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box 25//3 es Stückes „Zwischenspiel“ will
20. Zuischensniel
men sein etwa so wie die bilder¬
Paris,22#og=vonureihen Kumen der dramatischen Arbeiten Ibsens,
die ihre poetische Vignette aus einem reizvollen
tugal ist um 3 Uhr hier eingetroffen und
Detail des Dialoges hervorholen und sie bei
wurde im Bahnhofe vom Präsidenten Lonbet,
jeder entscheidenden Szeue bedeutsam hervorflim¬
von den Ministern und den Vertretern der Be¬
mern lassen. Der Kapellmeister Amadens Adams
hörden empfangen. Um 5 Uhr begab sich der
hat ein Capriccio komponiert, das er ein „Zwischen¬
König in das Palais Elysee, um dem Präsidenten
spiel“ nennt, und als ihn die beste Interpretation
einen Besuch abzustatten.
seiner Schöpfungen, seine Gattin, die Opernsän¬
Madrid, 22. Nov. König Alphons
gerin Cäzilie Adams Ortenburg auf eine heim¬
ist nachmittags hieher zurückgekehrt. Die
liche Traurigkeit in dem heiteren Tonstücke auf¬
Bevölkerung bereitete ihm lebhafte Ovationen.
merksam macht, tauft er es Capriccio doloroso.
Diese verborgene Melancholie hat sich in sein Werk
Kabel-Telegramme:
vielleicht nur darum hineingeschlichen, weil seine
persönliche Stimmung sich nicht von Beklem¬
New-Tork. 22 Nov. Getreide- und
mungen frei weiß. Nach siebenjähriger Ehe, die
Fondsbörse. (New-Torker Börse von hente.)
mit einem prächtigen Kinde gesegnet ist, fühlt
Tendenz der Getreidemarktes: Stetig.
Weizen per
Adams bei aller Wertschätzung für seine
Weizen per Dez. 90.62. —
sich
Mai 9062.— Mais per Dezember 54.—.
Frau zu seiner gräflichen Schülerin, der
Zucker (Fair. Rei. Muscovados) 3 15/16
Opernsängerin von Moosheim hingezogen,
Schlußtendenz der
Baumwolle 11.65.
welche es freilich an Verführungskünsten nicht
Fonds-Börse: Unregelmäß. Aktienumsatz:
fehlen läßt. Da auch die vielgefeierte Gattin
1,470.000 Stück. Union - Pacifio 13425,
ihre Liaison mit dem Fürsten Lohsenstein hat,
Kanada-Paciflo 178 12, Wechsel auf Lon¬
kommt es zwischen dem Ehepaare zu einer fried¬
don 4 8270, Silber 64.37.
Glasgow, 22.Nov. Roheisen. (Schluß.) Mixed
lichen Aussprache. Beide halten es sich etwas
numbers warrants — sh. 0 d. Middles borough
darauf zu Gute, gegeneinander höchst freimütig
53 sh. 4 d.
vorgegangen zu sein; sie hatten niemals ein Ge¬
heimnis voreinander und darum scheint alle
Stimmungsbericht vom amerika¬
Hoffnung vorhanden, daß aus der brüchig ge¬
wordenen Ehe eine gute Freundschaft werden
nischen Baumwollmarkte.
könnte. Nur scheinen sie gerade in diesem fol¬
New=Yrek, 22. Nov.
genschweren Entschlusse, nebeneinander und nicht
Die Baumwollbörse verkehrte bei Eröffnung auf
wollen, von
mehr miteinander leben
zu
enttäuschende Kabelnachrichten und Abgaben, die in
gerühmten Ehrlichkeit nicht den
der so
der Annahme eines bevorstehenden Tendenzumschwungs
machen.
Der Kapell¬
vollen Gebrauch zu
vorgenommen wurden, niedriger, zumal auch Reali¬
meister gibt sich dem vorübergehenden
sationslust in Erscheinung trat. Späterhin zeigten
Reize einer Liebschaft gefangen und hält die
sich vorübergehend Erhöhungen, veranlaßt durch hausse¬
Neigung, die ihn trotz alledem an die Gattin
fesselt, für ein bloßes Bedürfuis des Künstlers,
lautende Ernteschätzungen und günstigere Konjunktur¬
der von der verständnisvollen Kennerin seiner
berichte von den füdlichen Märkten. Die Hauffiers
Werke nicht lassen will. Und Zäzilie treibt ein
waren bemüht, das Kursniveau zu halten, und auch
noch frivoleres Spiel, da sie den zum Freunde
die Wallstreet=Spekulanten beteiligten sich als lebhafte
degradierten Gatten, viel iuniger liebt als den
Käufer, da aber zuletzt Liquidationen vorgenon
jungen Fürsten, um dessentwillen sie auf die ge¬
wurden und dies das aggressive Vorgehen der Baisse¬
fährlichen Freundschaftsexperimente eingeht. Die
partei förderte, zeigten sich allgemeine Kursabbröcklun¬
Eheepisode der Beiden hat ein vorläufiges Ende
gen. Man schloß in stetiger Tendenz. Wetter: Golf
das Zwischenspiel neuer Liebesromautik kann
beginnen. Doch es ist von recht kurzer Dauer.
klar 53, Atlantik klar 55.
Nach wenigen Monaten hat Amadens der ver¬

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führerischen Gräfin bereits den Abschiedsbrief
4
geschrieben, und der Roman seiner Gattin
Theater.
hat sich noch in bescheideneren Formen gehalten.
Zwischenspiel.
Sie hat dem verliebten Fürsten die Rolle eines
Komödie in drei Akten von Arthur=Schicter
schmachtenden Liebhabers zugedacht und kehrt
(Erstaufführung am 22. November 1905 im Neuen
unberührt von den Flammen der Leidenschaft
deutschen Theater.)
von einer Berliner Gastspielreise in ihr Wiener
Heim zurück. Dort wird sie von Amadeus, der
Der Begriff der Komödie ist viel freier und
sich noch nicht eingesteht, daß seine Freundschaft
luftiger als uns Schnitzler mit seinem neuen
für Zäzilie längst wieder Liebe geworden ist,
Stücke glauben machen will. Vor allem hat er
sehnsüchtig erwartet, und als sie schöner und be¬
eine stärkere Ueberlegenheit des Dichters seinem
gehrenswerter als je vor ihm erscheint, da entzündet
Stoffe gegenüber zur Voraussetzung und bedingt
der Leidenschaft
Flamme
sich die
eine klare Erkenntnis der Seelenzustände aller
mächtig, daß beide in ihrem Glutstrom
Gestalten, mit deren inneren und äußeren Erleb¬
versinken. Das Erwachen der Ehegatten nach
nissen wir vertraut werden sollen. Erst dann
dieser eigentümlichen Liebesnacht ist ein ganz ver¬
kann sich jene athmosphärische Wirkung ergeben,
schiedenes. Amadeus ist am nächsten Morgen der
die den Zuschauer so heiter stimmt, daß er selbst
eifersüchtige Liebhaber, der sogar den Fürsten
den ernsten Vorgängen auf der Bühne mit der
Lohsenstein zum Duell herausfordert und sich erst
wohl temperierten Wärme des eingeweihten Un¬
beruhigt, als er ihm die Reinheit seiner Bezie¬
beteiligten begeguet, daß er sich für die Konflikte
hungen und den Willen zur Resignation kund¬
der handelnden Personen lebhaft interessiert, ohne
gibt. Zäzilie aber steht diesen Regungen ver¬
an ihnen zu leiden. Arthur Schnitzler ist diesen
jüngter Gattenliebe als eine Verwandelte gegen¬
Gesetzen des Komödienstiles nur in der Figur
über. Das Erlebnis der Nacht, die sie zur Ge¬
des Schriftstellers Albertus Rhon gerecht gewor¬
liebten des Mannes machte, dessen Ehefrau sie
den, dem die Rolle zufällt, das bunte Spiel mit
gewesen, hat in ihr einen Sinneurausch entzün¬
Gefühlen und Gefühlchen, das den Hauptinhalt
det, der über alle Grenzen hinausstrebt. Vor dem
des Stückes ausmacht, mit literarisch verfärbten
Gatten will sie flüchten, bevor sie noch der Ekel
Glossen zu begleiten, und gleichsam das kritische
dazu zwingt. Er, der sein Liebesleben so mäch¬
Gewissen des Dramatikers darstellt, der sich der
tig glaubte, daß er sich mit problematischen Frei¬
Ueberspitzung seines Themas bewußt schien. Aber
heitsgedanken herumtrug, ist an der Sentimen¬
mit seinem Stoffe selber ist der Dichter in einen
talität gestrandet, die ihn von der Frau seiner
befremdenden und verdunkelnden Mystizismus des
Wahl nicht loskommen läßt. Und sie, deren
Liebeslebens hineingeraten; in einzelnen feinen
dem Manne
ganzer Stolz darin bestand,
Zügen werden wir an den konsequentesten und
ihrer Neigung aus freien Stücken entsagt zu
entschlossensten Deuter herzenstiefer Probleme, an
haben, steuert in = dem Augenblicke, wo
Meister Ibsen erinnert, aber gerade dieser Ver¬
sie ihn wiedergewonnen, auf das wilde
gleich, der sich bei mancher gelungenen Wendung
Meer der Leidenschaft hinaus. Das sich ab¬
aufdrängt, bringt es uns zum Bewußtsein, wie
stumpfende Rätsel von der männlichen Unbestän¬
weit diesmal Schnitzler hinter einer selbsicheren
digkeit, die mit den Worten Liebe und Freund¬
Gestaltung seines Eheromaues zweier Künstler
schaft ein Gankelspiel getrieben hat, wird durch
zurückgeblieben ist, wie ziellos seine Helden zwi¬
schen Bejreiung und Gebundenheit schwanken und das Rätsel von der weiblichen Unberechenbarkeit