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22. Derjunge-Madandus
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Salten und Schnitzler selbst vor der großen Metamorphose des Jahres, äußerstem Leben u
11914 richtig zu sehen glaubten. Auch Medardus Klähr hat zuviel Nerven wesung duftet), das
und zu wenig Faust; hat diese Mimosenseele, die vor der Tat scheus same heroische un
zurückweicht, sich nur an den Gedanken klammert und in einer fort=Iprophetisch=dichterisch
dauernden Wollust des Schmerzes seine Lebensaufgabe sucht und findet.lscheint: und der jun
Er hat schon die Waffen in der Hand, um sie gegen die Franzosen zu
von seelischen und
tragen. Da geht (in einem flüchtig-wehmütigen Vorschlag zum ersten
alle diese filmkurzen
Akkorde des Stückes) Agathe, des Medardus Schwester, Christine flüchtig! Ohne den
Weirings Ahnfrau mit ihrem adeligen Liebsten, den sie nicht haben soll, figur (Wallenstein,
in den Werther=Tod: und Medardus denkt wienerisch=egoistisch statt gro߬
und Gestalten hi
zügig=vaterländisch und beschließt, den Rachestrahl, der die Verderber
Vollendung: man
seiner Schwester (in Wien lebender, französischer Hochadel aus dem alten
Auch die Auffüh
Kronprätendentengeschlechte derer von Valois) treffen soll, lieber daheim,
primitiven, aum
hinter dem Ofen als im Kriegsfelde vorzubereiten. Aber es wird auch
rang fast in allen
hier mehr ein Fäusteballen, als ein Auftrumpfen. Der junge Medardus
Landa, der blind
schleppt (bald unter resignierenden, bald unter raunzenden Randglossen zuseiner erstorbenen ##
der von Napoleon verhängten Drangsal der Wienerstadt) sich und uns der Valois, (wenige
durch die seitsam unschnitzlerischen, starren, unelastischen, farblosen fertig wurde, wie
Szenen. Da er vor allem mit seinem Rachestrahl Helene treffen will,
Bürgerinnen, die m
die zynisch=kaltherzige Sphie rtochter der Valois, (mit der sich Medardus
in gütem Wuchs den
noch soeben, wie Hamlet mit Laërtes, am offenen Grabe seiner Schwester
(Adalbert und H
herumbalgte), so entschließt er sich, statt sie zu hassen, sie zu lieben und
haben ihr Komplim
feiert Agathens Leichenschmaus in ihrem Alkoven. Als die schöne Helena
nervös, fahrig, w
später mit Leib und Seele von dem kleinen Medardus zu dem größeren Knochen aus dem
Napoleon übergeht, rafft sich Medardus zwar dennoch auf, mit ihr Feuers, durch ein ge
Carmen und José zu spielen und sie auf seinen Dolch zu spießen. Aber
Wirkung über die
diese Tat, die wir nach so vielen Worten sehen (und die von klein¬
flammen. Herr S#
zügigem, erotischem Egoismus geboren wird, wo man Akte und Stunden
alten Eschelbachern
lang das Aufslammen einer großen, der Zeitströmung identischen Regung Und Herr Abel (
erwartete), wirkt im Drama nicht als eine befreiende. Wir sind froh, hübscheste Gestalt de
daß wir den Medardus los sind; und wir erkennen diesem wehleidigen Ekart des Medardu#
knochenlosen jungen Mann, (für dessen seelische Zanderpolitik wir viel= Menschen ganz auf
leicht gerade in diesen Tagen der allgemeinen Aktivität besonders sdie klugen, spürende
empfindlich sind), keinesfalls das Recht zu, für ein anspruchsvolles Werk [Diesen Zügen sprach
von den Prätentionen des groß angelegten Zeitbildes und der vielfältig
verstrickten, psychologischen Schilderung die Verantwortung—zuf
übernehmen.
In der Tat: dieses Stück, das seinen Dichter aus den Engnissen der
Ausschnitt aus:
Umwelt in die freiere Luftsphäre der Vorwelt tragen sollte (vom Salon
Kyslauer Zeitung
zur Ruhmeshalle) stirbt an dem Kleinmaß seines Helden. Der
vom 20.
JbEN 191
Neurastheniker, — „und im Genuß verschmächt' ich nach Begierde“ —
den das moderne Problemstück so sehr protegierte, ist in der Geschichts¬
tragödie nicht am Ort. Die Gestalt, die Geschichts= und Seelenvorgänge,
Berliner Cheater.
(wie der compère einer dramatischen Revue), auf der Bühne zusammen¬
führen soll, der ruhende Pol in der buntschillernden zeitbildlichen oder
Berlin, 25. Oktober,persönlichen Ereignisse Flucht, muß einen breiten Nacken haben. Hier
Belasten wir getrost unser literarisches Gewissen: wir haben uns bei ist, wenn irgendwo im Drama, am Anfang die Tat!! — Ich muß nicht
Arthur Schnitzlers historischer Komödie:
„Der jungesagen, daß die Musik der Schnitzlerschen Szene (diese Musik, bei der man
Medardu#d viereinhalb Stunden im „Lessing= ein bißchen die Wehmut und ein bißchen das Lächeln und ein bißchen das
theater“) gründlich gelangweilt! Zwischen den beiden Absichten, die Gruseln lernt: Haydn und Johali Strauß und Debussy in einem) auch
schwere Zeit der österreichischen Not von 1809, die Tage der französischen! hier in mancher Figur und in mancher Wendung der Begebenheiten das
Invasion in Wien mit Stimmungsebbe und Stimmungsflut dramatisch Wort hat. Man hat diese Töne im Ohr, wo Schnitzler beim Entwurf
zu photographieren und das breit und gemächlich sich niederlassende Zeit= der Gestalt des Falloten und Spionen Wachshuber seine Altwiener
ld mit einer romantischen „Handlung“ zu füttern, ist der Dichter steckens zaust, und wo er sie, mit der Episode des gütigen Onkel Eschenbacher,
gebljehzen! Der junge Mensch, der diese Mischung von Dichtung und der aus seinem Vaterlandsgefühl so lange nichts her macht, bis er es um
Wabrheit, diese Historie in der Brokatborde des romantischen Märchens einer Rarrheit willen mit seinem Blute besiegeln muß streichelt.
mit seinet Persönlichkeit zu vertreten hat, Medardus Klähr, der junge Man findet in dem konspirierenden Salon derer von Valois mit dem
Buchhöndlerhsohn, ist wohl als der „Wiener an sich“ gedacht, so wie ihn blinden, absterhenden alten Fürsten, mit der Mutter, die an das Grab!
die (nicht blinden) Vaterlandsfreunde, gtwa Hermann Bahr und Felix und der Tochter, die an das Luftheit deskt, jenes Parfüm (zwischen!