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Wnecenen
„OSSENVEN
toire setten. Immer prei Tage vorher ausderkauft.
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Die Fülle von Melodien, die märchenhaft schöne Aus¬
Ausschnitte und Bibliographie.
stattung, die prachtvollen Chöre, dieses einzige Or¬
chester — Alles groß und herrlich. Nur die Leistun
Wien, I., Concordiaplatz 4.
gen der Solisten stehen hinter jenen der richtigen
Vertretungen
Operettensänger zurück. So viel schöne Stimmen auch
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
hier aufgeboten werden. Aber das Publikum fragt
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minncapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
nicht danach. Man rauft um die Karten. Seit Wochen
burg, Toronto.
ist „Der Zigeunerbaron“ das meistgespielte Repertoire¬
(Onellenangabe ohne Gewähr.
stück der Hofopor und kein Abend hat eine Autoren¬
Ausschnitt aus: Mü
tantieme unter siebenhundet Kronen gebracht.
# Journal
Eine interessante Neuigkeit hat den Wiener
1.1 Fun 1i1
Theaterkreisen die Nachricht gebracht, daß Herr Russo,
vom:
der bei der Betheiligung am Johann Strauß=Theater
mit 200,000 Kronen geblutet hat, mit Ablauf der
Saison diese kostspielige Passion aufgibt und aus der
Wiener Coulissengeschichten
Direktion des genannien Theaters scheidet. Jede neue
(Direktor Brahm in Wien. — Der große Schweiger. —
Operette, die man brachte, sollte der ersehnte Schlager
Einen Zettel auf den Tisch legen. — Der Sohn kann
werden. Aber je länger man eine Operette hier spielte,
den Vater nicht spielen sehen. — Der zukünftige Zigeuner¬
umso größer wurde das Defizit. Jetzt wird Leo
baron. — Mit 200,000 Kronen geblutet. — Viktualien
Fall's „Syrene“ gespielt. Charakteristisch für die Zug¬
werden angenommen.)
kraft ist, daß ein Herr, der Sonntag die Abendkasse
verlassen wollte, weil er keinen Sitz für drei Kronen
Direktor Brahm aus Berlin weilte einige Tage
erhalten konnte, von der Kassierin zurückgerufen wurde.
hier, um nach Stücken und Darstellern Umschau zu Ueber Veranlassung des hinter ihr stehenden Direk¬
halten. Die Wiener Direktoren gehen zeitwillig
tors Erich Müller bot sie ihm einen Parketsitz, der
nach Berlin, um das Gleiche zu thun. Gewöhnlich das Doppelte kostet, um den Preis von drei
finden die Berliner Direktoren in Wien nichts und Kronen an. So werden in der Großstadt große Ope¬
die Wiener Direktoren kehren resultatlos aus Berlin rettentheater geführt. Bei den reisenden kleinen Trup¬
zurück. Wenigstens was die Darsteller betrifft. Es
pen, wo Frau Direktor persönlich an der Kasse sitzt,
dreht sich immer um dieselben paar Schauspieler, die werden solche Geschäfte entrirt. Sie habens gestern
man in die Höhe lizitirt. Die Schauspieler fahren im Kaffeehaus erzählt. Ein Komiker dieses Thea¬
dabei sehr gut und bleiben schließlich im Rahmen ters sagte:
des Theaters, wo sie ihren sicheren Boden haben.
Der Nachwuchs muß immer von außen kommen
„Weil unsere Direktoren halt an' Gschäftsgeist
und erzogen werden. Brahm klagt ebenso über den
haben. Nit so hochnasig sein wie andere Direktoren.
Mangel an Nachwuchs wie die Wiener Theater¬
Bei uns nehmen s’ auch Briefmarken und Viktualien.“
10. Februar.
leiter. Am Ende sterben die Alten ab und es wird
doch weiter gespielt. Die Nachrückenden entwickeln
—ch—
sich. Und dieselben Alten, die heute nachdenklich
sagen, daß es keine guten Schauspieler mehr gibt,
denen die Erinnerung die früheren Größen vergoldet,
werden eines Tages kopfschüttelnd hören, daß man
die Jungen von heute als das Ideal der Künstler
preist, die nicht mehr zu erreichen sind.
Direktor Brahm hat sich den „jungen Medar¬
dus“ von Schnitzler angesehen und bei Schnitzler zu
Mittag gesissen Britm ist der große Schweiger des
Deutschen Theaiers. Es war nicht aus ihm heraus¬
zubringen, wie er über den „jungen Medardus“ denkt.
„So sagen Sie wenigstens“, frug man ihn
beim Souper, „ob Ihnen Schnitzler's Essen oder
Schnitzler's Schauspiel mehr zugesagt hat?“
Brahm lächelt und schweigt. Das ist die Sig¬
natur seiner ganzen Direktionsführung. Er lächelt und
schweigt, oder er ist ernst und schweigt. Seine Mit¬
glieder wissen, daß mit ihm nicht viel zu reden sei.
Wer immer ein Anliegen an ihn hat, heißt es:
„Bitte schriftlich!“ Das hat er mit Baron Dingel¬
stedt gemein, dem einst so berühmten Leiter der
Wiener Hoftheater. Der ließ keinen Schauspieler zu
Worte kommen.
„Bitte“, sagte er immer verbindlich, „einen
Zettel auf meinen Tisch zu legen.“
Einmal saß er auf einer Probe des „Dor
Carlos“ im Burgtheater. Sonnenthal=Posa stand abe¬
vor König Philipp, während Dingelstedt sich eine:
Schauspieler, der irgend was von ihm wollte, mi
der gewohnten Phrase abwimmelte.
„Sire“, deklamirte Sonnenthal, durch das Da¬
zwischenreden nervös gemacht, etwas scharf gegen
Dingelstedt gewendet, „geben Sie Gedankenfreiheit.“
Und Dingelstedt sagt zerstreut zu Sonnenthal:
„Bitte, einen Zettel auf meinen Tisch zu legen.“
Etwas hat Brahm doch gesagt: „Kinder, Ihr
habt hier ein Theaterpublikum — —. Das ist einzig.
Ueberall ausverkaufte Häuser. Heute wollte ich ins
Deutsche Volkstheater gehen, um Weisse als „Nathan“.
zu sehen. Unmöglich! Weisse sagte mir, daß sein Sohn