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box 2572
20. Zuischensniel
nie den Ausdruck gesunden. (Von der kleinen! der Untreue die Herrschaft in ihrem Herzen ein= wohl doch zu sehr auf den Ehemann der französi¬
schen Komödie. Er brachte seine Vonmots mit
zuräumen. Die unvermeidliche Aussprache zwi¬
Groteske vom „Grünen Kakadn“ vielleicht abge¬
einer drollig trockenen Naivität und freute sich zu
schen den Erkaltenden bringt Klarheit. Sie sparen
sehen, die allerdings auch mehr ein sehr geistreiches
sohr der scherzhaften, kleinen Nummern, die ihm
die großen Worte. Ein spät erkannter, langer
Spiel mit der Leidenschaft, als die Leidenschaft
Irrium virft nur eine leise zitternde Bitterkeit
die Rolle erlaubte. Im Schlußakt war er auf der
selbst darstellt.) Unter der Oberfläche spinnen
in manchen Satz. Aber sie wahren sich die Ach¬
Höhe. Nur mit der allzu saloppen Behandlung der
sich gern in seinen Dichtungen die Fäden der Ge¬
tung, versprechen sich die Freundschaft, die schon
Sprache, die dem Dialekt zu willig Konzessionen
fühle, des Humors, einer gewissen lächelnden Ver¬
zur reihten Erziehung des unschuldigen Söhnchens
macht, kann man sich auch hier nicht einverstanden
achtung. Von den Tragödien der grellen Taten
nötig ist. In Freiheit gehen sie auseinander, in
und rauschenden Worte trennt sein weiches, müdes
erklären. Irene Triesch als Cäcilie sah sehr
Freiheit bleiben sie sich verbunden. Das Weib, die
Wienertum mit der blasierten Note eine ganze
gut aus und ließ die vom Stolz gebändigte Junig¬
Geliebte will Amadens verlieren, nicht die Künst¬
Welt. So schreibt er heute die Tragödie der Ehe
keit dieser künstlerischen Natur mit feinsten. Takt
lerin, die beratende Freundin, die Kameradin
(oder besser: die Komödie der Ehe) als Künstler,
durchschimmern. In der Aussprache am Schluß
seiner schöpferischen Arbeit. Und Cäcilie ist's zu¬
als Wiener, als heimlich lächelnd Verachtender, der
glitt sie meisterhaft über die mancherlei Sophismen
Wohlgemerkt: das
frieden; weil sie stolz ist.
im „Anatol“=Zyklus und im „Reigen“ die Liebe
ihrer Rede hinweg. Ihre großen ernsten Augen
laute Drama von einst hätte hier den splittern¬
schon als töricht, käuflich, spielerisch erweisen
und ihr zuckender Mund spiegelten die tiefe Er¬
den, laut knackenden Bruch verlangt. Im Namen
wollte. Und seine Ehetragödie arbeitet nicht mit
regung ihrer Seele, während der beheirschten Geste
eines rhetorischen Stolzes der beleidigten Gattin.
lautem Geschrei: „Ha, Ungetreue ...“ nicht mit
jede Hast, jedes Ungestüm fehlte. Eine Bühnen¬
Der Schnitzlersche Weibesstolz leidet und deklamiert
Kniefall und Dolch und großer Geste. Seine Hel¬
künstlerin, die die leidende Bühnenkünstlerin spielt.
f nicht. Innerlich fremd geworden und gebrochen,
den sind Menschen von hoher Kuktur, die alles ver¬
In einer kleinen Charge (als Dichter älterer
verzichtet die Enttäuschte auf die große Arie:
stehen, manchmal sogar sich selbst; die vielen ver¬
Schule mit ein paar sehr hübschen Einfällen)
“ oder
1 „Mich verli—ieß der Undankba—are
80
zeihen, manchmal sogar denen, die ihnen am
wirkte Emannel Reicher verdienstvoll. Willy
Sie ist's schlicht zufrieden: für sich, für den
Mit drei Worten ließe sich der
wehsten getan....
Grunwald war fein und diskret in der kleinen,
1 Treulosen, für das Kind. Auch den Abgang
Fall Adams erzählen: die Eheirrung eines
aber nicht leichten Rolle des jungen Fürsten. Hed¬
der „Nora“ spart sie sich. Allerdings spart sie ihn
Musikers, die sich als irteparabel erweist. Kommt
wig Pauly verdard nichts und konnte nichts
für den dritten Akt. Denn über das
nur
tausendmal vor, interessiert keinen Menschen;
fördern. Eise Schiff hat das Unglück, konsequent
„Zwischenspiel“ — das eingestandene Zwischenspiel
höchstens die Anwälte, die bei der Scheidung ver¬
falsch herausgestellt zu werden. Eine reife, ver¬
— kommt, und das will wohl Schnitzler beweisen,
dienen, und ein paar emsige Klatschbasen beiderlei
führerische Gräfin und Operndiva zugleich — das
wenn er überhaupt etwas „beweisen“ will, kein
Geschlechts, die „es ja längst kommen sahen“. Aber
liegt ihr nicht. Die talentvolle sunge Künstlerin
Weid hinaus. Ein flüchtiges Sich=Finden im
Schnitzler macht den heufig erlebten, ost von der
soll statt der kleinen „Racker“, die sie vielleicht nicht
Augenblick des Wiedersehens, dann ein ehrliches
Mittelmäßigkeit in Romanform erzählten Fall
ohne Pilanterie geben könnte, immer die Ver¬
Scheiden, das die Frau in einer Aussprache er¬
interessant durch die Beleuchtung, die er aus dem
führerinnen großen Stils spielen; und ein eigen¬
j zwingt. Wohl ist das Verhältnis des Komponisten
stillen Winkel seiner Weltanschauung auf diese
artiges Mißgeschick zwingt sie auch noch, zu singen.
zu der oberflächlichen Gräfin erledigt, als Irrium,
Menschen fallen läßt, die sich finden und verlieren.
Der Erfolg der Komödie war der im Lessing¬
Episode erkannt; wohl ist der junge Fürst, der die
Alles Glück ist ein Freisein von Leiden. Die Ehe
Theater übliche. Am Schlusse heftig wogender
die
halb befreite Cäcilie umwarb, in die Welt gezogen,
1 des Kapellmeisters Adams war glücklich
Kampf zwischen denen, die sich mehr als drei geist¬
berühmten sieben Jahre lang, die schen #n alten
zu vergessen — aber die Kluft, die das Zwischen¬
reiche Dialoge über Künstlérehen und Zwischen¬
Volksliede stets für Treue und Untreue das Maß
spiel riß, ist unüberbrückbär. Nicht scheiden lassen
abgeben — glücklich, weil sie keine rechte Gelegen¬
spiele erwartet hatten, und den anderen, die den
sich die beiden. Sie scheiden. Sie geht nicht
heit hatte zu erweisen, das sie es nicht war. Das
klugen Plauderer mit all seinem weichen Wiener¬
von ihm, sie zwingt ihn, von ihr zu gehen. „Später
Vindeglied für gelangweilte Herzen hält die
tum, seiner heimlichen Sentimentalität und seiner
Achnlich hat Nora geurteilt.
vielleicht...“
beiden zusammen, das Kind. Daneben der Respelt
I ein bißchen koketten Ironie auch in diesem etwas
Weder der Norweger noch der Wiener aber glauben
des einen für das andere und der dankbare
sophistisch konstruierten Problem dankbar wieder¬
an dies „Vielleicht“ ihrer Heldinnen.
Glaube an die geforderte und geübte Aufrichtigkeit.
sanden. Nach dem zweiten Akt aber hatte Schnitz¬
Ich habe mir erlaubt, die Komödie ein wenig
Aus der ehelichen Gewöhnung, in der das Herz
ler mehrfach, ohne Widerspouch zu wecken, an der
ernster zu erzählen, als sie gespielt wurde. Ge¬
„hingeduselt, erwacht der Komponist mit dem Mozart¬
K. P.—
Rampe erscheinen dürfen.
wiß, es zucken allerlei Humore durch diese drei
SRRN
Namen Amadeus zuerst; erwacht zu einer heftigen
Akte, die nur drei (kaum unterbrochene) geistreiche
Leidenschaft für die Sängerin Gräfin Moosheim.
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Dialoge sind. Aber mir scheint. der Untergrund
Er traut der Dauerstärke dieser Flamme soohl
ist ernst und diese Menschen sind mehr wunderlich, #
henspiel“,
selbst nicht allzusehr; aber sie zu löschen vermag er
als komisch, mehr dem Alltag entfremdet, als zum
Echnitzler.
nicht; sie auf die Dauer in Angst zu verbergen ist
Spaß erwachsen. Hierin versah's für einen Eng¬
1er zu ehrlich. Die kunstreiche Gattin, deren ge¬
Stück, dieses
Schnitzler setzlich ihm zugeteilte eheliche Liebe ihn kangweilt,I länder die Darstellung ein wenig. Albert Basser¬
te, Polternde, wied unterdessen von einem jungen Fürsten heißf mann, in einzelnen ernsten Momenten vortreff¬
g gehabt und umworben, den sie gerne sieht, ohne dem Gedanken? lich, spielte im ganzen die Figur des Amadeus