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Mie Hieram. „Komtesse
Mizzi“. Komödie in 1 Alt von Arthur Schnitzler.
Karlsbader Stadttheater. Unsere heurige
Wintersaison geht rapid dem Ende entgegen. Nur noch
einige Verstellungen und die Tore des Musentempels
schließen sich für einige Wochen. Noch knapp vor Tores¬
schluß kommen die besten Kräfte unseres Ensembles zu
Worte, um in ihren Benefizabenden den Lohn (?) für
ihre Bemühungen einzuheimsen, d. h. wenn ihnen die
Wahl des Bühnenwerkes gut gelingt. Nach dieser Rich¬
#tung hin waren allerdings sowohl Frau Wohlmut
und auch Herr Hernfeld nicht gerade glücklich Die
Hauptsache ist der Kasseneffelt und der blieb bei beiden
Vorstellungen aus, obwohl HerrHernfeld den ganzen
Winter über als fleißiger sehr brauchbarer Schauspieler
auf den Brettern stand, nie etwas verdarb und immer
bestrebt war, Gutes zu leisten.
Frau Wohlmut konnte allerdings mit einem
großen Publikum nicht rechnen, da sie fast nie Gelegen¬
heit fand, ihre ganz annehmbaren gesanglichen Leistungen
in den Vordergrund zu rücken, nachdem die heurige
Spielzeit in einförmiger Abwechslung von Schau= und Lust¬
spiel, Gesangskräfte nur vereinzelt in Possen verwenden
konnte und auch darin wieder nur in ganz spärlicher
Weise, weil fast alle Gesangsnummern gestrichen waren
oder ein „Riesen=Vide“ aufwiesen.
Mehr Glück wie die beiden Genannten, hatte Herr
Oberregisseur Prell mit seinem Ehrenabend. Es war
ihm gelungen gleich zwei Neuheiten für Karlsbad,
Oskar Wilde's „Salome" und Schnitzler's
„Komtesse Mizzi“ auf die Bretter zu werfeft.
Durch die Vertonung des Wilde'schen Textbuches
durch Richurd Strauß fand das Drama erst die Beach¬
tung der großen Massen, das es eigentlich auch sonst
verdient hätte. Das Verbot der Strauß'schen „Salome“.
in Wien, der vorhergegangene Zensorenstreit und all¬
die Dinge die die geschwätzige Fama über „Salome“ in
die Oeffentlichkeit trug, sorgten dafür, daß auch das
Drama als solches Interesse erregte.
Auch hier konnie man bemerken, daß das Thealer
eine andere Physiognomie zeigte, als dies in der letzten
Zeit der Fall war, daß das zahlreiche Publikum erwar¬
tungsvoll und gespannt der Wiedergabe der „Salome“,
die im Ganzen und Großen ganz annehmbar war, folgte.
Der Inhalt des Dramas, das eine Evisode aus der
heiligen Schrift dramatisiert und die widernatürliche,
grausame Wollust Salomes, sowie die, infolge übermäßi¬
gen Weingenusses körperliche wie seelische Zerrüttung des
Judäakönigs Herodes in scharf geprägter Charakterisie¬
rung schildert, darf als bekannt vorausgesetzt werden.
Die Rolle des „Herodes“ hatte sich der Benefi¬
ziant Herr Prell verständnisvoll zurecht gelegt und
überall eine passende Sprechweise gefunden, die beson¬
ders da gut wirkte, wo er Salome umschmeichelt und sie
zum Tanze zu bewegen sucht. Mit lilienhafter Reinheit
und ungeheuchelter Frömmigkeit, brachte Herr Kirsch
den „Jochanaan“ zur Geltung. Frau Steiger gab
die „Salome“. Das Widerliche und Abstoßende, das
„Auf die Nervengehende“ (vor dem Jochanaankopfe auf
der Silberschüssel) milderte sie durch ihre hervorragende
Schauspielkunst. Die übrigen Rollen waren ebenfalls
gut besetzt, von denen Frau Leuthold (Herodias)
Frl. Reval als sich hübsch repräsentierender Page, sowie
Herr Marholm (Hauptmannn der Leibgarde) genannt
seien.
Die Inszenierung war, — die hier vorhandenen
Mittel in Betracht gezogen — eine gute.
Die auf „Salome“ folgende Komödie „Komtesse
Mizzi“ war weuiger gut gelungen. So gut Frau
Steiger in der Hauptrolle des Wildeschen Dramas
postiert war, so unvorteilhaft lag ihr die Rolle der
„Mizzi“ Auch Herr Prell hatte als „Graf Arpad“
Dialektschwierigkeiten, während Herr Wonger (Fürst
Ravenstein) und besonders Herr Marholm (Philipp)
recht brav waren. Immerhin war der Prell'sche
Benesizeabend recht genußreich für das Publikum
und hossentlich auch für den Benefizianten, der sich ge¬
wiß an einer „klingenden“ Belohnung neben dem weni¬
ger klangvollen Händeklatschen erfreuen wird