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20. Zwischenspiel
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
I. österr. behördl konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aug:
16 1. 1956##KTurter Zeitung
vom:
„ODOEIVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus
16 1. 1006
iner Bersencourier
vom:
Aus München schreibt uns unser Korrespondent
unterm 14. d.: Wie ich schon telegraphisch meldete,
war gestern hier ein kritischer Abend erster Ordnung.
Neben dem bis in die tiefe Nacht währenden Prozet
gegen Ludwig Thoma, der viele Gemüter in Auf¬
regung hielt, gab es nicht weniger als vier Erst¬
aufführungen! Das Residenz=Theater brachte
ArthurSchrKomodie „Zwischenspiel“
in einer von Regisseur Lützenkirchen geleiteten, recht
guten Aufführung heraus mit Monnard als
Adams, Frl. Swoboda als Cäcilie, Lützen¬
kirchen als Albertus und Waldau als Sigis¬
mund; namentlich Monnard und
Lützenkirchen
boten vorzügliche
schauspielerische
Leistungen.
Trotzdem wurde das Publikum nicht sonderlich
warm, es schien mehr nur den Gesamteindruck einer
müßigen, wenn auch geistreichen Redseligkeit zu haben;
ossenbar verstand die Mehrzahl auch hier nicht, die
dramatische Entwicklung und die satirischen Ideen des
Stücks aus den Andeutungen des Dialogs herauszu¬
hören. Immerhin war die Aufnahme eine unbestritten
beifällige
verhältnismätzig stärksten klang der
freundliche Applaus nach dem oeiten Mr.
Ausschmitt aue dnund rln
vom:
Sh#ke
5
Theater und Musik.
Zwischenspiel.
Komödie in drei Akten von Arthur Schitzler.
a. Diese neueste Schnitzlersche Komödie, die am Samstag
zum erstenmal im Residenztheater aufgeführt wurde, ist
gar nicht kurzweilig. Es ist die Geschichte einer perversen Ehe
oder, wenn man lieber will, die perverse Geschichte einer Ehe,
und man hat den ganzen Abend das zum Teil peinliche, teils ge¬
langweilte Gesühl, das ein zufälliger und unberufener Zuschauer
éhelicher Streitigkeiten hat: „das geht dich doch gar nichts an;
wenn die Leute mich doch nicht zum Zeugen ihrer ehelichen Mi߬
verständnisse machten!" Unser Wiener bm.=Referent hat die
fade „Handlung“ dieser unmusikalischen Kapellmeisterehe nach
der Uraufführung im Wiener Burgtheater in unserem Feuilleton ¬
ausführlich, aber kurzweiliger erzählt als sie ist. Dort, in der
Hefmak, ist der Autor zum Schlusse mit kühlem Respekt gerufen
porden. Hier hätte er vielleicht auch noch den Applaus des
getzten Aktes zu heben vermocht, denn anfangs, als man sich noch
fmehr erwartete, war der Beifall, in den sich nicht die geringste
Opposition mischte, sogar ziemlich lebhaft. Aber Schnitzlers dies¬
maliges Sexualproblem (muß es denn immer gerade ein solches
sein?) ist so unglaublich verklausuliert und spintisiert, daß es
gegen den Schluß hin hart an die Lächerlichkeit streift. Ein
junges sattes Ehepaar, das sich trennt und freigibt, aber nicht
scheidet, um sich gegenseitig kameradschaftlich alles sagen zu
können, und weil auch zufällig ein Kind da ist, ein Ehebruch
zwischen Eheleuten (!), da beide den anderen Teil anderweit ge¬
bunden wähnen, ein Dritter, der bei dem Mann um die Hand
seiner Frau anhält — das war die gefährlichste Stelle! — und
schließlich doch ein Auseinandergehen mit einem großen Frage¬
zeichen zum Schluß: Werden diese beiden Ehenarren, die im
Grunde nie aufgehört haben, sich zu lieben und gewissermaßen
auch treu zu bleiben, sich in absehbarer Zeit wiederfinden? Dies
alles ist nicht ohne Geist, hier und da mit Witz, aber im ganzen
doch recht langweilig ausgeklügelt, mühsam, mit einer ganz
überflüssigen perversen Unterströmung konstruiert. Und der
Autor hat sich in sein abstruses Thema so verbissen, daß er dieses
überaus redselige Eheduett ganz auf sich selbst gestellt hat: es
wird durch keine Nebenhandlung unterbrochen, denn die gesunde
Ehe eines Freundes und mit ihr der gesunde Menschenverstand
spielt nur episodisch herein.
Das Stück spielte in einem prächtigen hypermodernen Salon
aus dem A#en Atrlier Kautsky u. Nottonara. Die Hauptsache in
solchen Saläuern und in den dazu gehörigen Stücken sind die
zahlreichen Sitzgelegenheiten, damit die Spielenden sich alle fünf
Minuten anderswo hin etzen und gruppieten können, was der
moderne Schauspieler dann Stimmung und höchste Natürlichkeit
nennt. Der nervöse Kapellmeister des Herrn Monnard
rannte denn auch in diesem seinem Klaviersalon auf und ab, daß
dem Zuschauer fast schwindlig wurde. In dieser trüben Che¬
komödie war dies freilich viertelstundenlang die einzige and¬
lung. Zum Glück hat nach Schnitzler dieser Jammer=Ehemann
in der Musik ungleich mehr Glück als in der Ehe: er hat riesige
Erfolge und ist sichtlich sehr reich. Das entschuldigt vieles. Auch
spielt ihn Herr Monnard recht gut. Die Frau und Opernsängerin
gab Frl. Swoboda, die im Konversationsstück ja immer sehr
gut ist, mit großer Delikatesse; sie sprach nur oft gar zu intim
und leise. Das vernünftige Ehepaar wurde durch Herrn
Lützenkirchen und Frl. Lossen vernünftig dargestellt; dem
ersteren sind ein paar gute Witze in den Mund gelegt. Frl.
v. Hagen hat als gräfliche Opernsängerin, die nur im ersten
Akt vorkommt, verführerisch auszusehen und zu singen. Das
Krstere gelang ihr natürlich weit leichter als das letztere. Auch
Frl. Swoboda hat zu singen: aber schon bei Beginn ihres Vor¬
trages des Brahmsschen „Nicht mehr zu dir zu gehen“ fällt rasch
und mitleidsvoll der Vorhang. Beifall bei offener Szene, den
einzigen, erwarb sich Herr Waldau durch seine kleine Szene
als Fürst von und zu Maradas=Lohsenstein. Das ist nämlich der
merkwürdige Heilige, der kommt, am bei dem Manne um die
Hand von dessen Frau anzuhalten. Daß Herr Waldau, der sonst
meist komische Salonrollen gibt, diesen merkwürdigen Fürsten
so ernst und diskret spielte, daß man nicht laut lachte, verdiente
auch den größten Beifall. Herr Waldau mag nicht nur als
ultramontaner Fürst, sondern auch als tüchtiger Schauspieler
auf Kohlen gestanden sein. Das kleine Peterl (Kl. Forster) sei
zum Schlusse nicht vergessen. Die eigentlich überraschende
nächsichtig=freundliche Aufnahme dieser verschnitzelten Ehekomö¬
die, die durch Lützenkirchen inszeniert ward, haben wir schon
gestern kurz gemeldet. Sie wird wohl auch nur ein Zwischen¬
spiel in der Theatergeschichte dieses Winters bleiben.