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22. Dejungeedandus
er Kannen in seinem bern, der ihm höher dänt als alle Menschlichteiten; umerschütert häbsche Delorationen sehen; Alt Wienerische Zimmer, Bastelenbilder,
Ene Landkarten versteckt durch Schicksalsschläge tastet er sich durchs Leben, ein Blinder, einen stimmungsvollen Friedhof; am besten aber gelang die
tin neues Lebensziel: der nichts von der Welt sieht und nur den Weg fühlt.
Szenerie des Schloßhofes von Schönbrunn, während die Massen¬
aller Greuel,
In diesem Stück mit dem Bunterlei von hundert Gestalten,szenen auf der Bastei einen gar zu kläglichen Eindruck machten.
tun. Aver auch Kostümen, großen Worten, Taten und Herzensromanen fragt man Das Volk von Wien wurde von einem Dutzend Menschen
Die Prinzessin von selbstverständlich, ob Schnitzler, der Dichter, jenes Eigenste, was reptäsentiert, die aufgeregt durcheinanderliefen. Sonst aber
ihen Geschlechtes den wir an ihm lieben und verehren, auch genügend zum Ausdruck bevölkerte das gesamte Schauspielerpersonal die Bühne: es
hat den Plan des bringt. Liest man das Buch, das noch viel umfangreicher als das waren unzählige Rollen darzustellen, ganz kleine und unwesentliche
sucht. Indem sie ihn gespielte Drama ist, dann findet man manche seine Stelle darin, auch, die bloß vorüberhuschen, aber doch wichtig sind. Zu großen
n Willen: bis dahin manches Bildnis und Gleichnis, manches Prosil, das eigenartige! Einzelleistungen waren nur wenige berufen. Den jungen Medardus
# er ein Mordwerkzeug Züge verrät. Auch die Gedanken über Sterben und Vergehen können spielte Herr Gerasch. Man weiß, daß Kainz hiefür ausersehen
selber die Ermordung schnitzlerisch sein. Betrachtet man das Stück ganz allgemein, das Stück war, und man kann sich mit Leichtigkeit vorstellen, wieviel
wollte sie ihn in vor allem, dann findet man, daß der Komödienmeister Schnitzler hier Persönliches er dieser Figur aufgedrückt hätte. Herr Gerasch mußte
ir seine Geliebte. Das stärker war als der Dichter. Nurstärker, nicht stark. Denndiese Handlung sich bescheiden, den Flackergeist anzudeuten. Es war ein redliches
nMedardus hervor. zerfällt in Bilder, die sich nach Belieben schieben lassen; es ist Bestreben, die knabenhafte Exaltation und das Schwanken in den
Volk sich drängt, um
kein komponiertes Gemälde, nur ein Panorama. Auch die Haupt= Gefühlsmomenten zum Ausdruck zu bringen. Aber dieser Jüngling
s eingefunden. Viel- siguren sind viel verschwommener als die Nebeufiguren; dieser schien wirklich nur ein gewöhnlicher Schwachmatikus, der bloß
e Brust des TyrannenMedardus ist ein robuster Vetter von Hamlet. Er faßt Ent= Worte im Munde zu führen wußte. Man wußte nie zu unter¬
Helene die Treppe zu schlüsse, ohne sie auszuführen, seine Taten, die er tun will, sind scheiden, wann der Entschluß reiste, wann er vor ihm zurück¬
en, und sinnlos vor größer als er. An diesem inneren Zwiespalt scheitert er. schreckte. Unvergeßlich groß ist Herr Hartmann als blinder Herzog
eingekerkert, doch es Wohl geht er zum Schluß in den Tod, trotzdem er sich von Valois, das schauerliche Symbol einer versunkenen Königs¬
dafür gefunden, daß durch ein Wort befreien könute. (Die Historie scheint dem herrlichkeit. Das gibt ein künstlerisches Erlebnis. Die stolze Prinzessin
d im Schilde führte, Dichter recht zu geben. Ein solcher junger Mensch existierte.) Helene wurde von dem schönen Fräulein Wohlgemut mit einer
bsichtigt der Retter des Aber dieses entschlossene Sterben hat nichts mehr zu besagen; im herben, adligen Kraft dargestellt, die vor ihrem Können Respelt
weigert sich, Gnade zu Gegenteil: dem Charakter des Medardus schiene es fast ent= einflößt. Sieht man sich in den Reihen der vielen übrigen Mit¬
er nie mehr nach sprechender, wenn er sich wieder besänne. Sein Sterben ist bloß wirkenden um, dann möchte man noch ein paar hervorheben. den
in den Schoß der ein dramatischer Schlußpunkt. Der tragische Witz des Geschehens treuen Etzelt, den Freund des Medardus, den Herr Treßler mit
n Mutter und Brüder gibt dem Stück das eigentliche Relief. Das ist Schnitzlers starker einer tiefen, verhaltenen Gefühlswärme ausstattete, den selt¬
ß nun sterben.
Einfall, daß dieser junge Medardus einen Napoleon töten wollte sam wirren, selbst im Innern tief verwundeten Doktor
scheinbar sernab von und, durch eine heiße Leidenschaft verwirrt, sein Retter wird. Er des Herrn Arndt, den General Rapp des Herrn Reimers, die
den zusammengehalten hatte versucht, den Helden in einem Drama zu spielen, und kam Mutter des Medardus (Frau Bleibtreu), den Sattler Eschen¬
en und Spuren, die in ein fertiges Stück, wo ihm nur die Rolle eines Narren zufiel. bacher (Herr Balajthy), den alten, wunderlichen neunzigjährigen
im bunten Aufputz zu Dieses Schicksal ist aus dem Melodram herauszuheben. Es Kanz (Herr Straßni), der als ein vom Tod Vergessener durch
Jammer der Wiener hat Kraft genug, für sich allein zu stehen. Aber es ist eingebettet die Reihen der Jungen schreitet, dann sind die Herren Heine, Korff,
men Zusammentreffenjin eine Anzahl anderer Schicksale, die nur ein Ungefähr bedenten. Devrient, Heller, die noch auffallen.
dem jungen Bürgers= Man könnte also vieles in dem Werke Schnitzlers missen, zumal
Es gibt viel zu schauen, viel zu hören in diesem Schnitzler¬
in und einem anderen die Handlung nicht geradeaus ihren Höhenpunkten zustrebt,
Stück. Was zurückbleibt, ist das Gefühl: Theater. Man hat ge¬
seitig ausspielen. Das sondern immer wieder zurückfällt, immer von neuem einzusetzen
wöhnlich viel mehr von einem Werke dieses feinsten wienerischen
das der Prinzessin scheint. Es wird gewissermaßen Illustrationsmaterial zusammen= Dichters mitgenommen, viel Nachdenkliches, das sich eingrub als
Zusammenbruch eines
getragen: ein Stück in Stücken.
tiefe Erkenntnis des Lebens. Das Stück ist fast ermüdend lang
des Dramas, die ein¬
geraten. Fünf Stunden Spielzeit stellen die Empfänglichkeit des
e Herzog von Valois,
Die ungemein schwierigen szenischen Aufgaben, die dieses Publikums auf eine harte Probe. Sie wurde trotzdem bestanden,
n von dem Wahn be= Schauspiel der Bühne stellt, sind vom Burgtheater mit einem Massen= und rauschender Applaus grüßte den Dichter, als er nach den
nkreichs wieder zu er¬ aufgebot von darstellerischen und technischen Mitteln gelöst worden. Aktschlüssen vor den Vorhang trat. Man rief ihn gern und oft. Der
ssen. Seine Träume, Die Drehbühne arbeitete prompt, und während fünf Stunden Erfolg war warm, und alle Liebe, die für Schnitzler in den Herzen
uben an den Königs=wechselten die Schauplätze immer wieder. Man konnte einige wohnt, kam in dieser Beifallsfreude zu schönem Ausdruck.