulver verschossen. Da
Ihr
heißt's halt nachhelfen, wattieren auf alt und neu.“
ich
„Wenn Sie über den Punkt und anderes plauschen mir
wollen, so daß es kaner hört, so geh'n ma irgendwohin, wo kar
ma ganz ungestört sein, also, — ganz recht, nur marsch hinein vor
in die Residenzbühne. Was, zur Kassa soll ich? Naiv, was Sie so
sind. Ich hab' doch längst für solche Fälle meine paar Karten] abe
sir uns. — So, da sitzen ma. Die Schauspieler wer'n uns
un
hoffentlich auf der Bühne nicht übermäßig genieren. Sie ham ihr
von den Theatern g'redt früher und der Ausred, daß der be¬
Monat so mies is. Ja, aber warum rennt man dann doch in tät
die Burg, wie net gescheit? Interessantes muß man halt bieten ga¬
und der Artur Schnitzler hat jetzt Oberwasser in Wien. der
1240 Kronen für jeden Medardus, wenn ausverkauft, und extra,
Li
nach an alten Hofprivileg noch a sogenanntes Dichtungshono¬
rar; dem Manne is geholfen worden, dos nenn' ich a Resi¬
benzbühne. Natürlich versucht der Weisse jetzt auch, mit'n
Schnitzler die Parad' abzuzieh'n und hat zu dem Zweck den
„Anatol“ so heriusstaffiert, daß an die Augen übergeh'n.
„No und wia. Im Volkstheater ham's 'n Ehrgeiz
drein g'setzt, sogar solchene einfache Interieurszenen dösmal mit
b'sondern Naturalismus außiz'bringen. Der Eifer vom Re¬
gisseur war dabei so groß, daß er an braven, ehrlichen Pro¬
fessional, was bisher in aller Unschuld dahing'lebt hat, in Si¬
tuationen 'neing'hetzt hat, gegen die die Versuchungen des hei¬
ligen Antonius 's reinste Kinderspiel waren. Alstern, Sie
müssen wissen, daß das Volkstheater an eigenen Tapezierer
hat, nämlich derartig, daß a jed's von die wunderschönen Mö¬
belstück auf der Bühne, zumindesten alle Polsterungen, die Ent¬
würfe dazu und selbstverständlich die Draperien im Hause selbst
verfertigt werden. Der Mann, ein Künstler in seinem Fach, er
hört auf'n Namen „Ehrlich“ sollt nun auch die, sagen ma:
Sitzgelegenheiten vom Anatol und seinen süßen Mädeln be¬
sorgen und daß all's genau nach der herrschenden Mod' aus¬
fallt, ham's eahm eine Studienreise durch sämtliche Cham¬
bres separees von Wien machen lassen! Alle Nachtkaffees
und Restaurationen hat er zu dem Zweck perlustriert z’wegen
der „Einrichtung“ und eine Moral wär' oft in der größten
G'fahr g’wesen, wann er net vorsichtshalber sich zumeist auf
die Tageszeit und auf die Im mobilien beschränkt hätt. Das
bewegliche Inventar is net in sein Ressort g'fallen; so a Stu¬P
dium wär' über seine Kraft gangen und „Ehrlich“ hätt' am
längsten gewährt.“
„Daraus seh'n Sie nur wieder, was für Gefahren die ###
Theaterluft mit sich bringt. Ein Mitglied derselben Bühne
hat unlängst vier Täg beim Fischer in Reichenau verbracht,
aus Angst, daß eine langjährige Geliebte ihre Drohung könnt'
wahrmachen und ihm, wie sie gesagt hat, mit'n Vitriolflaschl
binnen 24 Stunden auf die Buden steigt. Zum Glück hat sie
sich's überlegt und er is vorläufig davor bewahrt, gewaltsam a
Ehemann zu werden oder auf die Länder zu fliehen. Das##
hat's die Selma Kurz grad umgekehrt gemacht; die war nie Ge
unverlobter, wie in der Stadt, aber a Bronchialkatarrh hats##
ihr am Semmering den Gatten zugeführt. Mei herzlichste Gra¬
kulation. Wann sie jetzt nur hübsch lang noch beim Theater
bleibt.“
„Warum nöt? Is dös am End' a Hindernis? A ver¬
künftiger Mann wird do wenigstens zeitweilig seiner Frau
PLur#.t.
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*9e Dier Aoniteim:
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