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20. Zuischenshie-
S. 2- HAV181)
Theater und Musik.
Zwischenspiel.
Köln. Die gestern im Deutschen Theater aufgeführte drei¬
„Zwischenspiel ermangelt
aktige Komödie von Arur Sch
eines starken drahhaftschen Pisch#Es ist eine feine seelische
Zergliederung, und Kals Seelenanatomen hat Schnitzler einen sonst:
völlig entbehrlichen Freund des Helden eigens bestallen müssen. Er
hat dazu gleich einen Schriftsteller gewählt, damit die feuilletonistisch
gedrechselten Lebensweisheiten nicht gar zu unwahrscheinlich klingen.
Für ein Bühnenstück ist es kein gutes Zeichen, wenn es der Esels¬
brücke des klassischen „Vertrauten“ in so ausgedehntem Maße bedarf,
um innere Entwicklungen der Hauptpersonen zu erläutern. Der Kapell¬
meister Adams, ein bedeutender Künstler, und seine Frau, eine be¬
rühmte Opernsängerin, haben einen Pakt geschlossen, sich nicht nach
Art kleiner Seelen mit Mißtrauen und Eifersucht zu plagen, sondern,
wenn das Geschick sie abseit vom Ehewege treiben sollte, offen und
ohne Groll die Ehegemeinschaft zu kündigen, um sich fürder nur noch
gute Kameraden zu sein. Der Mann macht von dem zugestandenen
Recht der Untreue Gedrauch; die Frau erhitzt sich vorläufig nur an
dem Gedanken; der Mann kehrt ernüchtert nach Haus zurück, die
Frau dagegen, der das große Erlebnis noch in glänzenden Farben
vorschwebt, voll unbestimmter, phantasiebeschwingter Sehnsucht. Die
Liebe des Kapellmeisters entzündet sich an ihrem veränderten Wesen
von neuem, und sie folgt seiner stürm'schen Werbung. Mit der guten
Kameradschaft ist es aus. Der Mann möchte unbekümmert das alte
Liebesleben wieder aufnehmen; der feinere Sinn der Frau erkennt
die tiefe Unwahrhaftigkeit ihres angeblich der Wahrheit dienenden
Pakts, dem zufolge sie sich zu überlegenem Gleichmut gezwungen haben,
wenn die drohenden Untreue des andern Teils sie mit Zorn und
Schmerz erfüllte; ihr ekelt vor dem unreinlichen Schaukelspiel zwischen
Kameradin und Geliebter und sie besteht auf der endgültigen Trennung.
Damit dieses gedämpfte, nur mit Halbtönen arbeitende Stück im
Theater zur Wirkung komme, bedarf es eines außerordentüch sorg¬
fältigen Zusammenspiels. Des Deutsche Theater hat in letzter Zeit
so manche Proben erfreulichen Strebens abgelegi, daß man bei ihm
einen strengen künstlerischen Maßstab anlegen darf, und da muß nun
gefagt werden, daß es zu so schweren Aufgaben wie dem Schnitzlerschen
Stück nicht reif ist, weder in den Einzelleistungen, noch im Zusaenmen¬
spiel. Es fehlte die müde und weichliche, etwas faulige Eleganz, die
sentimentale Frivoltät jenes Wienertums, das Schnitzler zu schildern
pflegt; manches wurde unterstrichen, was gerade eben hätte mitschwingen
dürsen. Als Kapellmeister war Hans Schweickart in Auftreten“
und Gefühl zu jugendlich und norddeutsch gradlinig, zu wenig blasierter
Lebenskünstler, der es wirklich bitterernst nur mit der Kunst nimmt;
die Figur blieb infolgedessen nahezu unverständlich. Ebensowenig
war Marta v. Coburg der Frau des Kapellmeisters gewachsen.
Den Vertrauten spielte Aribert Wäscher ziemlich eintönig, und in
der Episodenrolle des Fürsten Sigismund, eines gewandten Welt¬
manns, versagte Leo Delsan. Am besten war Erna Friederichs
ais schamlos kokette Opernptinzessin. Wir bedauern, ein so ab¬
sprechendes Urte'l fällen zu müssen, obschon wir dem Deutchen Theater,
das im Kölner Kunstleben eine wünschenswerte, ja notwendige Er¬
gänzung des Schauspielhauses darstellt, fröhliches Gedeihen wünschen,
obschon wir wissen, mit welchen Hindernissen die Theater zu kämpfen
haben. Von dem unter der heutigen Leitung erfolgreich angestrebten
Ziele, ein künstlerisch anspruchvolleres Publikum heranzuziehen, rückt
das Deutsche Theater durch Vorstellungen ab, die ein aufgeblasener
Berliner als „dunkle Provinz“ abtun würde. Dr. Waller Schmits.
vom: Anonfll
LHerarischos Contraibiak, Leipzig
gerin sein. — Das „Deutsche Theater“ versucht sich an
SchnitzlersKomödie „Zwischenspiel“, welche die nach „kamerad¬
schäftlichem“ Vertrag ins Werk gesetzte Eheirrung eines Kapellmeisters
behandelt, den seine Frau, da die Untreue nur ein Spiel mit Gedanken
war, verläßt, weil ihr die wirkliche Ehe nicht zum Spiel werden kann,
beim besten Willen nicht! Das alles haben Franzosen (Portoriche
z. B.) schon feiner geschildert als der gewiß feine Oesterreicher, und fran¬
zösische Theater weit besser dargestellt als das Deutsche Theater in
Köln, also wozu diesen Ehebruchsdrama=Ersatz? Da war der Ludwig
Thoma=Abend mit der bäuerlichen „Brautschau“ der Satire
„Dichters Ehrentag“ und dem Lustspiel „Die kleinen Verwandten“.
(alle drei neu für Köln) ganz anders gelungen, obschon die Taktlosig¬
keiten des letzten Stückes (ich meine nicht die der „kleinen Verwandten“)
durch die übertreibende Darstellung Adolf Harnacks allzu hart hervor¬
treten. Dagegen lernte ich in Magda Lührssen eine vielversprechende
Gustav Jakob.
Schauspielerin kennen.