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20. Zuischenspiel
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Die Se
wie von Schnitzler. Musik ist in ihm und um seine Dichtungen.
Man kann sie auch musikalisch bezeichnen. Wenn der „Puppen¬
spieler“ eine Arie war und der „Einsame Weg“ eine Symphonic,
so ist „Zwischenspiel“ ein Duett. Zwei Menschen schmieden sich
gegenseitig ihr Schicksal. Durch dieses Einzelschicksal blickt man
auf allgemeines Menschenschicksal: auf den ewigen Kampf zwischen
den niedern Kräften des Lebens und dem Streben der Seele zum
Reinen. Auf der scharfen Grenze zwischen Sinnenglück und
Seelenfrieden balanziert unser ganzes Dasein. Hier tummeln sich
die menschlichen Leidenschaften. Hin und her schwärmt, was uns
beglückt und betrübt, was uns groß macht und klein; es geht hinauf
und hinab. Dieser Widerstreit der Empfindungen gewinnt in Amadeus
und Cäcilie Körper. Er ist leichtlebig, sie ist schwerlebig. Aber
gleich widerspruchsvoll schwanken sie zwischen Sehnsucht und Über¬
druß, zwischen Unrast und Ruhebedürfnis. Um sie spinnt die
Erotik ein dichtes Gewebe von mondscheinzarten, bis zur Unsicht¬
barkeit feinen Sommerfäden, die zerrissen und wieder zu¬
sammengeknüpft werden und immer künstlich verschlungen sind.
Es ist wie ein nicht nur hüllender, sondern auch flimmernder Flor.
Dieses Flimmern im clair-obscur, diese Übergangslichtbrechungen,
die uns unendlich anziehen, mögen dem breitern Publikum das
Verständnis erschwert haben, mögen ihm als einen Zickzackweg
haben erscheinen lassen, was ein schnurgerader, nur von Lichtern
und Schatten umhüpfter Weg ist. Damit ist das bischen Handlung
gemeint. Es gilt aber auch von der Charakteristik. Sie arbeitet
mit den minimsten Mitteln, mit Mitteln, die für ein Drama zu
minim sind. Es sind die Mittel der psychologischen Novelle. Ein
Wunder, daß diese zerlegten und zergliederten Menschen auch nur
in einer Szene die Fähigkeit haben, sich von sich selbst fortreißen,
sich vom irdischsten Feuer versengen zu lassen. Denn sonst sind
sie Präparate für mikroskopische Selbstbeobachtungen, unersättlich
neugierig auf sich selbst, Autopsychologen, die sich fühlen fühlen und
eine helle Freude an ihrer Ungreifbarkeit haben. Um im
„Zwischenspiel“ mehr Dramatiker zu sein, hätte Schnitzler, der mit
immer mehr zunehmender Lebenseinsicht immer fragmentarischer
wird, ein unehrlicherer oder weniger scharfsichtiger Menschen¬
betrachter sein müssen.
Wir wollen das schon darum nicht wünschen, weil starke Schau¬
spieler diesen Gestalten alles geben können, was ihnen fehlt. Insofern