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22. Der junge Medandus
box 27/1
lusschnitt aus: Teplitz-Schönauer Anzeiger
24. 05K 1374 Teplitz, Böhmen
om:
„Der junge Medardus“
füllt. Die Bürgermiliz bewacht die Stadt, die Landwehr glaubt, beschließt, Medurbur zu
kommt ins Gefecht und wirkt Wunder der Tapferkeit. Der
dramatische Historie von Arthur Schnitzler.
Sie strebt, den Valois die Krone Frankreichs wic
junge Erzherzog Maximilian, der das Stadtkommando
erringen und will Medardus zum Mörder Nap
Zur Erstaufführung im Stadttheater am 26. Jänner.
inne hat, schreitet zur Aufstellung von Freiwilligenkorps
dingen.
und errichtet aller Orten Werbestationen Der „junge Me¬
Am 12. Oktober 1809 hielt Kaiser Napoleon im
dardus“ ist der Sohn der Buchhändlerswitwe Klahr, ihr
Viel Volk strömt nach Schönbrunn. Dort si
Schloßhof zu Schönbrunn über einige Abteilungen von
poleon Parade halten. Jeder will ihn sehen Seit
Mann dient bei der Bürgergarde und wird mit ihr auf
französischen Soldaten, welche als Gefangene gegen öster¬
lges ni Medardus Sinn zu tun, was Helene ###
das Glacis beordert, um den Kaiser Napoleon zu erwar¬
reichische ausgewechselt waren, Musterung. Da drängte sich
ten und vor ihm zu paradieren Von sieben Uhr abends
verlungt hat. Jetzt ist sein Arm lahm, sein Dolch
ein jungr Mann von sympathischen Aeußeren, der ein zu¬
geworden, denn Medardus kann nicht aus dem
bis Mitternacht stehen sie wie Lakeien im Schneesturm da,
sammengefaltetes Papier in den Händen hielt, durch die
seines Vaterlandes ein gedungener Morder im So
vergeblich — der Kaiser kam nicht. Fiebergeschüttelt tritt
Suite. Der Flugeladjutant General Rapp ließ den Zu¬
Palois werden Seine Liebe zu Heiene hat einen
Klähr in seine Stube, legt sich ins Bett und stirbt nach
dringlichen festnehmen und auf die Schloßwache führen.
Menschen aus ihm gemacht Die Eifersucht qus
drei Tagen Medardus soll am nächsten Tage zur Stu¬
Als er daselbst einer Leibesvisitation unterzogen wurde,
dentenlegion einrücken. Seine Schwester Agathe liebt den
macht ihn sinnlos, und sein Dolch, der für Napol
fand man in seiner Rocklasche ein großes zweischneidiges
stimmt war, wühlte sich in Helenens Herz Man
jungen Prinzen Francois, einen Spraß aus der capetin¬
Messer Ueber dessen Bestimmung befragt, verweigerte er
Medardus ins Gefängnis Er hat dem Kaiser von
gischen Seitenlinie der Valois, die einst auf Frankreichs
jede Auskunft mit den Worten: „Er werde nur dem Kai¬
reich das Leben gerettet, denn es ist erwiesen, daß
Thron gesessen Francois kann den Starrsinn seiner Eltern
ser Rede stehen“. Napoleon, von dem Vorfalle in Kennt¬
mit der Absicht ins Schloß kam, Napoleon zu ern
nicht brechen, sieht die Unmöglichkeit, Agaihe zu seiner
nis gesetzt, ließ sich den Gefangenen vorführen, welcher an¬
Napoleon entsendet General Rapp zu Medardus,
Frau zu machen und stürzt sich mit ihr in die Donau.
gab, er heiße Friedrich Stapps und mache kein Hehl da¬
vor sein Angesicht zu bringen, um ihm die Freih
Dies der hauptsächlichste Inhalt des Vorspiels, das
raus, daß er gekommen sei, um den Kaiser zu ermorden.
schenken. Doch Medardus lehnt diese Großmut ab
in dieser Historie eine glänzende Exposition vorsieht.
Napoleon stellte dem jungen Manne volle Begnadigung in
offen bekennt er, er habe Napoleon unschädlich
Der erste Aufzug bietet ein düneres Friedhofsbild,
Aussicht, wenn er von seinem verbrecherischen Vorhaben
wollen Wäre ihm Helene nicht in den Weg geko
die Leichen des unglücklichen Liebespaares werden im ge¬
abstehe. „Sie zu töten“ erwiderte Stapps ruhia, „ist für
hätte sein Stahl Napoleon getroffen Napoleon, der
meinsamen Grabe benattet Schon haben sich die Trauer¬
mich kein Verbrechen, sondern Pflicht. Ich verlange mir
freimütige Geständnis imponiert, will Medardus
gäste entfernt, und noch liegt Medardus im Schmerz ver¬
keine Verzeihung und bedauere nur, daß ich meine Absicht
die Freiheit geben, wenn er verspricht, ihm nicht me
sunken vor dem frischen Grabe. Die Andacht seiner Trauer
nicht habe ausführen können.“ Der junge Mann wurde
dem Leben zu trachten Mutter und Freunde ver
wird gestört durch die Ankunft der Prinzessin Helene, der
zum Tode verurteilt; mit mutiger Fassung betrat Stapps
Schwester von Francois, die des Bruders Grabstätte mit
Medardus zu diesem Worte nicht zu bewegen und
am 15 Oktober den Richtplatz und bot standhaft seine Brust
duldet den Feuertod als „dieses Krieges letzter un
Blumen schmücken will. In wildem Aufschrei heischt Me¬
den Geschossen, welche sein Leben beschlossen.
samster Held“.
dardus, daß die Prinzessin die Blumen fortnehme „oder
Das ist die historische Tatsache, deren sich Arthur
ich zertrete sie“. Marquis Bertrand von Valois der um
Schnitzler in seinem „jungen Medardus“ bemächtigt hat.
Heiene wirbt und ihr auf den Friedhof gefolgt ist, fordert
Der Autor hält sich größtenteils an die Ereignsse, bringt
Medardus vor seine Klinge und bringt ihm eine gefähr¬
Herausgeber und verantwortlicher Redakten
auch historische Personen auf die Bühne gestaltet aber ihr
liche Wunde unweit des Herzens bei. Die Trauung zwi¬
Walten für seine dichterischen Zwecke mitunter anders, als
Gabriel Grim, Teplitz=Schönau.
schen Helene und dem Marquis wird vollzogen.
der Chronist vermeldet. Wien ist wieder von der Fran¬
Inzwischen hat sich Medardus Haß zu Helene in
Druck der Buchdruckerei Gustav Czerwenka
zosennot bedrängt, die Bevölkerung vom Napoleonhaß er¬
glühende Liebe verwandelt. Helene, die sich seiner sicher
Teplitz=Schönau.