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box 27
22. Der.junge Medardu.
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spurlos da jedes Menschenweh, jeder Menschenjammer ver¬
Alber was geschehen ist, geschah mit; lich auch, daß die besten Freuden der Kunst uns nicht aus
dem Stofflichen zuströmen. Aber jene Leute, die damals! geht, wie man dieser Landschaft nie und nichts abmerkt,
nicht Vergangenheit noch Gegenwart, da ward ich von ihrer
so zornig waren, verachte ich längst nicht mehr.
gen inneren Gegenwehr habe ich
Zeitlosigkeit doppelt erschüttert, ward ihr wie entfremdet;
Es gibt Dinge, die aus Furcht, aus kluger Feigheit¬
sit dem fortwährenden Vorsatz, es
und wandte mich heimwärts. Wieder zu den Büchern.
niemals gesagt werden. Allein ich glaube, es ist trotzdem
abe ich es immer wieder zur Hand
Zuletzt quillt dem arbeitenden Menschen Ruhe und
notwendig, sie dann und wann einmal auszusprechen.
anderes getan, ehe ich damit zu
Beschwichtigung doch immer wieder nur aus der Arbeit
Dazu gehört dieses: daß man sich mit fortschreitender Reife
war ich dabei bemüht, mich diesen
anderer Menschen. Welch eine vortreffliche Leistung ist
krassen, schmerzlichen und tragischen Eindrücken gern ent¬
en, mich gegen sie zu verriegeln,
nun auch dieses Buch von Sophus Michaelis. Wie nimmt
zieht. Daß man den Hang an sich entdeckt, den Anblick
icht rütteln zu lassen. Und immer
man es in sein Gedächtnis auf, wird reicher davon, wird
schrecklicher Geschehnisse, in der Kunst, zu meiden, dem Hang,
lich alle Pforten meines Wesens auf.
glücklicher, zuversichtlicher, weil es einen unwiderstehlich
sich katastrophalen Vorgängen, auch wenn sie dichterisch
Rückzug von Moskau, ein junger
froh und zuversichtlich macht, solch ein großes Können,
geformt sind, zu verweigern. Wehleidigkeit? Mag sein;
elt nur ein Bruchstück von einem
ich eine lebendige, wirkende und schaffende Krast zus
obwohl ich meine, daß man diese Scheu, sich hinzugeben,
die Hälfte der Takte amputiert. Er
sehen. Hier sind Ereignisse, die wir alle kennen. Und doch#
nur deshalb hat, weil man jetzt Menschennot und Menschen¬
die Ewigkeit hinein. Schwächer und
ist hier eine Dichtung. Hier ist im Tatsächlichen nichts er¬ J#
leid besser versteht als vorher, intensiver miterlebt, quälender
berühren die Schlegel nicht mehr
funden. Und doch ist hier eine üppige, schöpferische Phan¬“
und wirklicher mitempfindet. Können wir es leugnen, daß
läge schnurren noch wie im Krampf
tasie. Nachdem ihr euch die Weltgeschichte so oft und sod
wir alle miteinander, die wir täglich in den Zeitungen
weiter. Er hört es die ganze Zeit
lange von den Schulmeistern habt erzählen lassen, daß?
furchtbare Unglücksfälle, entsetzliche Verbrechen, erschütternde
meln, in den saugenden Tiefen sei¬
sie staubtrocken und tot davon wurde, wie die Vergangen¬
Dramen lesen, die wir täglich rings um uns her die über¬
** Dann fällt er hin, wird von den
heit, laßt euch die Weltgeschichte und die Geschichte der
wältigende Tragödie der Armut sehen, können wir es
süßen getreten, wird verschneit und
leugnen, daß wir alle, wenigstens in der Kunst, mit großen Männer nun einmal von den Dichtern erzählen.
delliert ihn aus dem Dasein hinaus.
unserem Mitleiden und mit unserer Rührung sparsamer! Ursprünglich ist es ja auch yr die Sache der Dichter als
ie Tausende, die über ihn stampfen,
werden? Manche werden es sogar im Leben. Nichts ist mir der Schulmeister gewesen, das zu tun. Jetzt hit vor einigen?
Schnee, nur ein Buckel auf dem
Jahren Herbert Euleuberg mit seinen prächtigen „Schatten¬
bezeichnender für die Weltfremdheit mancher Dichter, für
valt der Darstellung, mit solcher Un¬
bildern“ den Anfang gemacht. Schönherr hat auf zehn
ihre innere Leere und für ihren Mangel an eigenen Schill¬
lichen Zeichnung erzwingt sich das
##logseiten den Tiroler Bauernkampf lebendiger und f
salen, an eigenen Erlebnissen, als wenn sie in ihren
In Zugang zu meinem Innern. Ich
ergreifender vor uns erstehen lassen, als ein dickleibiger,
Werken in Tod und Verderben, in Blut und Entsetzen,
Professorenband es vermöchte. 4 Sophus Michaelis reiht.
nicht.
in Laster und Greuel schwelgen. Wer ohne die tiefste Not¬
sich ihnen an: mit seinem 1812. Aber es kommt die Jahr.“
hrhaftig lieber nicht. Aber was hilft
wendigkeit an Jupiters Donner greift, der kennt euch nicht,
hundertfeier der chlacht bei Leipzig, im Jahre daraust“,
ganz junger Mensch war, hörte ich
ihr himmlischen Mächte. Wer es aber aus tiefster Notwen¬
wird die Erinnung an den Wiener Kongreß ein Säku¬
sagen: das Leben ist ohnehin trau¬
digkeit unternimmt, dem kann sich niemand verweigern.
lum alt, noch ein Jahr später die Erinnerung an Waterloo.#
n der Kunst erhoben und erfreut
Als ich das Buch von Sophus Michaelis gelesen hatte,
Und dann St. Helena. Und Parma. Luise und der Graf?
gerade die Zeit der naturalistischen
ging ich ins Freie; die paar Schritte, die man von meinem
von Neipperg. Und der Herzog von Reichstadt Wir gehen
e Leute haben sich gegen die düste¬
Hause braucht, um in die Felder zu gelangen. Da lag die
bewegten Zeiten entgegen. Wehe dir, daß du ein Enkel
davon empfingen, zornig zur Wehr
weite Landschaft vor mir hingebreitet und gab mir, wie
.Da ist es ratsamer: laßt euch die Weltgeschichte
sie als Banausen gründlich verachtet.
bist
heute noch, daß es Unsinn ist, zu schon oft vorher, auf den ersten Blick gleich Ruhe und von euren Dichtern erzählen.
n und erfreut werden. Weiß natür= Beschwichtigung. Als ich's aber hier draußen bedachte, wie